Die "alte" Leica in neuem Glanz
Der Leitz-Park in Wetzlar gibt hoch interessante Einblicke in die Produktion. Und dann gibt es noch den "Leica-Doktor"Heute ein begehrtes Sammlerstück
Die erste Leica-Kleinbildkamera, die Oskar Barnack erfunden hat, die als Leica 1a 1925 in Serie ging, begründet den Ruhm – und den Mythos der optischen Industrie der Goethestadt an der Lahn. Das war lange vor der digitalen Revolution in der Fotografie, die der Firma Leitz – zwischenzeitlich in Solms vor den Toren von Wetzlar zu Hause, heute wieder in einem hochmodernen "Leicapark" an der Wetzlarer Spilburg – beinahe den Ruin gebracht hätte. Heute geht es anders herum: Die digitale Fotografie, die häufig von der Schnelllebigkeit lebt, hat dafür gesorgt, dass die gute alte Leica in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstadien zu einem höchst begehrten Sammlerobjekt geworden ist. - Mit Schraubverschluß und manueller Einstellung von Blendwert und Tiefenschärfe beispielsweise.
Die Zahl der Spezialisten schwindet
Da nun aber allerdings die Leica von 1956 - die von 1925 sowieso – zumeist den Lauf der Jahre und Jahrzehnt nicht schadlos überstanden haben, gibt es häufig Reparaturbedarf. Und zugleich schwindet die Zahl der Leica-Spezialisten. Jetzt gibt es Abhilfe: In dem kleinen Örtchen Ehringshausen bei Wetzlar im Lahn-Dill-Kreis wirkt ein Leica-Doktor. Ottmar Michaely gehört zu den weltweit wenigen Spezialisten, die historische Leicas warten und reparieren könne. Bei Leitz hat vor langen Jahren gearbeitet; im Austausch mit Leitz-Pensionären hat er sich Spezialwissen angeeignet und gerettet, den in den Jahren ist viel Wissen um die Funktionsweise und Technik dieses Kameratyps verloren gegangen.
Wenn ein Rädchen alles blockiert
Heute vertrauen ihm Leica-Sammler aus aller Welt ihre Schätzchen an, wenn der Verschluß klemmt, die Mechanik verharzt, eine Feder gebrochen ist oder ein kleines Rädchen alles blockiert. Er richtet es dann wieder mit Hilfe von rund 200 Spezialwerkzeugen, mit Pinzette und Mini-Schraubenziehern – unter der Lupe. Dabei helfen ihm auch mühsam zusammengetragene alte Baupläne, technische Konstruktionen, von denen es keine Zeichnungen mehr gibt, wurden mit Hilfe von Leitz-Pensionären diskutiert und rekonstruiert. Und somit wurde im Nebeneffekt technisches Wissen gesichert, was bald für immer verloren gegangen wäre. So ist Michaely heute nicht nur Leica-Doktor, sondern auch viel gefragter Leica-Sachverständiger geworden. Der Experte wird gerufen, wenn der Verdacht besteht, eine alte Kamera könnte eine Fälschung sein.
Ein "Handmuster" von Oskar Barnack
Das bisher beste Stück, das der Leica-Doktor zur Reparatur in Händen hatte, war ein so genanntes Handmuster von Oskar Barnack mit einem Objektiv von Max Bereck. Ein Vorläufer der 1925 in Serie gegangenen ersten Leica, den der Wetzlarer Fotograf Hans-Günter Kisselbach in einem Safe entdeckte. Die Mechanik des guten Stücks mußte entharzt, das Objektiv gereinigt und neu vermessen werden. Dieses historische Stück deutscher Fotogeschichte liefert heute wieder gestochen scharfe Fotos.
Der Blick in die Fertigungshalle
Und wie die moderne Leica gebaut und staubfrei zusammengeschraubt wird, das kann der Besucher kostenfrei im Leitzpark verfolgen. In der Ausstellungshalle sind Schau-Fenster montiert, die den Blick frei geben auf die Fertigungshalle, wo meist Frauen eifrig werkeln: Ebenfalls sozusagen staubfrei eingepackt – von Kopf zu Fuß. Und in den Vitrinen liegen Musterexemplare; auch solche, die 15.000 Euro kosten.
Das untere Foto zeigt die ursprüngliche Leitz-Zentrale in Wetzlar. Foto: Schwehn