Diagnose Adipositas wird nicht ernst genommen
Magersucht und Bulimie sind als ernsthafte Krankheiten anerkannt. Dagegen werden die Patienten mit der Diagnose Adipositas oft allein gelassen.Adipositas ist gefährlich für den Körper
Die Folgen von Übergewicht für den Körper sind weitreichend bekannt. Schon ab einem BMI von 30 beginnt die Fettleibigkeit. Kommen dann noch Bluthochdruck, zu hohe Cholesterinwerte und Diabetes hinzu, spricht man vom sogenannten metabolischen Syndrom. Knochen und Gelenke unterliegen durch das hohe Gewicht einer ständigen übermäßigen Belastung und verschleißen schnell. Abhilfe kann hier tatsächlich nur eine Gewichtsreduktion und eine erhöhte sportliche Aktivität bringen. Was aber, wenn trotz aller Diät- und Sportversuche die Kilos weiterhin hartnäckig auf den Hüften sitzen bleiben? Nicht jede Adipositas ist einfach die Folge von ungesundem Lebenswandel und sportlicher Abstinenz. Oft verbirgt sich dahinter eine ernstzunehmende Essstörung, die den Namen "Binge-Eating-Disorder trägt. Hierbei verlieren die Betroffenen die Kontrolle über das Essen.
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Binge-Eating-Disorder zeigt, dass die Seele krank ist
Binge-Eating-Disorder ist vor allem durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- riesige Portionen meist noch stark energiehaltiger Lebensmittel werden in kurzer Zeit regelrecht hinuntergeschlungen
- es besteht keine Kontrolle mehr über die Menge der aufgenommenen Nahrung
- fehlendes Sättigungsgefühl, es wird gegessen bis wirklich nichts mehr reingeht
- wie ferngesteuert wird nach allem Essbaren gesucht
- Fressanfälle werden danach nicht durch Erbrechen, die Einnahme von Abführmitteln oder übermäßig viel Sport ungeschehen gemacht und führen so in den meisten Fällen zu starkem Übergewicht
- gefressen wird heimlich, in der Öffentlichkeit wird normales Essverhalten vorgetäuscht
- nach so einem Fressanfall fühlen sich die Betroffenen minderwertig, haben ein schlechtes Gewissen ihrem Körper gegenüber und lehnen diesen ab
- oftmals wird auch nicht viel Bewegung in den Tagesablauf integriert
Deutlich wird hierbei, dass es sich um eine psychische Störung handeln muss. Obwohl die Erkenntnisse dem Betroffenen nach jedem Anfall den Raubbau an seinem Körper deutlich vor Augen führen, kann es jederzeit erneut zu einem Aussetzer kommen. Für den Arzt ist das Problem nicht leicht erkennbar. Kaum ein Patient wird freiwillig offen über den Kontrollverlust beim Essen reden. Aber wenn ein Patient trotz jahrelanger Betreuung weiterhin an massiver Adipositas leidet und für die festsitzenden Kilos immer wieder neue Ausreden erfindet, sollte der Mediziner hellhörig werden und einmal hinter die Kulissen schauen.
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Ursachen der Esssucht liegen nicht selten in der Kindheit
Wer als Kind schon mit Essen getröstet wurde wenn Konflikte anstanden, der wird sich sein ganzes Leben immer wieder an das wohlige Gefühl erinnern. Wenn jemand seinen Kummer in sich hineinfrisst wird das leider allzu schnell auch von außen sichtbar. Denn das Glücksgefühl, das uns zum Beispiel der Genuss von Schokolade verschafft, hält nicht lange an und leistet nicht den geringsten Beitrag, unsere Probleme zu lösen. Wenn diese dann wieder die Oberhand gewinnen, kommt es schnell zu einem weiteren Fressanfall. Der Betroffene fühlt sich oft allein gelassen, leidet häufig unter mangelndem Selbstbewusstsein und hat sicher schon zahlreiche erfolglose Diäten hinter sich. Immer wieder demotiviert gerät er in eine Spirale, die letztendlich in seinem Körper großen Schaden anrichtet. Obwohl er sich dieses Risikos bewusst ist, schafft er es nicht allein, dieser Spirale zu entkommen.
Mediziner sollten sich dieses Umstands bewusst sein und sehr einfühlsam an den Patienten herantreten. Eine Verringerung des Gewichtes kann es tatsächlich nur in Kombination mit einer psychischen Behandlung geben. Wer unter Binge-Eating-Disorder leidet ist meist auch bereit, jede helfende Hand, die über eine reine Diätempfehlung hinaus geht, anzunehmen.
Betroffene, die sich dennoch nicht einem Arzt anvertrauen wollen oder deren Angehörige können sich auch jederzeit an Beratungsstellen für Essstörungen oder Selbsthilfegruppen in ihrer Umgebung wenden oder in Internetforen ihre Gedanken austauschen.