Die Entstehung der Zweck und die Motivation hinter Bartóks magischem Mikrokosmos

Der Mikrokosmos entstand zwischen 1920 und 1940. Für Bartók war dieses Projekt ein Herzensprojekt. Einerseits nutzte er es, um seine eigenen musikalischen Ideen zu erforschen und mit Klängen zu experimentieren, auf der anderen Seite diente es auch dazu, junge Menschen in die Welt der Musik einzuführen. Folglich konzipierte Bartók die einzelnen Stücke so, dass jedes die technischen Fähigkeiten aber auch das musikalische Verständnis erweiterte.

Im Mikrokosmos bedient sich Bartók einer einzigartigen Mischung aus Tradition und neuer Techniken. Einerseits bezieht er sich auf ungarische Volkslieder, aber er greift auch auf Elemente der modernen Musik zurück. Auch verwendet Bartók im Mikrokosmos sogenannte Kirchentonarten. Nachdem Bach das Wohltemperierte Klavier 1722 (1. Teil) und 1742 (2. Teil) veröffentlichte, komponierte die Musikwelt nur noch in Dur oder in Moll-Tonarten. Wenn man Bach etwas vorwerfen möchte, könnte man ihm vorwerfen, dass er die Musik ihrer Vielseitigkeit beraubte.

Kirchentonarten wurden vor allen Dingen im Mittelalter verwendet. Im Laufe der Zeit hatten sich sieben dieser Tonarten etabliert, verschwanden dann aber durch Bachs Einfluss. Im Mikrokosmos greift Bartók viele dieser Kirchentonarten wieder auf und eröffnet damit einen ganz neuen Klangweg, der dann für den Jazz maßgeblich wurde. Vielleicht ist gerade diese Tatsache Bartóks größter Verdienst. 

Den Titel dieser Sammlung von Klavierstücken könnte man mehrfach verstehen. Mirokosmos könnte auf die bereits erwähnte Mischung aus Tradition und moderner Techniken hinweisen, er könnte auch darauf verweisen, dass es sich um einen Mikrokosmos von Tonarten handelt, die fast 200 Jahre brach lagen und nun dankbarer Weise wiederbelebt werden. Wie man den Titel interpretiert bleibt dem Hörer und Interpreten überlassen.

 

Die Bedeutung für die Musikpädagogik und das Urteil über den "Mikrokosmos" bei der Erstveröffentlichung

Der Mikrokosmos ist bis heute ein beliebtes Lehrwerk für Pianisten aller Altersstufen. Es ist also nie zu spät das Klavierspielen zu erlernen. Die einzelnen Stücke, sind so komponiert, dass sie nicht nur die technische Beherrschung des Instruments fördern, der oder die Lernende werden auch in dem Bereich "musikalische Kreativität" geschult. Zusätzlich bekommen sie ein umfangreiches Verständnis für verschiedene Musikstile.

Bei seiner Erstveröffentlichung wurde der Mikrokosmos von der Musikwelt überwiegend positiv aufgenommen. Die Kritiker lobten vor allem den didaktischen Wert dieses Werkes, aber auch die Vielfalt von musikalischen Ideen. Allerdings gab es auch kritische Stimmen.

Diese bemängelten die Einfachheit einiger Stücke. Doch schon bald verblassten diese Kritikpunkte, dann schnell erkannte jeder, dass selbst in den einfachen Stücken ein reiches Potenzial schlummerte.

Wir müssen festhalten, dass Bartók mit dem Mikrokosmos in erster Linie ein pädagogisches Meisterwerk schuf, mit dessen Hilfe jeder die Kunst des Klavierspielens erlernen kann. Es gibt keine Ausreden mehr!

Die einzelnen 6 Bände des Mikrokosmos im Überblick

Einer der großen Stärken des Mikrokosmos ist es, dass Sie jederzeit in dieses Werk einsteigen können. Sie wollen am Klavier echte Fortschritte machen und suchen Übungen mit sehr komplexen Rhythmen? Dann starten Sie mit Band 4 von Bartóks didaktischen Meisterwerk. Aus diesem Grund folgt nun ein kurzer Überblick über die einzelnen Bände und deren Schwerpunkte:

Band 1 richtet sich an Anfänger und Fortgeschrittene. Er besteht aus 36 kleinen Stücken, die in erster Linie darauf ausgerichtet sind, dem Lernenden grundlegenden technischen Fähigkeiten zu vermitteln.

Der zweite Band enthält 21 Stücke, welche bereits anspruchsvoller sind, als im ersten Band. Die Stücke verlangen eine größere Kontrolle über komplexe Rhythmen, weil Bartók hier auch mit diesen experimentiert und ungerade Taktarten mit in die Stücke einfließen lässt.

Die Stücke im dritten Band setzen bereits eine solide technische Grundlage voraus. Viele der in diesem Band enthaltenen Stücke erinnern an Barockmusik, in welcher noch nach den strengen Regeln des Kontrapunktes komponiert wurde. Folglich wird der Lernende auch hiermit konfrontiert. Aber Bartók wäre nicht Bartók, wenn es ihm nicht gelänge auch im Rahmen dieser strengen Regeln eine eigene sehr moderne Klangsprache zu entwickeln. Wie bereits in den ersten beiden Bänden sind auch bei diesen Stücken die Einflüsse der ungarischen Volksmusik präsent, denn auf diese Weise blieb Bartók sein Leben lang mit seiner ungarischen Heimat verbunden.

Der vierte Band umfasst 18 Stücke und ist geprägt von komplexen Rhythmen. Technisch und musikalisch sind diese 18 Stücke eine große Herausforderung für den Pianisten. Da die Stücke dieses Bandes bewusst eine starke Betonung auf Dissonanzen legen, bricht Bartók hier bewusst mit traditionellen Harmonievorstellungen. Somit ist dieser Band auch für den Hörer eine große Herausforderung. Vielleicht ist dies eine weitere Möglichkeit den Titel dieses Werkes zu deuten, denn die Auseinandersetzung mit diesem Werk sprengt die traditionellen Harmonievorstellungen des Hörers und öffnet ihm einen Mikrokosmos von neuen Harmonien.

Der fünfte Band stellt eine der größten Herausforderungen in der gesamten Sammlung dar. Die 15 Stücke dieses Bandes sind voll von virtuosen Passagen und komplexen rhythmischen Strukturen. Wieder ist der Einfluss von ungarischer Volksmusik hörbar, aber auch der Einfluss von den Werken von Igor Strawinsky ist hier unüberhörbar. Wieder einmal verknüpft Bartók hier Tradition und Moderne auf seine einzigartige Weise.

Der sechste Band besteht aus 24 Stücken und stellt so hohe Ansprüche an den Interpreten, dass diese oft als "unspielbar" bezeichnet worden sind. Bartók fordert hier ein hohes technisches Niveau aber auch musikalisches Einfühlungsvermögen. Auch in diesem Band experimentiert Bartók mit rhythmischen Strukturen und erweitert Harmonien, indem er Klangfarben immer wieder verändert. Hier verbindet Bartók zeitgenössische Musik mit Elementen der Volksmusik. Folglich war Bartók auf der einen Seite an Traditionen gebunden, aber er wusste auch, dass er den Fortschritt seiner Zeit nicht aufhalten konnte.

Bartóks Metronomangaben – in Stein gemeißelt oder nur für Menschen, die echte Fortschritte machen wollen.

Als ich anfing mich mit Bartóks Werk auseinanderzusetzen, fiel mir auf, dass Bartók bei den meisten Stücken Metronomangaben verwendet. Dies ist bemerkenswert und darum habe ich mich dafür entschieden mich abschließend hierüber kurz zu äußern, denn wenn man Metronomangaben findet, die dazu noch vom Komponisten – und nicht von einem Verleger – stammen, kommt zwangsläufig die Frage auf, ob man diese strikt beachtet soll oder schränken diese Angaben nicht die künstlerische Freiheit ein?

Interessanterweise gibt es Aufnahmen, in denen Bartók seine eigenen Werke spielt und oft selbst nicht die strikten Angaben einhält, sondern dazu neigt, das Tempo je nach musikalischer Phrase etwas zu variieren. Diese Tatsache zeigt, dass Bartók seine eigenen Metronomangaben eher als Hilfsmittel und nicht als festgeschriebene Regel ansah.

Auf der anderen Seite hilft die strikte Einhaltung dieser Angaben ein klares Rhythmusgefühl zu entwickeln. Sicherlich ist Ihnen bei dem Überblick der einzelnen Bände aufgefallen, dass Bartók oft sehr komplexe Rhythmen verwendet. Folglich sollten Sie sich in den ersten beiden Bänden unbedingt strikt an die Metronomangaben halten, um ein Gefühl für die komplexen Rhythmen zu bekommen, die sie in den folgenden Bänden erwarten. Aber auch die volksmusikalischen Elemente, die Bartók immer wieder verwendet, lassen sich durch die strikte Einhaltung dieser Angaben besser musikalisch darstellen.

Eine mögliche Lösung könnte sein, dass Sie Bartóks Angaben relativ sehen. Das entsprechende Stück ist auf gar keinen Fall schneller als … zu spielen. Wenn Sie wirkliche Fortschritte am Klavier machen wollen, sollten Sie Bartóks Metronomangaben ernst nehmen. Praktisch bedeutet dies, dass Sie so nahe wie möglich an das vorgeschlagene Tempo rann kommen sollten. Nur auf diesem Weg können Sie echte Fortschritte machen. Lassen Sie sich herausfordern und gehen Sie an Ihr persönliches Maximum heran.

Zusammenfassend muss man sagen, dass die Metronomangaben im Mikrokosmos von Bartók in erster Linie der technischen Präzision und der rhythmischen Klarheit dienen. Sie sind als solche ein nützliches Werkzeug für den Pianisten oder alle die ihre Fähigkeiten am Klavier verbessern wollen. Es ist jedoch ebenfalls wichtig zu erkennen, dass Bartók selbst nicht immer eine strikte Einhaltung der Metronom Angaben forderte, sondern die Interpretationen im Kontext der musikalischen Ausdruckskraft und des technisch machbaren stehen sollten. Besonders bei den Bänden 5 und 6 kann eine gewisse Flexibilität sinnvoll sein, um die musikalische Intention und die expressive Tiefe zu wahren. Insgesamt sollten Bartóks Metronomangaben als ein Ausgangspunkt und eine Orientierungshilfe verstanden werden, die je nach Kontext und technischem Können variiert werden kann – aber immer im Sinne der Klarheit und Ausdruckskraft der Musik, der es zu dienen gilt und darum immer im Mittelpunkt stehen sollte.

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