Der Milchreis ist 250 Jahre alt

Erfinder waren Ahnherren der Schauspielerin, nämlich Franz Ferdinand von und zu Trauttmanndorff, Graf und Reichsfürst (1749 – 1827), sowie seine Gattin, Prinzessin Marie Caroline von Colloredo. Die Geschichte wird in der Großfamilie noch heute mit viel Schmunzeln erzählt – und weiter geprobt. Nämlich immer dann, wann unverhofft Besuch ins Haus kam oder kommt, und es an kulinarischen Leckereien fehlte, hatte schon der Urahne Milchreis kochen lassen, in den an Restobst reingeworfen wurde, was greifbar war. So wurde der Milchreis mit Früchten nach den Trauttmannsdorffs benannt. Auch Victoria, sagt sie lachend, macht es noch heute so.

Das veredelte Rezept unserer Tage

Fürstlicher Milchreis, das musste natürlich in unseren Tagen manchen Gourmet auf den Plan rufen. So hat auch eine bekannte deutsche Frauenzeitschrift ein entsprechendes Rezept kreiert. Dieser Milchreis ist nun allerdings ein bisschen schon von edler Art und erinnert kaum an Resteverwertung:

Die Zutaten für vier Personen:

150 Gramm Langkornreis, eine halbe Vanilleschlote, 750 Milliliter Milch, 80 Gramm Zucker, eine Prise Salz, 6 Blatte weiße Gelatine, 125 Gramm Schlagsahne, 2 Eßlöffel Rum, 2 Eßlöffel Mandelstifte. Zubereitungszeit 35 Minuten. Und was zum Beginn des 19. Jahrhunderts wohl niemanden interessiert hat, wird von dem Magazin unserer Tage fein säuberlich auch aufgelistet:

Pro Portion 570 kcal, 21 g Fett, 80 g Kohlenhydrate, 14 g Eiweiß.

Man kann es aber auch einfacher machen: Milchreis kochen und mit Vanillezucker und klein geschnittenen Feigen und Datteln gut gekühlt servieren.Sie macht kein Aufhebens darum, und darum weiß es auch kaum jemand: Die lange Jahre zum Ensemble des Hamburger Thalia-Theaters zählende Schauspielerin Victoria Trauttmannsdorff ist adligen Geblüts. Weil sie Österreicherin ist und dort Adelstitel per Gesetz längst abgeschafft sind, ist Victoria keine Hoheit, keine Prinzessin. Also ein ganz normaler Mensch in einem normalen Umfeld, der normal redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Das tut die auch im Filmgeschäft erprobte Schauspielerin auch in Fernseh-Talkshows. Und da offenbart sie, dass es bei Fürstens kulinarisch auch früher schon recht bürgerlich und normal zugehen konnte. Beispielsweise, als im Schloß zu Meran "der Milchreis Trauttmannsdorff" erfunden worden ist.

Sie kocht und flucht österreichisch

Die Trauttmannsdorffs aus Meran, das heute zu Italien gehört, haben allerdings nicht nur den Milchreis als Resteverwerter erfunden. Sie waren Feldmarschall und Diplomaten; Josef Trauttmannsdorff-Weinsberg und seine Frau Helene wurden noch 1945 von den Nationalsozialisten wegen ihrer Beteiligung am Widerstand hingerichtet, Dr. Ferdinand Trauttmannsdorff wurde im Jahr 2010 österreichischer Botschafter in der Taschechischen Republik. Und die Schauspielerin Vicoria, seit 22 Jahren verheiratet mit dem Schauspieler, Regisseur und Autor Wolfdietrich Sprenger, zwei inzwischen erwachsene Töchter, lebt mit ihrem Milchreis in Hamburg, "ohne so richtig Hamburgerin geworden zu sein", wie sie sagt. Sie kocht – und flucht – nämlich weiter österreichisch.

 

 

 

Autor seit 9 Jahren
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