Katharina Matz als Schattengestalt

© Arno Declair

 

Gnadenloses Motzen

Thom Luz hat das Romanwerk vor lauter Kunstwillen nicht inszeniert, sondern überarrangiert, obwohl er einem gewissen Minimalismus huldigt. Viel Aktion gibt es nicht. Gut, die drei Irrsiglers wandern gelegentlich auf der Bühne umher, scheinen ihre Köpfe in die dampfumhüllte Wand zu stecken und meckern nach Manier des alten Meisters Bernhard, der sich vornehmlich Adalbert Stifter, Heidegger und Bruckner vorgenommen hat. Schopenhauer hat er diesmal ausgelassen, aber angesichts des grottigen Biedermeier-Romans "Nachsommer" von Stifter, eine einzige Wallfahrt zum Spießerdiplom, kann man ihm Recht geben. Die anderen Kandidaten sind fraglich, und Bernhard hat es nie fertiggebracht, bei seinem oberflächlichen Granteln auf die Inhalte der Werke der massiv Kritisierten einzugehen. Thom Luz hat es nicht herausgearbeitet, aber immerhin andeutungsweise bühnentauglich demonstriert: Bernhard liebte das gnadenlose Motzen, selbst bei seinen Hassobjekten schien er eine literarisch verbrämte – leider verschluckte – Liebe zu empfinden, die allerdings in der Österreich bashenden Autobiografie ans Geschmacklose grenzt.

 

Wahre Kommunikation gibt es nicht

Die Schauspieler befinden sich gar zu sehr in einem ästhetischen Zwangskasten und können sich nicht frei entfalten, abgesehen von Berufspykniker Franken, der sich in guter Form befindet. Über die Figur Irrsigler erfahren wir einiges von den Gedanken Regers, die vom nicht auftretenden Protokollanten Atzbacher aufgezeichnet werden. Die auf der Bank weilende, unausgesetzt dauerweilende Katherina Matz wirft hie und da einige Brocken der Gedanken Regers in den Raum, auf dass eine Aufarbeitung der drei Irrsiglers stattfindet. Ein wahre Kommunikation gibt es nicht.Es ist schwer, Thomas Bernhard zu ästhetisieren – Luz versucht es dennoch und ihm gelingt ein erträglicher bis halb goutierbarer Abend. Neben allem ästhetischen Bombast wird referiert und dokumentiert, ohne dass ein kompaktes Spiel mit substantieller Interaktion zustande kommt. Die halbgare Inszenierung ist mehr für das Auge als fürs Ohr bestimmt. Es ist ein ästhetisches Halbkunstwerk, beim dem aufgrund der Monopolisierung des Referatstils und der Entindividualiserung des Personals das - im DT gelegentlich vor Kreativität überschäumende - Theater auf der Strecke bleibt.

 

Alte Meister
nach Thomas Bernhard
Fassung von Thom Luz und David Heiligers
Regie: Thom Luz, Dramaturgie: David Heiligers, Musikalische Leitung: Mathias Weibel, Bühne: Wolfgang Menardi, Thom Luz, Kostüme: Sophie Leypold.
Mit: Katharina Matz, Christoph Franken, Wolfgang Menardi, Camill Jammal,Daniele Pintaudi.

Deutsches Theater Kammerspiele, Premiere vom 14. September 2018.
Dauer: ca. 80 Minuten, keine Pause

 

 

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