Die jüdische Legende

In einem Kommentar zur Kabbala aus dem zwölften Jahrhundert wurde erstmals ein Verfahren erwähnt, mit dem man tote Materie zu beleben hoffte. Ausgehend von bestimmten Kombinationen von Zahlen, Sephiroth und Buchstaben sollte durch Zahlenmystik, Numerologie und Gematrie ein Wesen erschaffen werden, ähnlich dem Verfahren der göttlichen Schöpfung. Denn laut der Beschreibung im Talmud, wurde Adam auf ähnliche Weise erschaffen, nämlich durch die Formung eines Lehmklumpens.

Allerdings kann ein Menschen geschaffener Golem sich bei weitem nicht mit der Schöpfung Gottes messen. Der Mensch ist nicht perfekt, also kann es seine Schöpfung auch nicht sein. Ein Golem ist somit immer mit einem Fehler behaftet, meistens dem, dass er nicht sprechen kann. Dennoch konnten nur diejenigen Menschen überhaupt daran denken, einen Golem zu erschaffen, die über ein großes Maß an Wissen und Gelehrsamkeit verfügten. Ausschließlich jüdische Gelehrte und Rabbiner wagten sich an diesen Versuch. Da Prag die jüdische Gemeinde mit den herausragendsten Gelehrten hatte, entstand in deren Umfeld die Legende vom Golem. Außerdem förderte Kaiser Rudolph II die Wissenschaften und auch die okkulten Künste. Zwischen ihm und dem Rabbi Judah Löw sind Gespräche und Treffen überliefert, in denen es um mystische Praktiken gehen sollte, zumal man Löw nachsagte, im 16. Jahrhundert einen Golem erschaffen zu haben.

Die Legende vom Prager Golem

Die Version mit Rabbi Löw (1525-1609) ist die bekannteste. Seine Hauptaufgabe sah Löw darin, den Prager Juden zu helfen, wenn ihnen Dinge vorgeworfen wurden, dessen Juden zu dieser Zeit oft beschuldigt wurden, beispielsweise Ritualmorde an Kindern. Löw sah im Traum eine Vision. Er sollte aus Lehm einen Menschen formen und ihn zu seinem Helfer beim Schutz der Juden machen. So fertigten er und einige seiner Schüler eine Figur und erweckten sie mit Hilfe der vier Elemente zum Leben. Nach seiner Fertigstellung konnte der Golem jederzeit nach Belieben mit Ritualen aus dem Buch der Schöpfung erweckt und auch wieder schlafen gelegt werden, indem ihm ein Zettel mit einer magischen Formel unter die Zunge gelegt wurde beziehungsweise dieser wieder entfernt wurde.

Auch konnte er für seine Missionen unsichtbar gemacht werden. Denn seine Aufgabe war es, Personen zu überführen, welche ein totes Kind mit sich trugen. Denn oftmals wurde das Kind dann in die Judenstraße geworfen, um die Juden zu belasten.

Zu anderen Tätigkeiten durfte der Golem nicht herangezogen werden. Außerdem musste am Sabbat der Zettel unter der Zunge entfernt werden.

Golem und Dschinn
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Weitere Sagen aus dem Legendenkreis des Prager Golem

Nachdem der Rabbi vergessen hatte, den Zettel zu entfernen, wurde der Golem rasend. Er zerschlug alles, was ihm in die Quere kam. Der Rabbi hörte während des Gottesdienstes davon und unterbrach diesen, um den Golem zu stoppen. Nachdem der Rabbi dann den Zettel entfernt und vernichtet hatte, zerfiel der Golem zu Staub. Danach setzte er den Gottesdienst fort. Das erklärt, warum in Prag das Sabbatlied zweimal gesungen wird.

In einer anderen Version beauftragte die Frau des Rabbis den Golem mit nichtkirchlichen Aufgaben und befahl ihm, Wasser ins Haus zu bringen. Allerdings vergaß sie, ihm auch zu befehlen, damit wieder aufzuhören.

Die Vernichtung des Prager Golems

Nachdem die Vorwürfe gegen die Juden aufgehört hatten, war der Golem in seiner Funktion überflüssig geworden. Der Rabbi und seine Schüler, die auch bei der Erschaffung des Golem mitgewirkt hatten, führten das Erschaffungsritual in umgekehrter Reihenfolge durch, an dessen Ende der Golem wieder zu einem Haufen Lehm wurde.

In einer anderen Bearbeitung endet der Golem wie folgt: Er sollte dem Rabbi die Schuhe ausziehen, währenddessen ihm dieser dann das Siegel der Wahrheit von der Stirn riss und ihn so tötete. Allerdings wurde der Rabbi dabei vom umfallenden Golem erschlagen.

Sonja, am 26.01.2014
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