"Die Magische Küchenspüle" von Marla Cilley – Buchrezension
In Ihrem Haus herrscht das Chaos? Sie haben das Gefühl, gegen die Unordnung längst verloren zu haben? Wetten, das behaupten Sie nicht mehr, nachdem Sie dieses Buch gelesen haben!Der Ratgeber für Härtefälle
Natürlich darf sich grundsätzlich jeder Mensch "Die Magische Küchenspüle" zulegen. Doch hat dieses Buch so viele wirklich gute Tipps auf Lager, dass es auch solchen Personen, bei denen sich jede häusliche Umgebung scheinbar von selbst in Unordnung verwandelt, endlich zu einem aufgeräumten Leben verhelfen wird. Diese Leute wurden schon so oft von Ratgebern enttäuscht, die offenbar sämtlich von Autoren verfasst wurden, die selbst nie ein wirkliches Chaos kennengelernt haben
Die "Härtefälle" erfahren jetzt endlich, dass sie keine derartigen Exoten sind, für die sich der Verkauf eines auf sie zugeschnittenen Leitfadens für mehr Ordnung im Haushalt etwa nicht lohnen würde. Ganz im Gegenteil: Sie haben Kollegen, sehr viele sogar. Genau dieses Buch hatte da noch gefehlt. Hier ist es! Endlich!
Marla Cilley: The Fly Lady
Marla Cilley weiß ganz genau, worüber sie schreibt. Sie hat selbst häusliches Chaos erlebt, lange ertragen und eines Tages bewältigt. Bei ihr geht es nicht einfach nur um hektische Aufräumaktionen und hilfreiche Tricks, wenn sich Besuch angekündigt hat. Zack –alles wieder schön – jedes Mal aufs Neue. Nein, diese Autorin wendet sich mit ihrem Buch "Die Magische Küchenspüle" vor allem an Leser, die seit Monaten oder Jahren auf Besuch verzichten und sich stattdessen außerhalb verabreden, weil sie es nicht mehr schaffen, innerhalb weniger Tage aufzuräumen.
Marla Cilley war selbst vor Jahren an so einem Punkt. Nach einer persönlichen Krise und Krankheit gelang es ihr mit einem selbst entwickelten Programm, das entstandene Chaos in ihrem Haus zu beseitigen und künftig ihren Haushalt erfolgreich im Griff zu haben.
The Fly Lady – so nennt die US-Amerikanerin sich selbst und ihr System des Aufräumens. Nebenbei bemerkt: Sie ist außerdem Fliegenfischerin. "FlyLady" wurde von selbst zu ihrem Motto. "Fly" heißt es im Englischen außer für die Fliege als Tier für das Fliegen als Bewegung. Bei ihren künftigen Versuchen, daheim Ordnung zu schaffen, werden die Leserinnen nicht mehr wie bisher abstürzen oder ausbrennen, sondern sie werden fliegen, indem sie nun erfolgreich ihr Chaos beseitigen und zur Vorbeugung in der Zukunft spezielle Routinen anwenden. Wie beim Fliegen fühlen sie sich leicht dabei. Marla Cilley setzt noch eins drauf: Sie erkennt in den drei Buchstaben von Fly einzelne Großbuchstaben: F L Y – und überträgt diese auf "Finally Loving Yourself!" als weiteres Motto. Denn die zum Beseitigen ihrer Unordnung endgültig entschlossenen Menschen sollen sich außerdem "endlich selbst lieben" und nicht länger dafür hassen, dass sie in diese Situation geraten sind und so lange nicht herausfanden. Sie können und sollen stolz auf sich sein. Diese positive Grundstimmung beflügelt den Elan.
Das System FlyLady
"Jede lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt" ist zwar ein chinesisches Sprichwort und kommt im Buch "Die Magische Küchenspüle" nicht vor. Es passt allerdings sehr gut zum System des Aufräumens von Marla Cilley, der FlyLady. Ihre Taktik der kleinen Schritte startet mit der Reinigung der Küchenspüle, die zum Symbol und Motivationsanker der Aufräumaktionen wird. Selbst die schmutzigste Küchenspüle wird nun mit einschlägigen Tipps wieder blitzblank und wird nun täglich wie von selbst in die Haushaltsarbeit einbezogen und so zur ersten Routine. Dabei spornt ihr strahlender Anblick geradezu an, die Aufräumaktionen fortzusetzen. Gleich zu Anfang stellt Marla Cilley klar, dass das Chaos nicht als Herkulesaufgabe in wenigen Tagen zum Verschwinden gebracht werden soll mit anschließender Totalerschöpfung, sondern allmählich in einzelnen Schritten, die jedoch bereits am Anfang Erfolge bringen und Mut machen. Diesen Fehler mit kurzlebigen Hauruck-Aktionen ohne nachhaltiges Ergebnis kennen wohl viele Leser bereits gut genug. Die Strategie der kleinen Schritte hingegen führt ebenso zum Ziel mit dem großen Vorteil, dass die dabei entwickelten Routinen sich als Alltagsgewohnheiten dauerhaft festsetzen.
Erste Fortschritte sind schon zu sehen! (Bild: condesign / Pixabay)
Es mag sich seltsam anhören, hat aber einen enormen psychologischen Effekt: Das Aufräumen darf niemals im Schlabberlook vor sich gehen! Die Kandidaten sollen sich vielmehr so kleiden, als gingen sie zu einem offiziellen Arbeitsplatz, auch wenn sie in diesem Fall zu Hause arbeiten. Wer sich entsprechend angezogen hat einschließlich dazu passender Schuhe und Unterwäsche, wird verblüfft feststellen, dass dies die Stimmung und den Arbeitswillen positiv beeinflusst. Natürlich muss niemand dafür ein teures Kostüm ruinieren oder gar in Stöckelschuhen auf Leitern steigen. Berufliche Alltagskleidung in Sinne von praktisch ist gut genug. Entscheidend ist hier der psychologische Effekt – und er wirkt.
Auftakt ist stets das Polieren der Küchenspüle auf Hochglanz, bevor es weitergeht. Das Aufräumen und Aussortieren hat FlyLady in kleine 15-Minuten-Häppchen und 27-Gegenstände-entrümpeln-Aktionen vorsortiert, die der Reihe nach abzuarbeiten sind. Diese Minischritte ziehen sich fast schon erbarmungslos durch das Ordnungsprogramm. Dazu kommen Empfehlungen beziehungsweise Gebote von FlyLady wie: Immer schön die Küchenspüle glänzend halten! Lassen Sie sich nicht zwischendurch vom Computer ablenken! Versuchen Sie nicht, zwei Sachen auf einmal zu machen, sondern eine Aufgabe nach der anderen. Tun Sie sich jeden Tag etwas Gutes!
Noch etwas spricht Marla Cilley an: Es mag paradox klingen, ist aber oft für ständige Unordnung mitverantwortlich: Perfektionismus. Wer sich bemüht, auch im hektischsten Alltag jede seiner häuslichen Arbeiten zu 100 % perfekt zu erledigen, muss scheitern. Es genügt vollauf, gelegentlich Fünfe gerade sein zu lassen, und nicht jedes Mal, sondern bloß regelmäßig, eine intensive Grundreinigung durchzuführen. Oder: Das Herauslegen der Kleidung für den nächsten Tag bereits am Vorabend verringert den Stress am folgenden Morgen nach dem Aufstehen.
Nachdem Anfänger mit der Taktik kleiner Schritte erfahren haben, wie ihr Chaos allmählich weicht, erhalten sie Aufgaben für Fortgeschrittene. Sie lernen, ein persönliches Kontroll-Journal anzufertigen und außerdem nach Wochen- und später Monatsplänen sowie regelmäßigem Putzen in Zonen ihren Haushalt zu versorgen. Statt wie früher erst die Ärmel aufzukrempeln, wenn es aus ihrer Sicht nötig war, werden die Leser von "Die Magische Küchenspüle" künftig ständig routiniert ihren Haushalt versorgen, bevor neue Chaos-Inseln auftauchen und sich zum Haushaltsdschungel verbinden.
Beurteilung
"Die Magische Küchenspüle" lässt auch in der deutschen Übersetzung ihren US-amerikanischen Ursprung deutlich erkennen. Nichts ist unmöglich, alle sollen sich beim Ordnung Schaffen wohl fühlen und hinterher für immer glücklich sein. Dabei wirken das Buch und die Autorin überhaupt nicht wie Fremdkörper in der Ratgeberliteratur, sondern vermitteln ihr Anliegen sehr überzeugend. Marla Cilley berichtet schließlich aus eigener Erfahrung und geizt nicht mit persönlichen Erlebnissen. Ihre Empfehlungen kommen nicht als ultimative Aufforderungen, sondern mit humorvollem Unterton und warmherzigem Verständnis für ihre Leser. Sie erwartet keineswegs, dass sämtliche ihrer Tipps 1:1 umgesetzt werden, macht allerdings klar, dass die bisherigen Methoden gründlich und dauerhaft geändert werden müssen. Niemals macht sie sich über mit ihrem Haushalt Überforderte lustig oder gibt sich überlegen. Leser spüren: Hier weiß jemand die ideale Lösung gegen chronisch unordentliche Wohnungen und Häuser und möchte andere daran teilhaben lassen. Je nach persönlichen Schwachpunkten und familiärer Lebenssituation lassen sich die Empfehlungen aus dem Buch wunderbar individualisieren. Wichtig dabei ist unbedingt, sie zur täglichen Routine werden zu lassen.
Der Erzählstil und die in den Text eingestreuten Rückmeldungen ihrer amerikanischen Leser machen die Lektüre zu einem unterhaltsamen Vergnügen – und zu einer Versuchung. Fast kann man es als Leser kaum erwarten, das Buch zuklappen zu können, um mit den darin vorgeschlagenen Tipps sofort zu starten. Diesmal wird es funktionieren! Es geht gar nicht anders!
"Die Magische Küchenspüle" wurde mir durch Vermittlung von Blogg-dein-Buch freundlicherweise vom Verlag Edition Schwarzer – wishcraft-online.de – zum Besprechen auf dem Autorenportal Pagewizz.com zur Verfügung gestellt. Ich bedanke mich hierfür sehr herzlich. Das Buch hat mir so gut gefallen – insbesondere durch seinen humorvollen Ton und die wirklich praktikablen Ideen – dass ich ihm 5 von insgesamt 5 möglichen Sternen als Bestnote gebe.
(Vorschaubild: CC0 Public Domain / Pixabay)
Bildquelle:
Indische Waschnüsse, AlmaWin
(Bio-Waschmittel Waschnuss - traditionell besser oder flüssig?)