Etliche Schriftsteller haben das Motiv des künstlichen Menschen aufgegriffen. Die Bearbeitungen einiger von ihnen werden nun kurz dargestellt.

Der Golem in Bearbeitungen von Emden, Grimm, Brentano und Rathenau

Emden

In der sehr kurzen Erzählung von Emden dient der Golem dem Rabbi. Aber der Rabbi merkte, dass der Golem an Größe und Stärke gewonnen hatte. Aus Furcht riss er ihm das Papier von der Stirn, um den Golem zu vernichten. Jedoch hatte der Golem noch genug Kraft, seinem Meister einen Schlag zu versetzen und ihn zu schädigen.

Grimm

In der kurzen Erzählung der Grimms ist der Golem ebenfalls ein stummer Diener, der so groß wird, dass man ihm nicht mehr an die Stirn reicht, um das Schem zu entfernen. Der Meister bedient sich eines Tricks: Der Golem soll seinem Meister die Schuhe ausziehen, damit dieser das Schem entfernen kann. Dabei wird er von der einstürzenden Masse des Golem erdrückt.

Brentano

Die Bearbeitung von Brentano ist keine Erzählung, sondern vielmehr eine allgemeine Erklärung dessen, was ein Golem ist. Er nennt auch das Motiv des Wachsens. Wenn der Golem körperlich zu groß wird, kann der Meister seine Stirn nicht mehr erreichen. Auch hier wird der Trick mit dem Schuhe-Ausziehen beschrieben. Der lehrhafte Charakter wird extra betont: Falsche Kunst erschlägt ihren Meister, nur die Schöpfung als wahre Kunst ist ewig, deshalb kann es nur einen Meister geben, der immer größer sein wird als seine Schöpfung.

Rathenau

Der Rabbi verstößt seine unfruchtbare Frau und erschafft stattdessen einen weiblichen Golem ohne Regungen. Sie kennt kein Mitleid, als ihr gemeinsamer Sohn und auch des Rabbis Mutter sterben. Der Rabbi erkennt seinen Fehler, löscht den Golem aus und holt seine Ehefrau zurück.

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Kernmotiv der Sage

Die Schöpfung soll aus den besten Zutaten bestehen: aus unberührter Elementarerde und Geist. Bereits der erste Mensch existierte als Golem und musste nur noch beseelt werden. Die ethnologische Erklärung geht dahin, dass evtl. in der Erde selbst bereits eine "Erdseele" enthalten ist, die lebendige Seele hingegen benötigt die Inspiration eines göttlichen Geistes. Auch ein künstlicher Mensch kommt nur durch die Vereinigung von irdischer Materie und göttlicher Geisteskraft zustande. Schöpfergeist ist nicht nur der göttliche Hauch, sondern vor allem das Wort. Der Golem selber hat kein Wort und wird aufgrund seiner Sprachlosigkeit als künstliches Wesen erkannt. Die Vollkommenheit der göttlichen Schöpfung kann auf dem künstlichen Weg nicht erreicht werden.

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Die Sprachmagie als geistige Komponente spielt ab dem Mittelalter eine immer größere Rolle. Allerdings findet sich im Mittelalter kein Hinweis auf die Verwendung eines Golems. Seine Erschaffung ist nur ein Ritual, um die Kosmologie zu bestätigen und die Herrschaft des Geistes über den Stoff zu versinnbildlichen.

Ab dem 16. Jahrhundert wurde das mittelalterliche Ritual um die Erschaffung durch die Sagenbildung abgelöst. Die Golemvorstellung verließ den geistigen und symbolischen Bereich und versuchte sich praktisch zu realisieren. Erste Golemsagen tauchten auf, die einzelnen Rabbinern zugeschrieben wurden. Neues barockes Motiv ist das unaufhörliche Wachstum des Golem. Für die Romantiker muss das Wesen unheimlich wirken, es wurde mit magischen Naturkräften ausgestattet und als sich der Kontrolle entziehend beschrieben. Es wurde ein Übermensch im körperlichen Sinne beschrieben.

Volksbuch-Version der Prager Sage

Im Volksbuch erfuhr die Prager Version im 20. Jahrhundert eine Umdichtung in Gestalt von Blochs Übertragung "Der Prager Golem von seiner Geburt bis zu seinem Tod" im Jahre 1909. Das Werk stellt eine literarische Weiterbildung der Golemsage dar und somit eine Verfälschung. Sie generiert einen solchen Schub an Inspiration, dass der Mangel an Echtheit dahinter zurücktritt. Der hebräische Titel "Die Wunder des Maharal" ist eine Verherrlichung des Rabbi, welche auch schon mit dessen Geburt beginnt und nicht erst mit dem Golem. Das Ende des Golem mit dem Verbot, den Dachboden zu besteigen, liefert die Grundlage für weitere Bearbeitungen, da Verbote meistens nur dazu da sind, dass sie irgendwann einmal übertreten werden. Der auf dem Dachboden liegende Golem scheint nur auf eine Situation zu warten, in der er wiederbelebt wird.

Kurzformen des Stoffes: Golemgedichte

Die sagengeschichtliche und die literarische Entwicklung des Stoffes verlaufen parallel und überschneiden sich teilweise. Erste Golemgedichte sind epische Verserzählungen nach der Prager Sage als Vorbild. Später taucht auch das Motiv des Doppelgängers auf. Je losgelöster das Motiv von der Sage ist, umso empfänglicher ist es für eine lyrische Verarbeitung mit jeweils verschiedenen Schwerpunkten. Bei Liliencron ist es beispielsweise der Golemaufstand.

Prosa im 20. Jahrhundert: Meyrink

Unmenschliches in der Prosa. Die im Golemstoff angelegte Problematik zwischen Schöpfer und Schöpfung weitet sich aus, größere literarische Formen entstehen daraus.

Zentral ist, dass die Vorgehensweise genau beschrieben wird, um die Entstehungsbedingungen für einen Golem nachvollziehbar zu machen. Die Verbindung von zeitlicher Ebene der Sage und der Gegenwart soll die Wiederholbarkeit eines Golem ermöglichen, hier bei spielen auch astrologische Konstellationen eine Rolle, zum Beispiel alle 33 Jahre wie bei Meyrink. Die feste Gegebenheit des Ortes wird bei ihm durch den Traum verunsichert. Das Prager Ghetto stellt eine Traumwelt dar, sie ist der einzige Ort, an dem der Golem auftritt. Der Traumheld dringt in das innere Zimmer ein, das für eine zugemauerte Krankheit steht, und setzt sich mit seiner Vergangenheit auseinander.

Sonja, am 26.01.2014
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Bildquelle:
Karin Scherbart (Asterix bei den Pikten – Rezension)

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