Die Fakten lügen nicht

Nimmt man die Fakten ohne sie zu werten, ergibt sich folgendes Bild:

- die Rechtspopulisten haben den Wahlkampf dominiert und die eindeutige Meinungsführerschaft in den bestimmenden politischen Fragen inne gehabt und damit die etablierten Parteien vor sich her getrieben

- die Rechtspopulisten sind zweitstärkste Kraft geworden und werden damit sogar die Oppposition anführen, weiterhin wesentlichen Einfluss auf die Politik nehmen, gerade weil sie nicht in der Regierung vertreten sein werden

- Rutte hat das Wahlkampfgeschenk aus Ankara perfekt genutzt, wie die Wahlen ohne diese Steilvorlage ausgegangen wären, wird für immer eine hypothetische Frage bleiben

- die Rechtspopulisten haben in absoluten Zahlen sogar an Stimmen zugelegt und Ihr Potential weiter ausgebaut

- eine Regierung muss jetzt aus mindestens 4 Parteien bestehen, die sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen, das erfordert ein hohes Mass an Kompromissen, woraus sich ergibt, in Den Haag wird künftig mehr die Politik verwaltet als aktiv gestaltet

 

 

Die faktische Macht der Rechtspopulisten

Angesichts dieser realen Fakten von einem Erfolg zu sprechen, muss doch sehr verwundern. Bedeutet dies doch, eine Wahl, in der die Populisten nur knapp verlieren, ist schon ein Erfolg. Okay,nach der österreichischen Präsidentenwahl wurde von den Politikern der gleiche Quatsch erzählt. 

Es ist doch eine Frage der Sichtweise, was ein Erfolg ist. Und, aufgepasst, aus der Sicht der herrschenden Politiker ist eine wenn auch nur knappe Niederlage der Rechtspopulisten ein Erfolg, weil

- ihre Macht erhalten bleibt und der Status Quo nicht angetastet wird, und

- sie dem Volk ihre Politik als erfolgreich verkaufen können ( seht her, unsere Politik hält die Rechten von der Regierung fern)

Dabei wird jedoch übersehen, wie diese politischen Gegner von Wahl zu Wahl immer mehr an Einfluss gewinnen, was nicht nur eine Frage von Stimmen und Prozenten ist. Es lohnt ein Blick in die Geschichte. Auch die Faschisten in Deutschland haben mit nur wenigen Prozenten Wählerstimmen in den 20-er Jahren des letzten Jahrhunderts begonnen.

Wer jedoch, wie in den Niederlanden passiert, die Deutungshoheit über die politischen Themen hat, verfügt über mehr reale Macht als es Stimmen, Prozente und Mandate je aussagen.

 

 

 

Als Systemischer Coach...

... sehe ich die enorme Zirkularität in diesem Geflecht aus Macht, postfaktischen Wahrheiten, realer Manipulation und verzerrter Wahrnehmung der Realität.

Kurz gesagt, langfristig gesehen, sind die Rechtspopulisten, auch in Frankreich und Deutschland, besser auf die kommende Zeit vorbereitet als die sogenannten "etablierten Parteien". Zuwanderung, Zukunftstängste, eine zunehmende Instabilität in der Gesellschaft und eine, zumindest teilweise, Deutungshoheit und Meinungsführerschaft in den gesellschaftlichen Debatten bieten ihnen gute Chancen für weitere Erfolge.

Was aus den Niederlanden zu lernen ist, die rechten Rattenfänger sind ernst zu nehmen. Der Umgang des rechtsliberalen Premiers vor dem TV-Duell mit dem Rechtspopulisten, ein Schulterklopfen, ein freundschaftlicher Händedruck, mögen jovial wirken. Nur der Premier signalisierte damit auch: ich nehme Sie ernst, Sie sind ein ernsthafter Gegner für mich.

Und, nur mal als Erinnerung, diese fahrlässige Unterschätzung von Newcomern auf der politischen Bühne hat auch dem heutigen US-Präsidenten seinen Aufstieg erleichtert.

Nur wer die Rechtspopulisten ernst nimmt, sie als eine reale Gefahr für die Demokratie ansieht und sich ihnen in inhaltlichen Diskussionen stellt, wird ihren weiteren Aufstieg verhindern.

Wer dann noch nach einer knapp gewonnenen Wahl nicht von einem Erfolg spricht, sondern dem Volk und damit den Wählern offen sagt, wie sehr die Demokratie, die Freiheit, das liberale und offene, undogmatische und freie Denken gefährdet sind, wird auf Dauer die freiheitlchen und weltoffenen Werte vor Angriffen verteidigen.

Denn sowohl semantisch als auch systemisch ist die Aussage, der Wahlausgang in den Nieder landen sei ein Erfolg, falsch und wirkt kontraproduktiv. Denn sie wird bisher noch unentschlossene Wähler in Richtung der Rechtspopulisten treiben. Die lineare Verkürzung von Ursache und Wirkung lässt die rechten Rattenfänger als böse Kinder in der Schmuddelecke erscheinen, denen Gehör verschafft werden muss. Auch wenn die zirkuläre Verknüpfung der verschiedenen Aspekte schwieriger zu vermitteln ist, ist sie heute notwendiger denn je.

Foto by:pixabay.com

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