Die Caisa - Ein außergewöhnliches Musikinstrument
Über meine Begegnung mit der Caisa, einem besonderen Musikinstrument.Andererseits erlaubt das Spiel mit diesen Hilfsmitteln, einen Klang zu produzieren, welcher dem der eigentlichen Steel Drum näher kommt, als beim Anschlag mit der Hand bzw. einzelnen Fingern. Auch ist der Pegel des angeschlagenen Tones schon bei zartem Kontakt mit der Caisa lauter, da der Schwerpunkt des Klöppels vorn liegt und somit durch bereits leichte Bewegungen enorme Beschleunigungen entstehen. Diese Kraft sollte sehr dosiert eingesetzt werden, da die resultierende Lautstärke nicht nur das Trommelfell auf Dauer betrachtet schädigen kann, sondern auch ein ungewolltes Verformen der Tonfelder liegt im Bereich des Möglichen.
Die Caisa kann man sich beim Spiel auf den Schoß legen, am günstigsten ist sogar noch der klassische Schneidersitz. Ansonsten ist ein Stativ oder ein simpler, kleiner Hocker hilfreich. Vor allem deshalb, weil ein Teil der Schallenergie beim Schneidersitz durch die Kleidung und die am Instrument anliegenden Beine, absorbiert wird. Nicht sehr stark, aber doch hörbar. Der Obertonbereich ändert sich ein wenig und auch das Nachklingen verkürzt sich etwas. Sehr wichtig ist, daß man volle Armfreiheit hat. Während des Spiels hat man mit den Händen teils große Strecken zurückzulegen. Dabei holt man schon mal schnell und kräftig aus. Wenn dann eine Vase im Weg ist...
Meine persönlichen Erfahrungen
Mitte dieses Jahres hatte ich das Vergnügen, ein gigantisches Paket vom Postboten entgegennehmen zu dürfen - und es dann noch gute 700 Meter zu schleppen. Ich wohne ein wenig abseits, dort fährt selbst ein Postbote nicht mehr lang. Die Caisa war sehr gut für den Versand vorbereitet worden, hatte daher auch keinen Transportschaden. Aufgehängt und gepolstert befand sie sich nun vor mir, nach langem Warten. Man muß wissen, dieses Instrument wird in Handarbeit hergestellt und die Bestellungen liegen zahlreich vor. Die Manufaktur befindet sich in Dortmund und ist das ganze Jahr über damit beschäftigt, Standards und Spezialanfertigungen auf Kundenwünsch, so es technisch umsetzbar ist, zu realisieren. Nun hatte ich also meine Caisa Cosma auf dem Tisch und mehr, als eine ganze Weile nur anschauen, mußte vorerst nicht sein.
Nach dieser kleinen Annäherung, wurde die Caisa erst einmal aus ihrem Mantel gewickelt, wobei mir das Gewicht schon recht stattlich erschien. Eine Gitarre ist jedenfalls um einiges leichter... Dennoch, man kann das Instrument gut mit sich herumtragen und wenn man es auflegt, sorgt eben dieses Gewicht für einen guten Halt auf dem Untergrund. Ein wildes Spiel könnte die Caisa sonst leicht mal um ein paar Grad drehen, was die Orientierung auf den Tonfeldern natürlich erschwert.
Nachdem ich mir eingehend die Oberfläche der Caisa betrachtet habe, welche erkennen ließ, daß der Metallkörper vor dem Lackieren gebürstet worden zu sein schien, versuchte ich mich an den Tonfeldern.
Ich kann es mir heute kaum noch vorstellen, aber - ich war anfangs maßlos enttäuscht! Mir kam die metallene Kuppel sehr "wabbelig" vor, der Klang paßte nicht ganz zu dem, was ich mir anhand von Videos auf Youtube vorgestellt hatte, es war nicht der warme Sound, den ich von der Caisa erwartete...
Zum Glück weiß ich heute, daß es vor allem daran lag, daß ich absolut keine Ahnung hatte, wie man die Caisa anschlagen muß, damit ein warmer, harmonischer Klang daraus resultiert! So ließ ich das Instrument erst einmal für die nächste Stunde in der Ecke stehen - leicht geknickt, da ich nach wochenlangem Warten eigentlich richtig "loslegen" wollte. Aber schon am selben Abend habe ich die Caisa nochmal in aller Ruhe "abgeklopft" und versucht, wenigstens rhythmisch darauf erste Gehversuche zu machen. Dabei merkte ich sehr deutlich, daß die Caisa eben nicht ein klar klingendes Instrument wie zum Beispiel ein Piano ist, und, daß es ihre eigenste Natur war, sehr viele Obertöne zu produzieren. Typisch, daß die benachbarten Tonfelder immer ein wenig mitschwingen, daß der Klang eben metallisch gefärbt ist. Mit übertrieben simplen Worten könnte man sagen, eine außergewöhnlich geformte Blechtrommel mit mehr als einer tönenden Schlagfläche.
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Auch wenn der Klang noch eine Weile gewöhnungsbedürftig war, es machte Spaß, sich immermehr in das Instrument zu vertiefen. Erst einfache Tonfolgen, dann komplexere. Mit der Zeit lernt man auch, wie man schneller spielt, ohne dabei lauter zu werden. Daran haperts nämlich ganz schnell, wenn man hektisch versucht, das korrekte Tonfeld im Rhythmus "schnell noch" zu treffen. Hier fallen wieder viele Stunden Übung an. Ich selbst habe mir seit dem Eintreffen meiner Caisa Cosma jeden Tag 1-2 Stunden am Stück gegönnt. Da es Hochsommer war, kein leichtes Unterfangen. Wer einmal ein Instrument gespielt hat, welches verlangt, daß man beide Arme oft schnell und kräftig bewegt, weiß, daß man bald nichmal mehr ein T-Shirt anhaben will. Zum Glück bietet der Wald vor der Türe wenigstens ab und zu ein laues Lüftchen und ich konnte mich weiter den Tonfolgen widmen.
Während dieser Zeit probierte ich all das aus, was ich auf YouTube bei verschiedenen Caisa-Spielern lernen konnte. Das war alles andere als einfach, da ich persönlich vor allem an den abwechslungsreichen und virtuosen Techniken interessiert war. Leider hatten die besagten Caisa-Spieler wohl nie Geld für eine vernünftige Videokamera. Ich konnte weder genau sehen, wohin sie anschlugen, noch, mit welchen Teilen der Hand. Dies ist schon wichtig, vor allem für den Einsteiger. Zu schnell verrennt man sich in eine Theorie und ärgert sich, wenn man den "Move" nicht so hinbekommt, wie der Virtuose am Bildschirm. Die Framerate der entsprechenden Videos war fast immer miserabel, die Kompression durch Youtube besorgte den Rest. So blieb sehr oft nur try & fail. Stück für Stück tastet man sich also an Teile der Moves heran, kombiniert diese, übt - bis sich Routine einstellt.
Diese Routine habe ich nun mittlerweile. Auch konnte ich über die Monate feststellen, daß Spieltechnik und Klang sich immer wieder verändern. So habe ich anfangs lt. meiner "Vorbilder" auf YouTube vorwiegend mit der flachen Hand beziehungsweise mit dem oberen Teil der Hand die Tonfelder angeschlagen. Diese "Klatschen" erzeugt, selbst wenn dezent gespielt, viele Obertöne und das Auftreffen der Hand übertönt dabei häufig den eigentlichen Ton. Einige Künstler auf diesem Instrument haben ihre ganz spezielle Technik entwickelt, die ich bis heute noch nicht nachvollziehen kann.
Ich habe mir eine Form des Anschlagens herausgearbeitet, welche auch nach Stunden keine Probleme macht und für einen "weichen" Klang sorgt. Dabei wird vor allem mit Zeigefinger und Daumen gespielt. Der obere Teil des Fingers auf der Seite der Handfläche ist der, welcher auf dem Tonfeld aufkommt. Dabei muß der Finger absolut locker und unverkrampft sein. Dadurch ist es möglich, daß selbst ein leichtes Ausholen und auf das anvisierte Tonfeld schlagen, kräftige Lautstärken erzeugt. Das obere Fingerglied wirkt dabei wie der Kopf des Klöppels. Durch die Beschleunigung der Hand wird dabei der obere Teil des Fingers um ein Vielfaches schwerer, als er tatsächlich ist und kann somit enorm viel Energie transportieren. Diese auch bei hohem Spieltempo an die richtige Stelle zu leiten, kostet erfahrungsgemäß viel Übung, aber, das Spielen auf der Caisa macht ja auch enormen Spaß. Mir persönlich ist es nie als eine Belastung vorgekommen, mehrere Stunden hintereinander "am Blech" zu sitzen. Möglicherweise liegt es auch daran, daß die Caisa ein Instrument ist, welches man auch absolut intuitiv spielen kann und sollte. Also, auch fernab von Notenblatt und steifen Vorgaben. Zumindest habe ich dies für mich und meine Caisa so festgelegt. Dieses Instrument kann man jederzeit spielen, man bedarf keiner Vorbereitungen, muß es nicht stimmen, kann statt Melodien und Hooks auch reine Rhythmen trommeln. Ja, gleich NEBEN den Tonfeldern und zur Auflockerung im Wechsel MIT ihnen.
Wie ich zur Caisa gekommen bin
Auf einem Festival für Elektronische Musik traf ich einen Musiker, welcher neben Synthesizer und Co. auch mal auf "echten" Instrumenten spielt. In diesem Fall war das eine merkwürdige, schillernd lackierte "Schildkröte". Dieser Mann saß nur vor dem Haus, in dem das Event stattfand und trommelte sich für seinen Gig warm. Neugierig, wie ich bin, stelle ich mich dazu und versuche herauszufinden, wie viele Arme der Mann hatte - es wirbelte nur so... Ich war begeistert!
Nicht mehr ganz so sehr, als er mir verriet, wieviel man für solch eine Caisa hinblättern muß. Für sein Modell waren es wohl um die 1000 Euro! Nicht schlecht für eine Bratpfanne... Wenigstens kam ich vorerst in den Genuß, mal für eine Minute zu zeigen, was ich auf diesem Instrument alles (nicht) konnte. Chris Lang, der Besitzer dieser Caisa, spielte als drauf los und ich versuchte krampfhaft auf den mir zugewandten Tonfeldern ansatzweise musikalischen Halt, in einem mehr als simplen Rhythmus, zu finden. Nunja, ein Fisch kann nunmal nicht Fahrrad fahren.
So beließ ich es dabei, mir eine schöne Erinnerung mit Nachhause zu nehmen und begann zu sparen. Eine Caisa MUSSTE her!!! Als ich nun endlich in der Lage war, mir dieses musikalische Ufo zu erstehen, war es Frühling und ich rief in der Manufaktur an. Einige Wochen würde ich auf die Lieferung noch warten müssen und diese Zeit sollte nicht ungenutzt verstreichen. Es ist doch beinahe unerträglich, wenn man auf Post wartet, oder?! ;)
Eine Ersatz-Caisa mußte her. Etwas, das ein ungefähres Gefühl vermittelt, wie die Caisa geformt ist, wie man die Hand konditioniert, permanent auf Flächen zu schlagen, die nicht unbedingt samtweich sind. Etwas, das wenigstens EINEN Ton von sich gibt. Welch eine Begeisterung, als mir einfiel, daß ich unseren alten Wok noch nicht entsorgt hatte! So folgte nun wochenlanges Koordinations- und Ausdauertrainig. Es klang nicht wirklich schön, aber war zweckmäßig. So konnte ich gleich von Beginn an von einer "flüssigen Hand" profitieren.
Hier ein Beispiel-Video, aufgenommen Ende Juli diesen Jahres. Also, fast noch taufrisch ;) Der Klang wurde über ein "gutes" Mikrofon aufgenommen und ein wenig Hall dazugemischt. Man hört zwar noch ein paar Hintergrundgeräusche vom Wald, aber es klingt so auf jeden Fall wesentlich besser, als das, was das Mikro der Videokamera her gab.
Mittlerweile spiele ich immernoch jeden Tag meine Runde, zwar nicht immer für Stunden, aber sicher mehrmals über den Tag verteilt je 15-20 Minuten am Stück. Ganz, wie es die Freizeit erlaubt. Trotz ihrer gerade mal 9 Tonfelder entdecke ich fast täglich neue, interessante Spielmuster, auch Pattern genannt. Die Caisa, wie auch andere Idiophone, verfügen nicht über eine komplette Oktave mit Halbtönen. Je nach Modell wieder holen sich bestimmte Töne im Oktavabstand, weisen spezielle ethnische Tonarten auf. So kann man zwar wunderbar hypnotische Sequenzen spielen, aber bei simplen Weihnachtsliedern ist oft schon Schluß. Es fehlen leider immer wieder ein paar nötige Töne. Deshalb sollte man, wenn geplant ist, sich auf "Lieder" zu spezialisieren, mit mehr als nur einer Caisa liebäugeln. Es ist schwieriger, gleichzeitig auf mehreren Instrumenten zu spielen, aber wie Dante Bucci -eigentlich ein Hang-Spieler, und was für ein genialer!!! - uns vormacht, nicht unmöglich. Hier ein seeehr relaxtes Video.
Nebenbei, die Caisa hat noch etliche Geschwister und entfernte Verwandte. So gibt es eine ganze Auswahl an verschiedenen Tonarten und auch unterschiedlich große Ausführungen im Hause von Caisa Bill. Auch Beschichtung und Lackierung ist variabel. Wem der Klang der Caisa zu obertonhaltig ist, kann sich auch nach Hang, Bells und Co umhören. Diese bestehen teils aus anderen Materialien, sind auf andere Art und Weise gefertigt und gestimmt worden. Der Unterschied im Klang ist eindeutig zu hören. Auch besteht aufgrund der Bauweise auch bei einigen Instrumenten die Möglichkeit, den Klang während des Spiels noch weit zu modifizieren, bzw. die Tonfelder auf andere Art anzuschlagen. Eine Wissenschaft für sich...
Vor dem Kauf sollte man sich wenigstens auf Youtube die Stars der Szene eingehend beobachten und nicht nur vom finanziellen Rahmen ausgehen. Die Preise sind sehr unterschiedlich, je nach Modell und Anbieter. Wartezeiten von mehreren Jahren sind nicht unüblich. Wem es weniger um Kult, sondern um uneingeschränkte Kreativität und Spielwut geht, der ist auch mit einer Handpan zufrieden, die nicht unbedingt den Status eines "Mercedes" hat. Letztendlich hat jedes Instrument aus dieser Gattung seinen Reiz.
Ich habe mich für die Caisa Cosma entschieden und würde mir höchstens noch eine zweite, die fehlenden Töne in der aktuellen Tonart ergänzende, Variante zulegen. Die Caisa ist immer da, wenn man einen musischen Zufluchtsort braucht, eine kreative Pause, wenn man gerade mal mit keinem reden will. Es ist bloß Metall, dennoch ein sehr spezieller Gegenstand, der mehr als nur sein Geld wert ist.
Arne Waldmeister
Bildquelle:
Donnaya
(Gothic, Mittelalter, Dark Metal - Musik außerhalb des Mainstreams)