Die ersten drei Staffeln - Dr. House und seine "Ducklings", das erste Team.

Die ersten Staffeln sind mein Favorit. Tolle, spitzzüngige Dialoge, nachvollziehbare Geschichten und medizinisch interessante Fälle: alles so neu, frisch, und unkonventionell und ganz anders als die "Schwarzwaldklinik" oder "Emergency Room".

"Dr. House" ist keine Krankenhausserie im gewöhnlichen Sinn - aber, obwohl der brillante Diagnostiker Dr. House bereits zu Beginn seit circa fünf Jahren am Stock geht, auf dessen Gebrauch er seit einem Muskelinfarkt angewiesen ist, und laut eigener Angaben Patientenkontakt scheut, zeigt er durchaus (versteckte) Gefühle. Und zwar nicht für seinen Busenfreund und Kollegen Dr. James Wilson, sondern für sein junges Team - den australischen, nach einer Vaterfigur suchenden Intensivisten (bei uns gleichbedeutend mit Internist) Robert Chase, dem ehrgeizigen Ghettokid und Neurologen Eric Foreman (den Dr. House wegen seiner "Einbrecherqualitäten" eingestellt hat), und der selbstgerechten Immunologin Allison Cameron. Letztere hofft auf mehr, doch Dr. House weist sie bei jedem Versuch von Avanchen brüsk ab. Die beiden "Buben" ziehen eher unfreiwillig seine Neugier auf sich und sind daher interessanter als die geschwätzige, oft ungeschickt und inkompetent wirkende Cameron.

Mehrmals zieht Dr. House Foreman damit auf, dass er wie er sei, und tatsächlich bevorzugen beide dieselbe Sportschuhmarke und gehen häufig rücksichtslos an Patientenfälle heran, um ihr Ziel zu erreichen: die Lösung des medizinischen Rätsels.

Als ehemaliger Klosterschüler ist Chase ein stilles Wasser, manchmal aber unberechenbar und risikobereit und daher von vorneherein eine Herausforderung für Dr. House. Wie der Protagonist besitzt er ein gespaltenes Verhältnis zu seinem Vater, der die Familie sitzen ließ, als die Alkoholsucht der Mutter überhand nahm. Außerdem betet er seinen Boss an, stellt keine Entscheidung von ihm in Frage und kommt ihm sogar auf persönlicher Basis ein wenig näher, indem er als einziger in Dr. House' Gegenwart Gefühle zeigt, als dieser vermeintlich an einem Gehirntumor sterben wird. Die unsentimentale Umarmung in "Half-Wit" (dritte Staffel) gehört für mich zu den schönsten und bestgespielten der Fernsehgeschichte.

Chase: "I'm going to hug you. Anything to say?"

House: "If you consider grabbing my ass don't start anything you can't finish".

Das erste Team mit Wilson und Cuddy

Staffel 4 - 7 / Anfang 8. Staffel - Ein neues Team und "Huddy" - Dr. House bandelt mit Cuddy an.

Nach drei Jahren werden Chase, Cameron und Foreman gefeuert bzw. in andere Abteilungen des Hospitals in New Jersey untergebracht. Ich weiß nicht, wozu das gut war, denn das neue, abgebrühte Team ("Lara Croft" Olivia Wilde, Peter Jacobson und Kal Penn, der bald per Harakiri aus der Serie scheidet) bleibt blass. Olivia Wilde übernimmt die Rolle einer Mary Sue, mit der sich viele junge Zuschauerinnen identifizieren und wünschen, so hot und smart zu sein wie sie. Der klein gewachsene, von langweiligen Eheprobleme gebeutelte Schönheitschirurg Taub (Peter Jacobson) wird zur Zielscheibe von Dr. House' Spott, und der Star Wars- versessene Kutner/Kal Penn folgt dem Ruf Barrack Obamas als dessen Pressesprecher.

Die Beziehung Wilson-House, die bis hierhin sehr amüsant und hintersinnig das Drama der Serie aufgelockert hat, wird selbst zu einem und Wilson zu einem unverbesserlichen Spielverderber. Überhaupt stehen alle Zeichen auf Sturm: Dr. House verliert sein altes Team, seinen Verstand und somit sein "Mojo" und lässt sich in eine Irrenanstalt einweisen. Dort kümmert er sich um einen verwirrten jungen Mann und beginnt eine Psychotherapie, die nach anfänglichen zögerlichen Erfolgen ein Schuss in den Ofen war, wie die weiteren Staffeln beweisen, in denen House immer mehr von seiner kindischen statt genialistischen Ader übermannt wird.

Der Anfang vom Ende markiert "Huddy" - die von Fans so bezeichnete "Liebes"-Affäre zwischen House und der Klinikverwalterin Dr. Lisa Cuddy (Lisa Edelstein), die echt ein heißer Feger war, bevor sie Dr. House ihre Liebe gesteht. Alles jubelt, wenn sich die beiden im Bett miteinander wälzen, doch auf anderen Gebieten haben sie sich wenig zu sagen. So ist es auch kein Wunder, dass beide an ihrem jeweiligen Stursinn scheitern, Wilson als Huddy-Flüsterer versagt und Dr. House sich mit grimmigem Lächeln auf eine einsame Insel verzieht, um in Ruhe seine Wunden zu lecken. Nicht ohne vorher Cuddy nochmals ordentlich gedemütigt und sein Auto in ihre Hauswand gefahren zu haben.

Aufgrund der Empörung der Zuschauer landet Dr. House zu Beginn der achten Staffel im Gefängnis und wird wie ein Schwerverbrecher behandelt. Ausgang gibt's nur mit Fußfessel und schwulem Girlie-Armbändchen. Doch der neue Krankenhaus-Chef Foreman, der Cuddy abgelöst hat, braucht eben hin und wieder einen klugen Kopf, sprich Dr. House. Der braucht sein altes Team, um zu Höchstleistungen angespornt zu werden, und außer Cameron/Jennifer Morrison und Cuddy/Lisa Edelstein, die die Serie endgültig verlassen haben, kehrt seine berufliche Familie wieder zurück.

"Huddy"

Bisher keine nennenswerte Veränderung zum alten Niveau - Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Besonders vielversprechend war der Auftakt nicht, und auch die Ratings in den USA lassen zu wünschen übrig. Vermutlich wird die achte Staffel die letzte sein, da auch Hugh Laurie ziemlich gelangweilt und unzufrieden wirkt mit der Entwicklung, die seine Figur durchgemacht hat.

Als Fan betrachte ich das nahende Ende von "House MD" mit zwei weinenden Augen. Trotz sinkender Qualität und Quoten und meiner Kritik hätte ich mir mehr Staffeln gewünscht. Es hätte ja wieder besser werden können. Ich werde Hugh Laurie als Dr. House vermissen, aber besonders Jesse Spencer als Dr. Chase, der gerade dabei ist, sich ein Renommee als Surfer zu erarbeiten. Denn der sah nicht nur klasse aus, sondern hat viel dazu beigetragen, die Serie auf ihrem anspruchsvollen Niveau zu halten.

Nein, ich möchte kein schwarzes, deprimierendes Ende. Schön fände ich, wenn der misanthropische Dr. House doch noch sein Glück finden würde statt das, worauf er allen Erwartungen zufolge zusteuert - ich wünsche mir eine richtige Überraschung und ein Schluss, der für alle Hauptcharaktere gut endet.

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