Der Brand in der Kathedrale Notre-Dame de Paris und die Folgen
Am 15. und 16. April 2019 drohte die Kathedrale Notre-Dame de Paris einem Großbrand zum Opfer zu fallen. Diese Katastrophe löste auf der ganzen Welt Betroffenheit und Bestürzung aus.Notre-Dame de Paris, wie sie war (Bild: stijnpeters/pixabay.com)
Westliche Fensterrose von Notre-Dame (Bild: Ella87/pixabay.com)
Zur religiösen und kulturellen Bedeutung von Notre-Dame de Paris
Die Kathedrale Notre-Dame de Paris ("Unsere liebe Frau von Paris") ist – wie der Name besagt – der Gottesmutter Maria geweiht und der Sitz des Erzbistums Paris. Seit 1991 ist die Kathedrale als Bestandteil des Seineufers von Paris Weltkulturerbe der UNESCO. Sie gilt als die bekannteste und vielleicht sogar bedeutendste gotische Kirche überhaupt. Für die Franzosen ist Notre-Dame de Paris nicht nur eines der Wahrzeichen der französischen Hauptstadt, sondern geradezu eine Art Nationalheiligtum. Aber die Kathedrale wird auch als eines der wichtigsten Symbole der christlichen europäischen Kultur, ja der Christenheit überhaupt, betrachtet. Außerdem war Notre-Dame de Paris immer auch ein Gebäude mit einer enormen politischen Bedeutung, weil hier auch wichtige politische Ereignisse stattfanden wie beispielsweise die "Selbstkrönung" Napoléons des I. zum Kaiser.
Zudem beeindruckt Notre-Dame de Paris durch ihre schiere Größe. Denn wer die Kathedrale betritt, findet sich in einem riesigen Raum wieder. Das Kirchenschiff ist 130 Meter lang, fast 50 Meter breit und bis zu 35 Meter hoch. Die - jetzt abgebrannte – historische Holzdecke hatte eine Fläche von 1000 Quadratmetern. Es gibt in der Kirche Sitzplätze für bis zu 10.000 Personen.
Erbaut wurde die Kathedrale über einen Zeitraum von 200 Jahren, nämlich von 1163 bis 1345. Sie ist damit eine der frühesten gotischen Kirchen in Frankreich. Begonnen wurde der Kirchenbau übrigens zunächst im romanischen Stil, aber während der vier Bauphasen setzte sich immer mehr der gotische Baustil durch, und es wurden sogar romanische Teile des Bauwerks wieder abgerissen. Hervorzuheben ist auch, dass es an der Stelle, wo die Kathedrale errichtet wurde, einen Vorgängerbau gegeben hatte, der Mitte des 6. Jahrhunderts entstanden war, so dass der Standort der Kathedrale einer der ältesten unter den bekannten christlichen Gebetsstätten innerhalb der heutigen Pariser Stadtgrenzen ist.
1793 wurden im Zuge der französischen Revolution Teile des Innenraums der Kirche zerstört, aber zwischen 1847 und 1864 wurde ein Teil der Skulpturen und Dekorationen nach alten Aufzeichnungen wiederhergestellt. In dieser Zeit entstanden auch die bemerkenswerten 56 Chimären, die "Galerie des Chimères", also Darstellungen von Fabelwesen, an denen man beim Aufstieg auf den rechten Turm vorbeikommt.
Hauptportal von Notre-Dame (Bild: 35069/pixabay.com)
Einige Chimären (Bild: kkolencik/pixabay.com)
Die unmittelbaren Reaktionen auf die Brandkatastrophe
Als bekannt wurde, dass Notre-Dame de Paris in Flammen steht, und die Bilder von der brennenden Kathedrale über die Bildschirme flimmerten, zeigten sich viele Menschen entsetzt und fassungslos, und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit. Das heißt: Angesichts der drohenden Zerstörung von Notre-Dame de Paris war die Menschheit in Trauer und Schmerz vereint, und das ist nun wirklich nicht oft der Fall. Notre-Dame de Paris ist also nicht nur ein Bauwerk von unschätzbarem kulturellem Wert, sondern bewegt auch in besonderer Weise die Herzen der Menschen.
Ich habe, als ich die Bilder der brennenden Kathedrale sah, genauso empfunden, aber gleichzeitig sah ich sofort ein anderes Bild vor meinem inneren Auge, nämlich das Bild der brennenden Zwillingstürme des World Trade Centers in New York nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001. Und nicht nur mir hat sich dieses Bild aufgedrängt, sondern auch den Algorithmen der Internet-Plattform YouTube. Diese haben nämlich Bilder der brennenden Kathedrale mit Informationen zum 11. September verlinkt. Anscheinend haben sie angesichts eines brennenden Gebäudes mit zwei Türmen sofort an den 11. September 2001 "gedacht". Diese Episode hat nun doch bei aller Dramatik für eine heitere Note gesorgt. Und im Gegensatz zu den Ereignissen von 2001 ist ja auch beim Brand der Notre-Dame zum Glück niemand ums Leben gekommen.
Bilder des Innenraums von Notre-Dame vor dem Brand
(Bild: CrazyJN/pixabay.com)
(Bild: CrazyJN/pixabay.com)
Wie geht es nun weiter mit Notre-Dame de Paris?
Noch während die Flammen in der Kathedrale wüteten, hat der französische Präsident Emmanuel Macron verkündet, dass Notre-Dame de Paris wieder aufgebaut wird, und zwar so rasch wie möglich. Er nannte einen Zeitraum von fünf Jahren. Bleibt die Frage, ob diese Vorstellung realistisch ist. Am Geld wird ein solches Vorhaben nicht scheitern. Denn gleich nach Macrons Ankündigung wurden von zwei französischen Milliadärsfamilien mehrere Hundert Millionen Euro für den Wiederaufbau bereitgestellt. Und das war nur der Auftakt für eine Spendenflut.
Größer dürften die Probleme beim Wiederaufbau selbst sein, speziell bei der Rekonstruktion des Dachstuhls, denn dieser geht auf eine Holzkonstruktion aus dem 13. Jahrhundert zurück, deren Baupläne nicht mehr zur Verfügung stehen. Ferner wurden für das Dach Eichenbalken aus jahrhundertealten Bäumen gesägt, und Bäume von solcher Größe gibt es in Europa kaum noch. Hier wird man sich für eine andere Holzkonstruktion entscheiden oder sogar ein Dach aus Metall bauen müssen. Der eingestürzte Vierungsturm wird wahrscheinlich in moderner Form rekonstruiert werden.
Das größte Problem bei der Wiederherstellung der Kathedrale aber wird nach Expertenmeinung der Fachkräftemangel sein. So dürfte es nicht so einfach sein, Spezialisten zu finden, die die Feinheiten der gotischen Bautechnik beherrschen, und diese Spezialisten müssten ja auch noch in größerer Zahl zur Verfügung stehen, wenn der Wiederaufbau rasch gelingen soll. Ich persönlich kann nur hoffen, dass sich die Verantwortlichen durch diese Probleme nicht entmutigen lassen. Vielleicht sollten sie sich ein anderes Projekt zum Vorbild nehmen, an das in diesen Tagen schon häufig erinnert worden ist, nämlich der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden.
Gemälde in der Innenkuppel der Frauenkirche (Bild: Bru-nO/pixabay.com)
Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Notre-Dame und Dresdner Frauenkirche
So wie jetzt enorme Summen für die Wiederherstellung von Notre-Dame de Paris gespendet werden, war ja auch der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche überwiegend mit Spenden finanziert worden, wobei es bei der Wiederherstellung von Notre-Dame offensichtlich um eine wesentlich größere Summe geht als beim Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden. Denn während bisher bereits ca. eine Milliarde Euro für Notre-Dame gespendet worden ist, haben - demgegenüber bescheidene - 100 Millionen Euro Spendengelder den Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ermöglicht. Das waren zwei Drittel der Gesamtkosten. Dabei möchte ich auch daran erinnern, dass die Dresdner Frauenkirche völlig zerstört war, während Notre-Dame de Paris doch größtenteils erhalten geblieben ist.
Vermutlich ist der wesentlich höhere Finanzbedarf im Falle der Notre-Dame darauf zurückzuführen, dass es sich dabei um ein wirklich gigantisches Bauwerk handelt. Das heißt: Notre-Dame de Paris ist schätzungsweise fünf Mal größer als die Dresdner Frauenkirche, und diese ist auch nicht gerade klein. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass beide Vorhaben, also der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche und die Wiederherstellung von Notre-Dame de Paris, eine so große Spendenbereitschaft ausgelöst haben. Anscheinend geht von beiden Kirchen eine besondere Faszination aus.
Und es gibt auch eine direkte Verbindung zwischen den beiden Kirchen. Denn aufgrund ihrer Namensgebung verstehen sie sich als "Schwesterkirchen", und dies verwundert zunächst, weil es sich ja bei der Dresdner Frauenkirche um eine evangelische Kirche handelt, in der es keine Marienverehrung gibt. Des Rätsels Lösung besteht darin, dass es auch auf dem Dresdner Neumarkt an der Stelle, wo sich heute die Frauenkirche befindet, eine ursprünglich romanische Vorgängerkirche gegeben hatte, die als katholische Kirche der Jungfrau Maria geweiht war. Diese Kirche war später im gotischen Stil umgebaut und im Zuge der Einführung der Reformation in Sachsen evangelisch-lutherisch geworden. Ihren Namen "Frauenkirche" hatte sie aber behalten und diesen Namen an die später auf ihren Fundamenten errichtete barocke evangelische Kirche weitergegeben.
Festzuhalten ist, dass die beiden Kirchen Notre-Dame de Paris und Dresdner Frauenkirche den Menschen nicht nur besonders am Herzen liegen, sondern auch über Konfessions- und Stilgrenzen hinweg "verschwistert" sind.
Quellennachweis:
https://web.de/magazine/panorama/brand-kathedrale-notre-dame-wichtigsten-fragen-antworten-33661536
https://www.stern.de/panorama/weltgeschehen/paris--die-welt-trauert-um-notre-dame--8668834.html
https://web.de/magazine/panorama/notre-dame-feuer-kathedrale-paris-kontrolle-frankreich-33660578
https://www.tagesschau.de/ausland/notre-dame-wiederaufbau-101.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Kathedrale_Notre-Dame_de_Paris
Bildnachweis:
Alle Bilder: pixabay.com
Bildquelle:
Bildpixel/pixelio.de
(Die "Wiederauferstehung" der Kirche St. Martin in Dresden)
Sandrahb72
(Die Magie der Lourdes-Grotte im Entlebuch)