Was war Enron für ein Unternehmen?

Wie oben schon erwähnt, begann die Geschichte von Enron im amerikanischen Bundesstaat Texas mit der Fusion zweier Gasunternehmen, die sich zunächst auf Gaspipelines konzentrierten. Etwa fünf Jahre später wurde der Energiemarkt in den USA liberalisiert und viele Unternehmen privatisiert.

Enron steigt in dieser Zeit von einem reinen Energielieferanten zu einer Handelsplattform auf. Neben Papier, Kohle gab es dort beispielsweise auch Versicherungen gegen schlechtes Wetter (Quelle: Capital). Ebenfalls handelte Enron mit Derivaten. Die sind zwar äußerst renditeträchtig, aber eben auch sehr riskant. Kenneth Lay hatte zum damaligen Zeitpunkt enge Verbindungen ins weiße Haus. Er war eng mit dem Vizepräsidenten Dick Cheney befreundet und auch der Präsident George Bush war Lay sehr zugetan.

Unter Jeffrey Skilling wird die Expansion aggressiv vorangetrieben. Firmen werden aufgekauft und die Händler werden angewiesen möglichst viele Deals abzuschließen. Skilling kannte nur ein Ziel: Den Aktienkurs nach oben zu treiben. Was ihm auch gelang. Vor dem spektakulären Absturz war Enron das siebtgrößte Unternehmen in den USA und die Top-Manager strichen mit ihren Aktienoptionen Millionen ein. Sechsmal in Folge wurde das Unternehmen von Forbes zur meist bewunderten Firma gekürt. Kein Wunder, mit einem Umsatz von 101 Milliarden Dollar spielte Enron ganz oben mit. Nur war das alles eine wunderschöne Scheinwelt, die auf gläsernen Füßen aufgebaut war und irgendwann zusammenbrechen musste.

Die Pleite der "World greatest Company"

 Im Jahr 2001 war der Zauber dann vorbei und Enron ging pleite. Im Laufe des Verfahrens kam heraus, dass der Konzern systematisch Bilanzen gefälscht hatte. Dafür hatte Enron eine eigentlich gängige Bilanzierungsmethode Mark-to-Market-Accounting genutzt, diese aber völlig pervertiert. Zukünftige Erträge wurden zu aktuellen Marktpreisen bewertet. Verliert eine Aktie beispielsweise an Wert, dann wird dieser niedrigere Wert herangezogen. Enron bilanzierte hingegen erwartete Gewinne aus langfristigen Verträgen in der jeweils aktuellen Bilanz. Die Gewinne wurden anhand der erwarteten Entwicklung festgelegt - und natürlich erwartete Enron eine Entwicklung nach oben. Somit stiegen die Gewinne stetig - natürlich nur auf dem Papier, während der Konzern in Wahrheit hohe Verluste machte. Die fanden aber ihren Weg ebenfalls nicht in die Bilanz, sondern wurden verschleiert. Kreditaufnahmen wurden beispielsweise als Handelsgeschäfte getarnt oder die Schulden wurden auf ausländische Tochtergesellschaften gebucht. Die ehemalige Vizepräsidentin Sherron Watkins hatte im August 2001 noch einen Brief an Kenneth Lay geschrieben, in dem sie deutlich davor warnte, dass das Unternehmen aufgrund seiner Buchhaltungsmethoden implodieren könnte. Andrew Fastow, der damalige CFO von Enron, hatte Schulden in Millionenhöhe in Subunternehmen versteckt und zweigte auch großzügig Geld auf eigene Konten ab.

Jeffrey Skilling kündigte ein halbes Jahr, nachdem er 2001 den Posten des Vorstandsvorsitzenden übernommen hatte, völlig überraschend, angeblich aus persönlichen Gründen. Lay übernahm wieder und kurz darauf ging das Unternehmen in die Insolvenz.

 

Die Folgen der Pleite

Im Jahr 2001 leitete die SEC, auch aufgrund des Memos von Sherron Watkins, Untersuchungen gegen Enron ein. Das Unternehmen brach zusammen und meldete Insolvenz an. Pensionsfonds und Banken verloren 60 Milliarden Dollar und 20.000 Menschen ihre Arbeit. Die Wut war dementsprechend groß. Kurz zuvor hatten sich einige Manager, wie oben bereits erwähnt, kräftige Bonuszahlungen gegönnt, die dann in Steuerparadiesen verschwanden.

Nachdem der Schwindel aufgeflogen war, fiel natürlich auch der Aktienkurs ins Bodenlose, wodurch viele Mitarbeiter enorme Summen verloren. Denn die Unternehmensführung hatte ihre Angestellten immer wieder ermutigt, in Enron Aktien zu investieren. Als der Betrug ans Licht kam, stürzte die Aktie von 90,75 US-Dollar auf 0,26 US-Dollar.

Noch wenige Monate vor der Pleite verkündete das Führungsduo Skilling und Lay ihre neue Vision: Vom weltgrößten Energiekonzern zum weltgrößten Konzern sollte Enron aufsteigen. Gerne ließen sie sich von den Mitarbeitern bejubeln, die kurz darauf auf der Straße standen.

Es kam noch dicker. Im Nachgang stellte sich heraus, dass Enron-Händler alles andere als zimperlich vorgegangen waren, ganz besonders in Kalifornien. Dort arbeiteten sie eng mit Kraftwerksbesitzern zusammen und schufen künstliche Engpässe in der Stromversorgung. Kenneth Lay stritt natürlich ab, dass Enron was damit zu tun haben könnte. Vielmehr schob er die Verantwortung dafür dem Staat Kalifornien in die Schuhe und der starken Regulierung des dortigen Strommarktes. Der damalige US-Präsident George W. Bush stand damals übrigens voll hinter Enron und sah die Stromausfälle ebenfalls als ein rein kalifornisches Problem.

Eine angestrebte Übernahme durch Dynegy im November 2001 scheiterte, nachdem das Kreditrating von Enron im Vorfeld drastisch heruntergestuft worden war.

Der Prozess

Nicht nur Enron sah sich mit Klagen konfrontiert. Ebenso wurden die J.P. Morgan Bank und die Credit Suisse verklagt. Man warf ihnen vor, dass sie Enron bei der Manipulation der Bilanzen kräftig unterstützt hatten.

Kenneth Lay und Jeffrey Skilling plädierten auf "nicht schuldig" während der ehemalige CFO Andrew Fastow sich schuldig bekannte und sich als Zeuge für die Anklage zur Verfügung stellte. Er erhielt eine Gefängnisstrafe in Höhe von sechs Jahren. Jeffrey Skilling wurde zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt. Außerdem muss er 45 Millionen US-Dollar an Entschädigungen zahlen. Das Gericht sprach ihn wegen Insiderhandel, Verschwörung und Betrug schuldig. Bis zuletzt hatte Skilling seine Unschuld beteuert. Den Niedergang des Unternehmens begründete er weiterhin mit Liquiditäts- und Kreditproblemen.

Die Verkündung seines Strafmaßes erlebte Kenneth Lay nicht mehr. Er verstarb kurz zuvor an einem Herzinfarkt.

Im Jahr 2013 reduzierte ein Gericht das Strafmaß von Jeffrey Skilling von 24 Jahren auf 14 Jahre. Mittlerweile ist er wieder auf freiem Fuß.

Die Sache mit Arthur Andersen

Im Zusammenhang mit der Insolvenz Enrons darf natürlich auch die ehemalige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen nicht fehlen, die früher zu den Big Five gehörte und mittlerweile völlig von der Bildfläche verschwunden ist. Das Unternehmen hatte auch einen Sitz in Deutschland, genauer gesagt in Eschborn, in der Nähe von Frankfurt am Main. Andersen war die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die die Bilanzen beziehungsweise die Buchhaltung von Enron prüfte.

Als die SEC die Auditinformationen anforderte, ordnete David Duncan, der leitende Wirtschaftsprüfer, an, alle Unterlagen zu vernichten, sprich zu schreddern beziehungsweise zu löschen. Als der CEO Joseph Berardino davon Wind bekam, benachrichtigte dieser sofort die SEC und Duncan wurde gefeuert. Im März 2002 wurde David Duncan wegen Justizbehinderung angeklagt, doch der erlittene Imageschaden war enorm. Kunden und ganze Büros wanderten zur Konkurrenz ab, tausende Mitarbeiter mussten entlassen werden und zahlreiche Enron Aktionäre reichten Klage gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein. Die Verurteilung wegen Justizbehinderung wurde zwar einige Jahre später aufgehoben, aber da war es schon zu spät.

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