(Bild: © Lupi Spuma)

Beim humanistischen Einsatz kann man auch etwas Geld verdienen

Das Bühnenbild (Wolfgang Menardi) erinnert an die Vorarbeiten eines Architekten, der etliche Wohnungsgrundrisse entworfen hat, die teilweise schräg auf dem Boden liegen, teilweise an die Wand projiziert sind. An die auf der Bühne verteilten roten Stühle werden Flügel angebracht, aber zum Abheben ist das nicht. Das Ensemble weiß mit dem Bühnenbild wenig anzufangen. Es ist, als würde die Dekoration ein Eigenleben führen und neben der Inszenierung herlaufen. Der gesamte, familiär verbundene Freundeskreis ist links und humanistisch eingestellt, allein Oma Ute (Jutta Schwarz) hat ihre geistige Heimat bei den neuen Rechten gefunden und dreht die Tatsachen, wie es ihr gerade in den Kram passt. Maryams dichtender Bruder Elias (Sebstian Klein), ein passionierter Pudelmützen-Träger, ist mit Klara (Katharina Klar) verpartnert und hat in dieser Beziehung wenig zu melden. Klara ist es auch, die sich als Sängerin vermarkten möchte mit "Du bist so weit rechts von mir", als Verkehrung des Volksmusik-Stückes "Du bist so weit weg von mir". Nun, neben linker Agitation und der Verklärung von Toleranz kann man auch ein bisschen Kasse machen, das ist für manchen legitim. Ein anderes Paar besteht aus Schnute (Knut Berger) und Moritz (Paus Spittler), wobei Letzterer ein Art Punk-Frisur trägt und sich ziemlich effeminiert verhält. Offengestanden kann man diesen Haufen nicht ganz ernst nehmen, ernst ist zwar ihr Anliegen, aber die Tendenz zu Albernheiten ist zu übermächtig. Der Stachel des Zynismus ist für Ronen-Verhältnisse diesmal relativ stumpf.

 

Von innen verändern

En passant werden noch einige gewollt nachdenkliche Passagen eingestreut. Ein Hase, so wird erzählt, schlüpft freiwillig in das Maul eines Löwen, um diesen von innen her zu verwandeln. Eine Herkulesaufgabe. Das ist weit entfernt vom Niveau einer Fabel – im Lager eines scheinbar übermächtigen Feindes kann man allein wenig ausrichten. Neben viel politischem Veränderungswillen ist das vor allem ein sehr privater Stoff. Der kleine Friedensclan ist stark mit sich selbst und den persönlichen Befindlichkeiten beschäftigt und bewältigt mit dem restlichen Überschuss an Kraft, sozusagen mit der Restenergie ihren humanistischen Auftrag, der sich hauptsächlich auf die Lage der Flüchtlinge kapriziert. Den Dialogen fehlt diesmal jene Bissigkeit und Schärfe, die man bei Ronen zur Genüge kennt. Letztlich ist der Verbund zu zahm, um etwas ausrichten zu können, das Einzige ist vielleicht ein Ausrufezeichen. Ein theatraler Kommentar zur Lage der Nation. In summa: Die Inszenierung rutscht zu sehr ins belanglos Heitere ab bei einem Thema, das mehr Ernsthaftigkeit verdient hätte.

Jener Mann, um den sich einiges dreht, ist gar nicht anwesend. Yousif Ahmad durfte anscheinend nicht nach Deutschland reisen.

 

Gutmenschen
von Yael Ronen und Ensemble
Regie: Yael Ronen, Bühne: Wolfgang Menardi, Kostüme: Amit Epstein, Musik: Yaniv Fridel, Ofer (OJ) Shabi, Video: Jan Zischka, Licht: Jennifer Kunis, Dramaturgie: Veronika Maurer, Niels Bormann.
Mit: Birgit Stöger, Katharina Klar, Sebastian Klein, Jutta Schwarz, Paul Spittler, Knut Berger.

Volkstheater Wien

Deutsches Theater Berlin, Aufführung vom 19. Juni 2018
Dauer: 1 Stunde 20 Minuten, keine Pause

 

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