Die Sehenswürdigkeit ums Eck

An der Nordsee vermieteten wir jahrelang unser Ferienhaus an der Küste gegenüber der angeblich schönsten ostfriesischen Insel, nämlich Spiekeroog. ‚Angeblich' deswegen, weil wir das selbst nie nachprüften, im Gegensatz zu all unseren Feriengästen, denen wir den Inselhüpfer mit nur einer halben Stunde Fährfahrt empfahlen. Wir hatten die Insel ja immer vor der Nase und sagten uns: Die läuft uns nicht davon, da können wir immer mal schnell hin. Tja, wir sind ausgewandert und waren nie auf der Insel Spiekeroog.

Ausgewandert nach Andalusien. Und da muss ich mich ebenso outen: Es dauerte acht geschlagene Jahre, bis ich endlich zur Alhambra kam, dem achtwichtigsten modernen Weltwunder und der Sehenswürdigkeit Andalusiens schlechthin. Ja,ja, ich weiß, es ist unglaublich, wenn nicht gar peinlich, ich höre schon die Pfuirufe.

Granada mit Alhambra

Da kann man ja immer mal hin

Aber mal ehrlich - kennen Sie das nicht? Man hat erst mal Umzugs-, Aufbau-, Eingewöhnungs-, beruflichen und sonstigen täglichen Stress und sagt sich: Da kann ich ja immer mal schnell hin, das ist ja nur ums Eck! Und so bin ich jährlich mindestens einmal im Jahr in beziehungsweise eigentlich bei Granada (Foto links mit Alhambra), nämlich des Skifahrens auf der Sierra Nevada wegen und hatte immer fest vor, an die Abfahrten eine Führung anzuschließen. Aber dann muss noch Apres-Ski mit den netten spanischen Machos gepflegt werden, dann wird es so schnell dunkel – und man kann ja immer mal schnell zur Alhambra, irgendwann, liegt ja so nahe.

Wäre nicht ein Freundesurlaubsbesuch gewesen, die die Eintrittskarten für mich gleich mitgebucht hätten – dann wäre ich heute noch nicht auf der Alhambra gewesen. Allerdings goss es ausgerechnet an diesem Tag, und so konnten die faszinierenden Lichtbrechungen in den Schnitzereien und Ausgucken ihre Wirkung nicht entfalten, die weltberühmten Brunnen-Löwen waren gerade auswärts beim Restaurieren, die Gärten des Generalife schenkten wir uns zwecks Wolkenbruch und das im Ticket mitinbegriffene Essen war typisch Touristenabzocke. Das war wohl die Bestrafung der Geister der Alhambra für mich säumigen Spätbesichtiger, nehme ich stark an.

Wenn die lieben Verwandten nicht wären

Gäste und Verwandtschaftsbesuch - wenn die nicht wären! Nur so kamen wir seinerzeit als einheimische Bayern im Inn-Salzachdreieck zum Schloss Herrenchiemsee, zum Königssee, ins Salzbergwerk, nur weil die Verwandtschaft aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen das unbedingt besichtigen wollte! Und das widerfuhr uns gleich mehrmals, die Verwandtschaft ist umfangreich. Nur Neuschwanstein kenne ich im Gegensatz zu vielen, vielen Japanern nicht, das war einfach zu weit weg!

Übrigens: Ich war noch nie in Marokko, quasi nur 13 Kilometer gegenüber von unserem jetzigen Wohnsitz. Es kostet uns eigentlich nur eine halbe Stunde mit Auto und die gleiche Zeit nochmals mit der Luftkissenfähre. All unser Besuch war natürlich dort  – aber Sie wissen schon, das liegt ja so nahe, da kann ich doch jederzeit ganz schnell mal rüber, das läuft mir doch nicht davon!

Blick auf Marokko

 

 

 

 

 

Nur 13 Seekilometer bis Marokko (links hinten) - und noch nie da gewesen

 

 

Bildernachweis: Helga Niestroj,Wolfgang Wilpert

Arlequina, am 02.06.2012
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