Das Ensemble in Königsherrlichkeit

Das Ensemble in Königsherrlichkeit (Bild: © Arno Declair)

Was reimt sich auf die Weißen?

Wie immer finden wir bei Jelinek viel Kalauer. Sie oszilliert zwischen hohlen Schüler-Sprüchen und dichterischer Eingebung. Zum Besten gehört noch: "Sie schauen sich die Welt an – daraus wird dann eine Weltanschauung". Und ein blinder Seher kann ja gar nicht sehen, weil er eben blind ist. Das ist eine Erkenntnis von gewalt'ger Schlagkraft, sollte man meinen. Blind sind die Wähler*innen gewesen, die Prognostiker auch, und der König sowieso, der alle in die Irre führt und früher zweifelhafte Transaktionen mit Immobilien gewinnbringend arrangiert hat. Der Ödipus-Komplex wird bemüht – alle sind quasi blind. Nur die Dichterin nicht. Und die erwähnt auch die geplante Mauer gegen Mexiko und die Macht der Weißen, darauf reimt sich Sch...Aber das hat ja Westernhagen schon gebracht. Nun, der weiße Mann unterdrückt immer noch die weiße Frau, obwohl sie, im Jelinek-Stil, oftmals weiser ist. Das hört sich alles ganz nett an, zuweilen auch richtig, doch das geht alles im Bühnengetue unter. Eine Nummer wird nach der andern abgeliefert, als wolle man die enttäuschten Kudamm-Anhänger anlocken, um mittels Überläufer die eigene Marke zu stärken. Eine geballte Ladung Slapstick ist garantiert.

 

Wir brauchen die Verspaßung

Marcel Kohler, der Hüne, alle überragend, hat gleich mehrere Brillen auf seinem Haupt übereinander gestülpt. Ernsthaft wird es bei ihm nie, obwohl das Thema doch sehr ernsthaft ist. Das Lustige steht im Vordergrund. Linn Reusse und Anja Schneider verkleiden sich als feriles Schwein – genauer: Miss Piggy im Doppelpack -, das immer wieder auf Kermit den Frosch einschlägt,weil er seine vermeintliche Klappe nicht hält. Der aufmüpfige Frosch wird immer wieder mit der Faust niedergeschlagen, doch er redet weiter. Wer will, kann das als wehrende Repressalien gegen die Machtpropaganda von oben und unten werten. Und Bozidar Kocevsk, ein verzärtelter König aus dem Kühlschrank, der sich nicht auf dem Königsweg, sondern auf dem Holzweg befindet, zittert seine Worte heraus. Ansonsten wird man bei der Aufführung von Kimmig im Stich gelassen.

Der Text wird unterdrückt durch eine billige Unterhaltungsshow, die sich dazu berufen fühlt, die Wirrungen der Welt durch Verspaßung zu verklären. Selten ist eine derartige Comedy-Veranstaltung so fehl am Platz gewesen. Ein Desaster.

 

Am Königsweg
von Elfriede Jelinek
Regie: Stephan Kimmig, Bühne: Katja Haß, Kostüme: Anja Rabes, Musik: Michael Verhovec, Dramaturgie: Ulrich Beck.
Mit: Bozidar Kocevski, Marcel Kohler, Linn Reusse, Anja Schneider, Holger Stockhaus.
Dauer: 1 Stunde 55 Minuten, keine Pause

 

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