Aktueller Anlass

Am 5. Mai gab ich gemeinsam mit dem Pianisten Fabian Klentzke unser Konzertprogramm LiberTango - Hommage an Astor Piazzolla in der Wabe Berlin.

Die Wabe ist ein großartiger Veranstaltungsort, dem bei seiner Gründung Ende der 80er Jahre zu Recht Kultstatus vorausgesagt wurde. Leider ist er - die gut gearbeitete Website ausgenommen - durch unfähiges Management dazu verurteilt, weitgehend unbekannt und weit unterhalb seiner Möglichkeiten dahinzudümpeln.

Meine Erfahrungen bei dem Konzert am 5.5. haben mich zu einem offenen Brief an das Kulturamt Berlin Prenzlauer Berg, den Träger der Wabe, veranlasst. Der Inhalt dieses Briefes ist im Folgenden wiedergegeben. 

LiberTango - Hommage an Astor Piazzolla

LiberTango - das Konzert

Offener Brief an das Kulturamt Pankow - 1. Teil

Am Donnerstag, 5. Mai, hatten wir - meine Person und der Pianist Fabian Klentzke -  die Gelegenheit, mit unserem Konzertprogramm "LiberTango" in der Wabe zu gastieren.

Ich kannte den Ort von früher und habe mich sehr gefreut, in der Wabe zu spielen, denn es ist ein großartiger Raum mit vielen Möglichkeiten, interessanter Atmosphäre, guter Akustik und technischer Ausrüstung.

Leider war das, was mir begegnete genau das Gegenteil engagierter Kulturarbeit: Dienst nach Vorschrift und Schlamperei!

 

Es begann damit, dass wir nicht zur vereinbarten Zeit in das Gebäude kamen. Es war zugesagt, dass die Künstler ab 17.30 zwecks Aufbau und Soundcheck in den Saal können und dort empfangen werden. Als wir 17.30 ankamen, war das Gebäude verschlossen, niemand da. Im benachbarten Kulturhaus, in der Galerie Parterre wusste man von nichts und im dritten Gebäude des Komplexes des Kulturamtes war zwar die Haustür offen, aber ebenfalls nirgends jemand anwesend. 17.45 dann wurde uns aufgeschlossen. Dies mag eine Kleinigkeit sein. Dennoch: für Künstler ist es vor einem Konzert wichtig, genügend Zeit für Aufbau und Einstimmung zu haben und wenn eine Zeit vereinbart wurde, sollte diese auch eingehalten werden. Und: es bliebt nicht die einzige "Kleinigkeit".

Eine Entschuldigung für die Verspätung seitens Ihrer Mitarbeiter erfolgte nicht.

Bereits vorher, beim Betreten des Geländes von dr Danziger Straße aus, nahm ich war, dass im Toreingang, also dort, wo Passanten die Werbung sehen, keines unsrer Plakate hing. Statt dessen: Plakate vom 8. April! Als ich Frau Kleinert, die Leiterin der Wabe, darauf ansprach, erklärte sie dies damit, dass die übereinandergeklebten Plakate immer abfallen. Nun, wie wäre es denn dann, gelegentlich mal einen dicken Stapel alter Plakate dort zu entfernen. Wohlgemerkt, ich spreche nicht von der äußeren Mauer, wo jeder irgendetwas draufklebt, sondern von Ihren Werbeflächen, für die Sie verantwortlich sind und die Ihren Kulturkomplex repräsentieren. Auf meine Bitte, wenigstens jetzt noch, für die zu erwartenden Gäste, Plakate des aktuellen Abends anzubringen hieß es zunächst, man habe keine Plakate mehr. Als ich mitteilte, ich hätte noch welche mitgebracht (da wir unsere Plakate auch an unseren Merchandising - Stand verkaufen) bekam ich zur Antwort: "Plakate kleben ist nicht meine Aufgabe. So etwas mache ich nicht."

Dienst nach Vorschrift mag eine Einstellung sein, die als Beamter oder Bankangestellter ausreicht. In der Kultur ist sie in heutiger Zeit fehl am Platz!

Aber es ging weiter: nach kurzer Zeit entdeckten wir, dass jene Plakate, die in der Wabe selbst an der Glastür hingen, mit einem falschen Datum versehen worden waren: unsr Konzert wurde für den 4. statt für den 5. Mai angekündigt! Dies ist nicht mehr nur Dienst nach Vorschrift, sondern Schlamperei höchsten Grades. Ein Chirurg, der so arbeitet, riskiert Menschenleben, ein Musiker, der derart schlampig ein Konzert auf der Bühne spielt, bekommt kein Engagement mehr. Nur die Kulturbeamten können sich so etwas offenbar immer noch leisten.

Unser Merchandising - Assistent für den CD-Tisch etc. wurde von den Mitarbeitern nicht hineingelassen in das Gebäude, als er, wie vereinbart, eine reichliche Stunde vor Konzertbeginn kam, obwohl er sich als dieser vorgestellt hatte. Er konnte erst mit dem Publikum die Wabe betreten, also zu spät, um rechtzeitig alles aufzubauen und seine Arbeit entsprechend vorzubereiten und durchzuführen.

Damit noch nicht genug: Die Tische, an denen das Publikum saß, waren über und über mit teilweise mehreren Schichten von Getränkeflecken bedeckt, klebrig, unansehnlich, verdreckt. Wir selbst (bzw. unser Assistent für den Merchandising - Tisch) haben vor dem Konzert einen Lappen organisiert und diese Tische geschrubbt, da wir keinem Publikum der Welt zumuten wollen, an derart versifften Tischen zu sitzen.

Eine Entschuldigung seitens Ihrer Mitarbeiter erfolgte weiterhin nicht.

2. Teil

Als ich diese Dinge ansprach kam von den Mitarbeitern der Wabe das zu erwartende Argument: wir sind zu wenig Personal, es gibt kein Geld.

Meine Antwort mag hart klingen, aber es ist die einzig logische: Wenn Sie so arbeiten, haben Sie es verdient, dass Ihnen sämtliche Subventionen gestrichen werden und die Wabe in private Trägerschaft übergeht!


Es gibt hunderte Beispiele, wie man mit wenig Geld und wenig Personal, auch und gerade völlig ohne Subventionen, engagierte Kulturarbeit machen kann. Es gibt Kleinveranstalter, die mit Herzblut und Liebe zur Kunst Konzertreihen, Galerien, Veranstaltungsorte professionell am Laufen halten. Aber dazu braucht es eben genau das: Engagement für die Sache. Wer Kunst und Kultur macht, egal ob als ausübender Künstler oder als Veranstalter, sollte dies mit Herz tun. Ansonsten ist er am falschen Platz!

Die Zeiten haben sich geändert. Für Dienst nach Vorschrift und uninteressiertes "Abarbeiten" von Kulturgeldern gibt es heute keinen Platz mehr!

Die Wabe ist ein einzigartiger Raum mit großartigen Möglichkeiten. Würde si mit Liebe und Engagement geführt, könnte sie sich in Berlin zu einer ebenso gefragten Institution entwickelt haben wie die Bar jeder Vernunft, das BKA Theater oder die Kulturbrauerei.

Vielleicht wird das auch eines Tages geschehen. Bedauerlich wäre allerdings, wenn dies erst geschähe, nachdem die Wabe von einem privaten Investor übernommen und zu einem in erster Linie kommerziell orientierten Ort mit profitversprechendem Programm und austauschbaren Werbeslogans umstrukturiert wurde. Ich hoffe, dass es anders gelingen wird, denn die Wabe hat es verdient und sie hat alle Voraussetzungen dafür, alle, außer eben der eines engagierten Betreibers.

Ich würde mich freuen, wenn es gelänge, trotz Förderung, trotz Anbindung an das Kulturamt, einen Ort für Kunst und Kultur zu schaffen, der für die Besucher wie die auftretenden Künstler gleichermaßen attraktiv ist.

Es ist schwer begreiflich, dass so etwas ohne Förderung vielerorts möglich ist, in dem Moment aber, wo die Verantwortung bei offiziellen Stellen liegt und Geld (wenn auch nicht viel) vorhanden ist, nicht geht.

Meine Ideen für eine Entwicklung der Wabe stelle ich Ihnen gern zur Verfügung. 

Als Musiker werde ich jedoch bei Ihnen nicht wieder auftreten, solange das Management nicht verbessert wird. Denn das, was ich erlebt habe, lässt derzeit nur einen Schluss zu, mithin einen recht traurigen: auch wenn in der Regel Geldmangel, Sparzwänge und politische Entscheidungen für die Defizite der öffentlich geförderten Kultur verantwortlich gemacht werden, so ist doch ein dritter, ebenso wesentlicher Punkt nicht zu vergessen: eine der größten Gefahren für Kunst und Kultur geht von der "Dienst nach Vorschrift" - Mentalität mancher Verantwortlicher aus.

 

Mit freundlichen Grüßen - C. René Hirschfeld

 

Nachsatz:

Für das Publikum am 5. Mai war es dennoch ein schöner Abend, wie man nicht nur dem starken Beifall sondern auch den CD-Verkäufen und persönlichen Gesprächen entnehmen konnte.

Wir schön wäre es gewesen, wenn auch die Veranstalter versucht hätten, das Ihre beizutragen.

 

C. René Hirschfeld - Geiger, Komponist

C. R. Hirschfeld - Homepage

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