Der Serienmörder als Kind: „The Call - Leg nicht auf!“ von Brad Anderson
Brad Anderson drehte mit "The Call - Leg nicht auf!" einen soliden und effektiven Serienmörderthriller mit Halle Berry in der Hauptrolle.Effektiv inszenierte Auftragsarbeit
Jetzt ist er wieder in der Spur mit einer Auftragsarbeit, für die er eigentlich gar nicht vorgesehen war. Aber es ist erfreulich, dass der Job nicht von Joel Schumacher erledigt wurde. Erzählt wird die Geschichte von Jordan, einer Beamtin der Notrufzentrale (Halle Berry präzise und unprätentiös nach der Totalkatastrophe "The Cloud Atlas"), die durch ungeschicktes Verhalten einen Mord nicht verhindern kann, sich davon psychisch nicht erholt, aber dann ein zweites Mal ein Opfer in einer lebensbedrohlichen Situation in der Leitung hat. Das ist ihre Gelegenheit, sich konzentriert aus der Krise zu kämpfen und nicht nur ihren eigenen Dämon zu besiegen.
Es ist einer dieser Filme, die das Genre nicht neu erfinden, wo das "Wie" wichtiger ist als das "Was". Und so inszeniert Anderson einen effektiven Film, der wechselt zwischen Spannungsteilen mit expressiven Großaufnahmen und ruhigeren Szenen, in denen sogar die Andeutungen einer Liebesgeschichte zwischen Jordan und einem Streifenpolizisten eingestreut sind.
The Machinist (Bild: 7938201)
Ganz genau hinhören
Für die Horrorreihe "Masters of Horror", die für das amerikanische Fernsehen produziert wurde, drehte Brad Anderson den Beitrag "Sounds like" (2006) über einen Mann, dessen Hörvermögen das Erträgliche übersteigt und seinen Verstand angreift. In "The Call" geht es auch ums Hören. Zum einen ums Zuhören, um das Erkennen von Stimmungen und Zwischentönen beim Gesprächsteilnehmer, zum anderen ums Hinhören, das Erkennen von Geräuschen oder Stimmen, was schließlich entscheidend zur Aufklärung beitragen wird.
Ein egozentrisches Kind
Den Mörder lernt der Zuschauer erst in seiner ganzen Gestalt kennen, als er die Fassung verliert, als es nicht läuft wie geplant, als er in seinem Auto gestört wird, in dem er sich bei laut dröhnender Musik ganz offensichtlich sehr wohl fühlt. Vorher sehen wir nur einen Schatten, einen Mann mit Kapuze oder seine Hände. Das dient nicht nur der Spannung und schafft ein Geheimnis, so wird er auch für uns nicht zum Menschen. Mit verzerrtem Gesicht und Tobsuchtsanfällen wie ein verzogenes, egozentrisches kleines Kind reagiert er dann auf Ungeplantes, wobei die Schuld für ihn beim Opfer liegt, das sich nicht angemessen als Opfer verhält. Ausschweifende und unkontrollierte Gestik, klappernde Zähne zeigen die ganze Erbärmlichkeit, die sich doch so oft hinter dem nach außen hin diabolisch Bösen verbirgt. Sehr wirkungsvoll ist auch der laute und extrem krachende Sound, wenn der Mörder unter Stress steht, als würde hier sein Amok laufendes Hirn vertont. Wenn man später im Film ein Foto sieht, auf dem er ein Passbildlächeln aufsetzt, erscheint dies nur noch als eine fürchterliche Grimasse mehr eines Wahnsinnigen, eine Interpretation, die man vorher vielleicht nicht so vorgenommen hätte.
Hier gibt es keinen diabolischen, überintelligenten Charme des Serienkillers, kein "Das Schweigen der Lämmer" oder "Dexter". "The Call" zeigt einen Mörder wie aus dem Horrorfilm ohne jede besondere Intelligenz oder Eleganz. Wenn seine Vergangenheit nach und nach aufgedeckt wird, dient dies eher der polizeilichen Spurensuche und keinen psychologischen Erklärungen. Er ist einfach nur das Böse und Perverse, und die Maske des Biedermanns und Familienvaters, die wir nicht zu sehen bekommen, ist wohl gar nicht viel anders als die Masken von Jason aus "Freitag der 13." und Michael Myers aus "Halloween", nur dass wir hier dabei zugucken, wie die Maske Risse bekommt.
Und von daher ist es durchaus passend, auch wenn dies kritisiert worden ist, dass der Schluss die Tendenz des Ganzen zum Horrorfilm vollendet.
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