Deutsches Theater Berlin: "Sophie Rois fährt gegen die Wand..."- C. M. Schönborn
Sophie Rois befindet sich in den Alpen und wird durch eine jäh aufsteigende Wand von der Welt abgeschnitten. Ein Text zwischen Dystopie, Aufbruch und Selbsterfahrung.
Sophie Rois
Foto: Arno Declair
Aaalan wia a Stan
Bar jeglicher Unterhaltung vergnügt sie sich mit sich selbst und tut so, als erlebe sie eine Selbstbefreiung, eine Erlösung von der Außenwelt. Irgendwann taucht eine erheblich Erdbeertorte auf, die sie zum Klettern benutzt uns das gleichzeitig als Jagdhütte, Bergmassiv, Wand und Baugerüst fungiert. Um sich der Umgebung anzupassen, vertauscht sie ihre feine Hauskleidung mit einer Jagdausrüstung und klobigen Wanderstiefeln. Ein paar Mal ballert sie mit dem Jagdgewehr in die Luft hinein, dass man beinahe vom Stuhl aufschreckt. Gesungen wird auch, hauptsächlich in der Hoanzl-Sprache. Immerhin liefert Sophie Rois mit rauer Stimme eine tolle Version von Wolfgang Ambros' "Aaalan wia a Stan", eine Adaption von Bob Dylan. Ein kleiner Höhepunkt in einem ansonsten nichtssagenden Stück, geschrieben von Marlen Haushofer mit dem Titel "Die Wand". Das Ganze ist eine Negativ-Utopie – Eltern und Kinder sind gelöscht -, die zugleich ein Befreiungsschlag sein soll. Aber was für einer? Der zarteste, den man sich vorstellen kann. Es bleibt die Darstellung eines existentiellen Dahinvegetierens und die Schilderung einer Selbstreferenz. Haushofers "Drama" vollbringt keine spritzige Ideen, es zündet und funkelt nicht, baut keine Brücken zu neuen Wegen. Hinter der Trockenheit verbirgt sich nichts, die Wand verdeckt alles.
Sie kann machen, was sie will
Es glänzt nur Sophie Rois, die mit ihrer spielerischen Leichtigkeit Scharen von Anhängern hinter sich weiß. Elanvoll ist ihr Spiel, sie kann machen was sie will und erntet Begeisterung. Selbst aus einem schwachen Stück kann sie noch viel herausholen und einen sprühenden Kitzel erzeugen. Aber diesmal ist es verdammt schwer, das Niveau zu heben. Leider versinkt sie in Mittelmaß, weil Haushofers Roman zu wenig hergibt. Egal wie Rois sich dreht, wendet, verrenkt und darstellerisch arbeitet, es bleibt alles nur Stückwerk, wir sehen Versatzstücke aus einer bäuerlichen Abgeschiedenheit, bei der beim Zusehen lediglich die Darstellerin fasziniert. Und die kann aufgrund ihrer facettenreichen Begabung so ziemlich alles spielen und noch gewaltigen Applaus hervorrufen. So war es auch am Schluss: Das Publikum, das ihre Auftritte und Aktivitäten wohl schon seit etlichen Jahren kennt, tobte vor Freuden.
Sophie Rois fährt gegen die Wand im Deutschen Theater
nach dem Roman "die Wand" von Marlen Haushofer
Bühnenfassung von Clemens Maria Schönborn
Regie & Bühne: Clemens Maria Schönborn
Kostüme: Tabea Braun
Musik: Max Knoth
Dramaturgie: Bernd Isele
Dauer: Minuten, keine Pause
Deutsches Theater Berlin
Premiere war am 31 Januar 2020.
Bildquelle:
Ruth Weitz
(Lilli Chapeau und ihr kleinstes Theater der Welt in Miltenberg)