Die Bedeutung von Angst für den menschlichen Organismus
Was auf biologischer Ebene abläuft, wenn jemand Angst empfindet und warum Angst eigentlich sinnvoll ist.Die Zusammensetzung von Angst
Das "Gefühl" Angst setzt sich auf drei verschiedenen Ebenen zusammen. Auf der kognitiven Ebene werden Gefahrensignale wahrgenommen und die Gefahr erkannt. Auf der physiologischen Ebene kommt es zu körperlichen Reaktionen, wie beispielsweise verstärkter Herzschlag oder schwitzende Handinnenflächen. Auf der motorischen Ebene treten bestimmte Muskelreaktion auf wie Flucht- und Abwehrbewegungen oder sprachliche Beeinträchtigungen.
Angst ist für Menschen sinnvoll
Eine Gefahr wird erkannt und der Körper stellt sofort ein Übermaß an Energie bereit, um durch Flucht oder Abwehr dagegen anzugehen. Diese natürliche Reaktion soll das Überleben sichern und ist seit den Tagen der Steinzeit abgespeichert. In der Steinzeit war es normal und möglich, diese zur Verfügung gestellte Energie durch körperliche Reaktionen - Kampf und Davonlaufen - zu nutzen. In der heutigen zivilisierten Welt ist es allerdings sehr viel schwieriger geworden, diese Mehr-Energie auszuleben. Um sich selbst aus diesem Zustand zu befreien, kann man entweder bewusst die Energie abschöpfen durch körperliche Anstrengung oder aber durch bewusst herbeigeführte Entspannung.
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Die Rolle des vegetativen Nervensystems bei Angstzuständen
Angst wird vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Dieses auch "autonom" genannte Nervensystem sorgt für einen funktionierenden Körper und arbeitet so selbständig, dass das Resultat seiner Arbeit im Normalfall gar nicht oder kaum wahrgenommen wird. Herzschlag, Atmung und Verdauung beispielsweise funktionieren sozusagen automatisch. Die Hauptaufgabe des vegetativen Nervensystems ist es jedoch, den menschlichen Körper immer wieder in einen Zustand des biologischen Gleichgewichts zu bringen. So folgt auf übermäßige Anspannung Entspannung, um schließlich wieder den gewünschten Zustand der mittleren Aktivierung zu erreichen. Gelingt dies nicht, kann es auf Dauer zu Störungen der Organfunktionen kommen.
Die Aufgaben von Sympathicus und Parasympathicus
Die Aufgaben "Anspannung" und "Entspannung" übernehmen zwei Teilsysteme des autonomen Nervensystems, der Sympathicus und der Parasympathicus. Während der Sympathicus für alle biologischen Abläufe sorgt, die zusammenhängen mit erhöhter Leistung und Erregung, ist der Parasympathicus - als Gegenspieler - verantwortlich für die biologischen Veränderungen in Richtung Entspannung, Ruhe und Schlaf. Übernimmt der Sympathicus das Kommando, wird der Mensch erhöht leistungsbereit, der Herzschlag beschleunigt sich, der Blutdruck steigt, die Arterien erweitern sich und können die Leistungsfähigkeit der Muskeln steigern, die Atmung wird beschleunigt, die Schweißbildung erhöht sich und die Nebennieren schütten vermehrt Adrenalin aus. Später, wenn der Parasympathicus das biologische System wieder herunterfährt, wird die Herz- und Kreislauftätigkeit wieder verlangsamt, die Arterien verengen sich wieder, der Blutdruck sinkt, die Atmung verlangsamt sich und die Schweißbildung wird vermindert. Der Sympathicus mobilisiert Energie und wenn diese vom Körper in Aktionen umgewandelt wurde und verbraucht ist, greift der Parasympathicus ein mit dem Ziel von Ruhe und Erholung.
Die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Energieniveaus
Mit diesen Informationen ist es leicht nachzuvollziehen, dass für einen gefühlten Angstzustand auf der körperlichen Ebene der Sympathicus zuständig ist. Um diesen erhöhten Erregungs- und Aktivierungszustand wieder zu vermindern und um das erwünschte Gleichgewicht zu erhalten, stehen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder entlastet der betroffene Mensch seinen Sympathicus aktiv, indem er die bereitgestellte Energie verbraucht durch körperliches Ausagieren, oder er schaltet bewusst seinen Parasympathicus ein durch aktiv gewollte und herbeigeführte körperliche Entspannung. Das gelingt auch durch etwas Essen, denn Essen fällt ebenso in den Bereich Entspannung. Bei einem länger andauernden Angstzustand wird sich der Parasympathicus allerdings ebenfalls immer wieder selbständig dazwischenschalten mit biologisch entspannenden Funktionen wie Erbrechen, Übelkeit oder Durchfall, um bildlich gesprochen "eine Überhitzung des Systems" zu verhindern. Übersteigt die Angst einen bestimmten Punkt der Erregung, weil sie zu lange andauert oder zu intensiv ist, sinkt deshalb die Leistungsfähigkeit für sinnvolles Handeln wieder.
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Bildquelle:
Sabine Kranich
(Psychosomatik: Wechselwirkung zwischen Körper und Seele)
Sabine Kranich
(Endorphine, glücklich machende Neurotransmitter)