Die Wangenkuss-Zeremonie
Küsschen rechts, Küsschen links - wie geht das Begrüßungsritual richtig?Haben die Spanier den Bussi-Tango erfunden?
Die Franzosen tun es, die Belgier tun es, die Russen tun es, die Karnevalisten tun es, die Schicki-Micki-Gesellschaft sowieso von jeher und auch bei uns wird es immer üblicher anstelle des Handschlags: das Begrüßungsritual des Bussi links, Bussi rechts.
Angeblich soll es nach neuesten Erkenntnissen auch noch weniger gesundheitsgefährdend sein als der gegenseitige Händedruck, da wir an unseren Händen die meisten Bakterien transportieren!
Gut, ich habe nichts dagegen, wenn es ein junger, fescher Typ ist, der auf mich zustürzt und mir einen Schmatz auf jede Wange drückt, aber ich muss eine schauspielerische Leistung vollbringen, wenn das Gegenüber – na, ich will jetzt niemanden ungewollt beleidigen, also, sagen wir mal vorsichtig, nicht ganz meinem Männertyp entspricht. Und gerade letztere nutzen die Situation auch noch gerne aus, treffen absichtlich daneben und damit auch noch mitten auf den Mund! Womöglich noch ziemlich feucht – bäh!
Es geht ja das Gerücht, dass die spanischen Männer dies alles erfunden haben, um jede Frau ungestraft küssen zu dürfen. Die Nachkommen des Don Juan haben darin eine jahrhundertealte Erfahrung. Und sie wissen auch, wie es richtig geht! Denn, was immer Ihnen auch Lehrer in Sprachkursen weis machen wollen: Es ist nicht egal, wie und wo man beginnt! Wir sind hier im westlichen Kulturraum, immer noch, da liest man von links nach rechts, sieht sich im Museum Bilder an von links nach rechts an, und deshalb hier die Zusammenfassung für alle, damit man nicht unsanft mit den Nasen zusammen stößt:
Die exakte Vorgehensweise Schritt für Schritt
1. Wie beim Tanzen führt der Mann und beginnt, indem er mit der Hand fest die Taille der Frau packt.
2. Schritt: Vorbeugen nach links, Bussi des Mannes erst auf die rechte, dann die linke Wange der Dame, bei der Frau läuft es natürlich spiegelverkehrt und gleichzeitig. Und herzhaft und trocken wenn es geht, bitte. Es reicht übrigens auch nicht, nur gnädig die Wange zu reichen. Das wird als Ausdruck der Arroganz gewertet.
3. Die Höflichkeit verlangt, dass sich erst die Frauen abbusseln ohne Angst vor etwaigen Lesben-Gerüchten.
4. Ach ja, liebe Freunde aus dem welschen Raum: Nein, ein für allemal nein! Nicht noch einmal einen drauf und zurück, also drei Mal - gewöhnt Euch das endlich ab, denn das ist unhöflich und sorgt für einen Stau der in der Schlange wartenden Abzubusselnden!
Vorsicht bei Brillen-Trägern und Vorgesetzten
Fehlsichtige kennen das Problem: Es macht "‚klack" und die Brillen-Gestänge verhaken sich ineinander, auch, wenn man die richtige Links-Rechts-Reihenfolge einhält. Da gibt es nur einen Tipp: Bitte vorher die Brille abnehmen, auch wenn man nur verschwommen sehen sollte.
Wichtig: Chef und Angestellte fallen sich natürlich nicht an jedem Morgen um den Hals, sie begrüßen sich nur mit Handschlag. Auch unter Männern ist immer noch der kräftige Händedruck oder der Schlag auf die Schulter beliebter.
Wer mehr über die spanischen Sittten und Gebräuche erfahren will, der findet in meinem Hörbuch von A wie Aberglaube, über B wie Bussitango, M wie Machos bis Spanische Gastfreundschaft die wichtigsten Überlebens-regeln für Spanien.
Gabriele Hefele. Spanien für Fortgeschrittene. CD 9706550b. Mit Musikbegleitung durch Udo Lenze. 7,95 Euro. Zu bestellen über die Autorin bei [email protected]