Der Herr des Iffland-Rings
Unter Tonnen von Internet News fällt ein Bericht über den Iffland-Ring auf. Ist das ein neuer Film aus der Reihe "Der Herr der Ringe"? Ein Filmfreund schaut nach.Mit der Germanistik auf Du
Wenn ein Mensch sich nicht regelmäßig mit den Themen rund um das Theaterleben befasst, dann muss er den Namen "Jens Harzer" googeln. Dieser Schauspieler hat den Iffland-Ring von Bruno Ganz geerbt.
Die Ring-Tradition geht zurück auf einen deutschen Schauspieler gleichen Namens, der um das Jahr 1800 lebte. Dieser Ring würdigt Bühnenkünstler, so sagt das Lexikon (*). Der Ring wanderte in den letzten 200 Jahren von Herrn Iffland über mehrere Stationen bis zum jetzigen Träger.
Dann bietet Wikipedia einen Link auf den deutschen Dichter Gotthold Ephraim Lessing an. Mal draufdrücken. Lessing hatte einst die bekannte Story "Nathan der Weise" erdacht. Ehemalige Pennäler erinnern sich dunkel an den lang vergangenen Deutsch-Unterricht.
Worum ging es, und warum ist die Geschichte für diesen Iffland-Ring so bedeutsam?
Die Ringparabel. One world.
Es geht um einen Weisen, der von seinem König befragt wird. Welche Religion ist denn die Wichtigste, so lautet die Frage. Da der Herrscher und sein Berater zu verschiedenen Glaubensgruppen gehörten, war die Frage schon sehr knifflig zu beantworten.
Der Consultant konnte sich durch eine kluge Antwort aus der schwierigen Situation befreien (*). Als Summe der Unterrichtung wird das Stichwort Toleranz genannt. Der Dalai Lama soll sich vor einiger Zeit in ähnlicher Form geäußert haben.
Später wurde die Geschichte offenbar umgestylt.
Ein Herr Boccaccio, den auch eher die literarisch Eingeweihten kennen, soll eine Geschichte mit einem Vater und drei Söhnen daraus gemacht haben (*).
Welcher Sohn bekam nach dem Ableben des Vaters den Ring? Der am meisten Geliebte. Dann gingen aber zwei Söhne beim Casting ohne Ring aus. Also ließ Papa den Ring noch zwei Mal kopieren. Alle drei bekamen den Ring, doch nur einer konnte echt sein. Man zog vor Gericht.
Der Richter sagte, er könne keinen Unterschied feststellen. Was nun? Der Richter setzt noch eins drauf. Wenn man jetzt keinen Unterschied feststellen kann, dann könnte schon früher der Ring des Vaters unecht gewesen sein. Großes Rätselraten. Schließlich outet sich der richtige Ring durch denjenigen Träger, der sich im Leben durchweg anständig verhält, so die Moral von der Geschicht'.
Es geht also um Anstand. Aber warum wird die Situation so verklausuliert dargestellt? Jetzt kommt die Auflösung.
Der Vater ist der Schöpfer, also Gott (*). Die drei Söhne sind die Menschen oder die Kulturen, die sich in verschiedener Art und Weise in der Welt zurechtfinden müssen. Schließlich kommt der liebe Gott am Ende als Richter zurück und nimmt sie alle gleich auf, da sie im Laufe ihrer Entwicklung einen Konsens für das Zusammenleben gefunden haben. Die Parabel will sagen, so kann man es interpretieren, dass unterschiedliche Meinungen sich im Laufe der Menschheitsgeschichte in eine gemeinsames Verständnis von Anstand (hier Sittlichkeit genannt) (*) zusammenfinden werden.
Edel wird der Mensch einst sein, hilfreich und gut – solche Merksprüche können einem überraschten Leser dazu einfallen. Und ein Blick in die News des Tages lassen die leichte Hoffnung anklingen, dass die Ringparabel von Lessing und Co. ein paar Menschen mehr erreichen und eines Tages Realität werden möge.
die Ringparabel (Bild: Clker-Free-Vector-Images)
Die Quintessenz dieser Interpretation geht ein bisschen an der Filmstory vom "Herrn der Ringe" vorbei. Aber interessant war der Gedanken-Impuls zum Iffland-Ring allemal.
(*) Textquellen: Wikipedia/ Bruno Ganz, /Iffland-Ring, /Nathan der Weise
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W. Zeckai
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