Elias Arens

© Arno Declair

 

 

Spektakel, Autos abfackeln, ein Tanz

Die Aufführung kommt daher wie ein verspätetes Happening, ein Freak-Out. Zu schlechter Club-Musik wird getanzt, dass es gerade so kracht. Ein kleines Spektakel also, ein selbstgefälliger Individualismus, der zum Kuscheln unter Gleichgesinnten einlädt? Mitnichten. Die drei Schauspieler*innen ( Elias Arens, Caner Sunar, Katharina Schenk) geben sich alle Mühe, alles authentisch rüberzubringen und setzen sich Kopfhörer auf, um des Volkes sich als repräsentativ wähnende Individualstimmen erklingen zu lassen. Manchmal ist es ein halbes Gebrüll, so tief sitzt der Schmerz. Klar, die 20 Großen üben in ihrem Territorium zuhauf Repressalien gegen Andersdenkende aus, gegen Oppositionelle, mitunter auch Dissidenten genannt. Und was ist angesichts der strukturellen Gewalt, die Festnahmen von Staatskritikern für legitim erklärt, die zarte Gegengewalt von unermüdlichen Straßenkämpfern? Die fühlen sich als Revolutionäre, selbst wenn sie nur ein auf Kredit gekauftes Auto abfackeln, weil ein Kleinbürger, der ein Auto aus beruflichen Gründen fährt, systemopportun, schlicht ein Bonze ist. Und die Polizisten, das sind als Exekutive die Schuldigen, obwohl die Polizei in jedem Staat, und sei er auch sehr liberal, die Macht verteidigt. Wir hören die Zwischentöne: Es werden nur die kleinen Zweige abgeschnitten, die sofort wieder nachwachsen, aber nicht die Wurzeln. Und der Baum droht größer zu werden.

 

Die Vorzüge der athenischen Demokratie

Abenteuerliches wird gesprochen. Das Recherche-Team hat einiges gehört, zum Beispiel etwas über die athenische Demokratie, die als Vorbild einer funktionierenden Demokratie nahezu glorifiziert wird. Tatsache aber ist, dass die athenische Polis-Herrschaft eine Sklaven-Gesellschaft war mit Metöken ("Fremde" ohne Bürgerrechte), die aus Expandierungslust gnadenlos in den peloponnesischen Krieg einberufen wurden. Seltsame Mythen werden heraufbeschworen, um die Gesellschaft, in der sich solide Beamtentypen auf Lebenszeit eingenistet haben, zu retten. Einigen massiven Protestlern geht es mittlerweile nur noch darum, den kollektivlosen eigenen Arsch zu retten. Das alles interessiert das Ensemble nur wenig: Der minimale Recherchier-Club hoppelt durch billige Club-Musik, leider ist Ekstase in diesem Zusammenhang das Allerletzte,wodurch sensible Szenen, die eine geistige Affinität andeuten könnten, konterkariert werden. Dem Deutschen Theater scheint vor der Zielgeraden die Luft auszugehen. In dieser Spielzeit gab es einige große Inszenierungen, von deren Resten wir heute noch zehren können. Momentan muss man ein wenig durchschnaufen. Wir freuen uns auf die Autorentheatertage!

 

Vier Tage im Juli - BlackBox G20
Ein Projekt von Gernot Grünewald und Ensemble
Regie: Gernot Grünewald, Bühne und Kostüme: Michael Köpke, Video: Isabel Robson, Musik: Daniel Spier, Dramaturgie: Bendix Fesefeldt.
Mit: Elias Arens, Katharina Schenk, Caner Sunar.

Deutsches Theater Berlin, Box, Erstaufführung vom 12. Mai 2018
Spieldauer: 1 Stunde 30 Minuten

© Arno Declair

 

 

Laden ...
Fehler!