Farbig gebänderte Sedimente, Wutachschlucht (Bild: Dr. Jürgen Boxberger)

Die Geburt der Ur-Erde

Nach Ansicht der Geologen und Astronomen ist unser gesamtes Planetensystem einschließlich der Sonne vor 4,6 Milliarden Jahren aus einer riesigen Wolke interstellarer Materie entstanden. Infolge der Schwerkraft, die jede Materie ausübt, zog sich diese Wolke aus Gas, Staub und Gesteinsbrocken zu mehreren Klumpen, den frühen Vorformen der Planeten, zusammen. Auch die Proto-Erde entstand durch das Verschmelzen mehrerer kompakter "Embryos", wobei verschmelzen durchaus wörtlich zu verstehen ist. Denn durch die dabei entstehende enorme Reibungswärme verflüssigte sich das Material der Proto-Erde zu einem glühenden Brei, ähnlich der Lava, die von einem aktiven Vulkan an die Erdoberfläche gefördert wird. Im Laufe des hunderte Millionen Jahre währenden Abkühlungsprozesses im vorgeologischen Zeitalter entmischten sich die Bestandteile der Schmelze: die schweren Elemente wie Eisen und Nickel sanken in die Tiefe und bildeten den metallischen Erdkern. Auf der glutflüssigen Oberfläche entstanden durch Erstarrung die ersten Bruchstücke der mineralischen Erdkruste: das geologische Zeitalter begann.

 

Mit dem Präkambrium beginnt die geologische Ära

Noch während des vorgeologischen Zeitalters verändert sich die stoffliche Zusammensetzung der Erdmaterie durch die zahlreichen Einschläge von Meteoriten und Planetoiden ständig. Ein großer Teil des irdischen Wassers gelangt durch Kometeneinschläge auf die Erde. Mit der vor vier Milliarden Jahren einsetzenden Erdfrühzeit (Präkambrium) kühlt sich die Erdoberfläche so weit ab, dass sich größere Krustenteile bilden können (die Gesteine des kanadischen Schildes stammen aus dieser Ära; sie sind die ältesten uns bekannten irdischen Gesteine). In einem hundert Millionen Jahre andauernden Prozess kristallisieren sich die Kerne oder Schilde der späteren Kontinente heraus. Wie Eisberge im Wasser treiben sie auf der glutflüssigen Erdoberfläche. Ihre Ausdehnung entspricht jedoch nur rund dreißig Prozent der heutigen Festlandsmasse.

 

Das Wetter setzt den Kreislauf der Gesteine in Gang

Aus der Schmelze austretender Wasserdampf und andere Gase sorgen für die Entstehung der heißen Uratmosphäre. Als sich vor rund 3,9 Milliarden Jahren die Oberflächentemperatur so weit abkühlt, dass die riesigen Mengen an atmosphärischem Wasserdampf zu einem erdumspannenden Wolkenschirm kondensieren können, setzt ein Millionen Jahre dauerndes, globales Gewitter mit unvorstellbaren Niederschlagsmengen ein. Das irdische "Wetter" ist entstanden. Die weitere Abkühlung der Erdoberfläche ist nun nicht mehr aufzuhalten.

Die Wassermassen füllen die tiefer liegenden, aus dichteren und schwereren Gesteinen bestehenden Senken rund um die leichteren Festlandskerne (Kratone). Gleichzeitig setzen sie den Prozess der Abtragung (Erosion) in Gang, der durch den Kreislauf des Wassers, durch Witterungseinflüsse wie Hitze, Kälte und Wind bis heute in Gang gehalten wird. Auch die geologischen Kräfte wie die Erdwärme spielen bei der Gestaltung der Erdoberfläche eine entscheidende Rolle. Vulkane fördern 1200 bis 1650°C heiße Gesteinsschmelze aus dem flüssigen Erdmantel zu Tage. An den Rändern der Kontinentalkerne setzt Gebirgsbildung ein. Gleichzeitig werden durch Wind und Wasser große Mengen Abtragungsschutt vom Festland in die Urmeere transportiert.

 

Neue Gesteine entstehen

Die dynamischen Prozesse an der Erdoberfläche und im Erdinnern bringen unterschiedliche Gesteinsarten hervor (Lithifikation). Neben den magmatischen Urgesteinen (Plutonite) der frühen Erdkruste finden wir nun auch vulkanische Gesteine, Sedimentgesteine und metamorphe Gesteine:

  • Vulkanite/Magmatite (Erstarrungsgesteine)

Vor 3,8 – 2,5 Milliarden Jahren befördert reger Vulkanismus in einem heute nicht mehr vorstellbaren Ausmaß sogenannte basische und saure Gesteinsschmelzen an die Oberfläche, wo sie zu Basalt bzw. zu Granit erstarren und neue Landschaften formen. Die Oberfläche, noch bar jeder schützenden Vegetationsdecke, ist der Erosion unmittelbar ausgesetzt. Die Wasserläufe transportieren riesige Mengen verwittertes Gestein in Form von Geröll und Sand in die Urmeere.

  • Sedimentgesteine (Ablagerungsgesteine)

Die bei dem Verwitterungsprozess entstehenden Lockermaterialien wie Geröll, Kies, Sand und Ton lagern sich in den Tiefen der Ozeane ab. Durch den enormen Druck der über Jahrmillionen ständig anwachsenden Sedimentschichten verfestigt sich das Lockermaterial und die darin enthaltenen Gesteinstrümmer zu Trümmergestein (Brekzie). Durch Hebungsprozesse vor circa 3,8 – 2,5 Milliarden Jahren gelangen diese neuen Gesteinsschichten wieder an die Oberfläche und liefern frisches Material für die Gebirgsbildung. Die Entstehung der meisten Erzlagerstätten verdanken wir derartigen Vorgängen.

  • Metamorphite (Umwandlungsgesteine)

Wenn die Sedimentserien der Erdkruste mit der heißen Gesteinsschmelze (Magma) des Erdmantels in Kontakt kommen, erfahren ihre mineralischen Bestandteile durch die Einwirkung von Hitze und enormem Druck einen Prozess der Umkristallisation. Aus ursprünglich wasserhaltigen, tonigen Ablagerungen entstehen so harte, kompakte Schiefer und Gneise. Im Zuge der Gebirgsbildung gelangen sie an die Erdoberfläche, wo sie der Erosion ausgesetzt sind und erneut zur Sedimentbildung beitragen.

 

Das Leben greift in den Gesteinskreislauf ein

Nach der Entstehung des Lebens vor etwa 3,5 Milliarden Jahren ändern sich die Verhältnisse auf der Erde radikal. Durch Bakterien, die im Stande sind, Photosynthese zu betreiben, steigt der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre stetig an. Dies führt zur Entstehung immer neuer Organismengruppen. Vor ungefähr 2,7 Milliarden Jahren beginnen einige von ihnen, Kalziumkarbonat aus dem Meerwasser zu fällen. Dies führt zur Bildung der ersten großen Kalkriffe. Durch Einlagerung von Magnesium an Stelle des Kalziums kann aus dem biogenen, das heißt durch Lebewesen erzeugten Kalk, das Dolomitgestein hervorgehen.

 

Fossilhaltige Gesteine entstehen

Einige Organismen wie die mehrzelligen Korallen gehen vor etwa einer Milliarde Jahre dazu über, ihren weichen Körper mit einem harten Panzer aus Kalk zu schützen. Mit den muschelähnlichen (heute ausgestorbenen) Armfüßern ( vor ca. 625 Millionen Jahren), mit den einzelligen Kammerlingen oder Foraminiferen und mit den Weichtieren (Muscheln, Schnecken, Tintenfische) vor ca. 545 Millionen Jahren tauchen weitere Kalkproduzenten auf. Sie tragen mit ihren über hunderte von Millionen Jahren abgelagerten Kalkschalen zur Entstehung von teilweise tausend Meter mächtigen Kalkablagerungen bei. Auch diese biogenen Sedimente können nach Jahrmillionen durch gebirgsbildende Faltungen und Hebungen als neues Gebirge in die Höhe gedrückt werden. Die in dem verfestigten Sedimentgestein konservierten Abdrücke ihrer Kalkskelette (Fossilien) sind nicht nur für Geologen beliebte Sammelobjekte.

 

Die Athener Akropolis ist ein Resultat der Gesteinsmetamorphose

Wenn die schalenhaltigen Kalke in der Erdkruste durch sehr hohe Drücke und Temperaturen beansprucht werden, kristallisieren sich die Kalziumkarbonatkristalle um und aus dem ehemals feinkörnigen Kalk wird ein grobkörniges, metamorphes Gestein von hohem ästhetischen Wert: Marmor. Da durch die Metamorphose der Fossilinhalt zerstört wird, entsteht eine gleichförmige, körnige Matrix, welche bereits die antiken Bildhauer und Baumeister zu schätzen wussten.

 

Der Gesteinskreislauf im Ultrakurzdurchgang

  • Das Erstarren von Magma bzw. Lava in der Erdurzeit führt zur Entstehung von Plutoniten beziehungsweise von vulkanischen Erstarrungsgesteinen, die die Kontinentalschollen bilden.
  • Witterungseinflüsse und klimatische Einflüsse (Eiszeiten) führen zur raschen Abtragung und Zerkleinerung des Gesteins.
  • Anorganische und biogene Sedimente verdichten sich zu Ablagerungsgesteinen oder werden in der Tiefe der Erdkruste zu metamorphen Gesteinen umgewandelt.
  • Ablagerungsgestein und metamorphes Gestein werden durch Vorgänge im Erdinnern gefaltet und als Gebirge an die Erdoberfläche gedrückt.
  • Durch Erosion wird eine erneute Runde im Kreislauf der Gesteine eingeläutet. Alte Gebirge verschwinden, aus deren Material werden neue geformt.

 

Quelle:

Russell Miller: Driftende Kontinente. 1983 Time-Life Books, Amsterdam

Boxberger, am 09.02.2015
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