Dr. House und sein Erfolgsrezept
Hartgesottene Zuschauer von Dr. House bevorzugen die Folgen von Staffel 1 - 3 mit dem ersten Team Chase, Cameron und Foreman. Warum ist das so?Das Konzept der ersten drei Staffeln...
Dr. House bzw. House M.D. ist eine der beliebtesten Fernsehserien weltweit und hat es sogar ins Guiness Buch der Rekorde geschafft. Verfolgt man die Einschaltquoten und das sogenannte Fandom, lässt sich eine steigende Tendenz zu Dr. House's erstem Team bzw. den ersten drei Staffeln feststellen, während ab Staffel 4 die Quoten nachlassen und auch die Fans weniger zahlreich vertreten sind oder sogar den "alten" Zeiten hinterhertrauern. Nicht wenige sind mittlerweile vom Zug abgesprungen und verfolgen nun andere, neuere Serien.
Die Erklärung dafür mag simpel sein: Nachlassende Begeisterung, weil die Sache nicht mehr neu ist, sich eingependelt hat, die Fälle nach Schema F ablaufen oder die Drehbuchautoren und der Dr. House-Erfinder David Shore einfach die Lust verloren haben.
Doch ich meine, dass der Erfolg der ersten Jahre vor allem der Interaktion von Dr. House und seinen damaligen Schülern zu verdanken ist, die in der Diagnostikabteilung eine Art Praktikum absolvieren und Dr. House mehr oder weniger freiwillig als ihren Mentor akzeptieren. Das Spannende dabei: Jeder der doch sehr unterschiedlichen Charaktere reflektiert und repräsentiert hervorstechende Merkmale und Eigenschaften der Hauptfigur. Dr. House und sein Team ergänzen sich auf ideale Weise, und außerdem merkt man Hugh Laurie/Dr. House den Spaß an, den er im Umgang mit den jungen Schauspielern hatte. Die Chemie stimmte einfach und kam mit dem nächsten, abgeklärten Team nicht wieder.
Selbst das ausgewechselte Team der achten Staffel, bestehend aus Dr. Robert Chase, Dr. Chris Taub und den "Frischlingen" Dr. Jessica Adams (Nebenberuf Superbabe) und der Asiatin Chi Park (Nebenberuf Elternunterdrückte) bringt nicht den selben Schwung in die Serie wie ehemals die "Kids" von Dr. House.
Dr. Robert Chase - Beobachter und Querdenker
Der kreativste und auch risikofreudigste ist ohne Zweifel der Australier Dr. Robert Chase (Jesse Spencer). Bei Kollegen eher unbeliebt und ungerechterweise oft als "Brown Noser" (Trittbrettfahrer) und "Asskisser" verunglimpft (selbst von Dr. House persönlich), geht er unbeirrt seinen eigenen Weg und zieht Schlüsse in Bezug auf die nebulösen Fälle, die sich später meist als richtige Fährte erweisen. Mit den Diagnosen und unorthodoxen Behandlungsmethoden ist er häufig einverstanden, da er und Dr. House eine ähnliche Denkweise haben. "He thinks outside the box", verteidigt er seinen Chef bewundernd gegenüber Cameron und Foreman und erntet dafür wieder aufs Neue den Ruf des Schleimers. Armer Chase, wissen die Kollegen ja nicht, dass er sich neben einer glatten beruflichen Karriere auch eine Vaterfigur wünscht, die er in Dr. House sehen will. Mt seinem eigenen Vater hat er sich überworfen, und wurde zu allem Unglück vor dessen ihn überraschenden Tod auch noch enterbt.
Dr. House begegnet Chase mit Sarkasmus, aber er kann auf seine Art sehr nett zu ihm sein. Zum Beispiel indem er sich für seine Privatangelegenheiten interessiert und ihn unbedingt im Team zurück haben will, nachdem er ihn gefeuert hat, weil er als längster im "Dr. House"-Team ausgelernt hat. Oder überhaupt nichts.
Chase besitzt eine Dr. House ebenbürtige Menschenkenntnis, von der Dr. House genauso wie die Kollegen profitieren. In den ersten Staffeln fällt auf, dass er Dr. House und seine privaten Gepflogenheiten besser kennt und einschätzen kann als Cameron und Foreman. Auch die Motive und Wesenszüge seiner Kollegen durchschaut er verblüffend schnell. Wenn es sein muss und sein Wohl davon abhängt, schlägt er daraus Kapital wie Dr. House. Darüber hinaus teilt er dessen Hang zu technischen Spielereien und verurteilt als einziger nicht seinen Drogenkonsum, da er als Sohn einer alkoholabhängigen Mutter aufwachsen musste. Er ist es, der Vicodin-Rezepte für Dr. House ausschreibt, wenn Dr. Wilson sich verweigert.
Dr. Allison Cameron - Die selbstgerechte Neugier
Die Immunologin Allison Cameron (Jennifer Morrison) verkörpert die neugierige, beharrliche und (bei Dr. House weniger ausgeprägte) selbstgerechte Seite des Titelhelden. In ihrem Drang, jeden zu entlarven, sich in persönliche Belange des Patienten zu mischen und die Wahrheit zu erzwingen, ist sie schon beinahe eine Karikatur von Dr. House. Wo Dr. House allerdings Zurückhaltung übt, wenn er sich auf sozialer Ebene unsicher fühlt oder sich mit dem Dilemma des Patienten identifiziert, hält Cameron Standpauken über Ehrlichkeit und Moral. Mitunter geht der Schuss dabei nach hinten los: alles, was nicht in ihr Weltbild passt, wird entweder zu ihren Bedingungen zurechtgebogen oder verurteilt. in gewisser Weise spiegelt sie die Grundhaltung von Dr. House wider, wenn auch auf recht ungeschickte und zuweilen unerträglich selbstgerechte Art.
Dr. House bezeichnet sie höchst ungalant als "Circle Queen", jemand, der Andersdenkende in seinem Dunstkreis nur schwer ertragen kann und verändern will, wenn sie es wagen, den Kreis zu durchbrechen. Auch Foreman kommt ihr häufig auf die Schliche und zieht sie damit auf, doch sie pocht darauf, dass sie für alle nur das Beste will.
Sie leidet unter einem "Helfer-Syndrom", das sich auch bei Dr. House trotz aller demonstrierten Gleichgültigkeit nicht leugnen lässt. Bei ihm selbst beißt sie damit regelmäßig auf Granit, was dazu führt, dass sie nach einer rein physischen Beziehung mit Dr. Chase diesen schließlich nach hartnäckigem, aber romantischem Werben heiratet. Doch als der ernsthaft in der Klemme steckt und ihr die unbequeme Wahrheit beichtet, trennt sie sich von ihm und dem Team mit der Begründung, Dr. House's Einfluss vergifte ihn. Als sie später die Scheidungspapiere unterzeichnet, gesteht sie Chase, "zu kaputt zu sein, um lieben zu können." Das kennen wir irgendwie von Dr. House.
Dr. Eric Foreman - Arrogant und rücksichtslos - aber nicht langweilig!
Ehrgeizig, ein bisschen humorlos und von sich selbst und seinen Fähigkeiten mal mehr und mal weniger überzeugt - das ist Dr. Eric Foreman (Omar Epps). Als Afroamerikaner aus dem Ghetto musste er sich seine Sporen sauer verdienen und ist daher ein wenig eifersüchtig auf Dr. Chase, dem laut Foreman alles in den Schoß gefallen ist.
Er teilt Dr. House's Besessenheit, Rätsel um jeden Preis lösen zu wollen und findet Selbstwertgefühl und Erfüllung in seinem Beruf wie Dr. House. Für ein Ergebnis, das ihm Anerkennung und Respekt einbringt, setzt er einen zehnjährigen Jungen barbarischer Prozeduren aus und schämt sich hinterher angesichts seiner Handlungsweise, die der von Dr. House immer ähnlicher wird. Und ein zweiter Dr. House will er auf keinen Fall sein!
Dr. House weiß es allerdings besser: "You've been like me since you were eight years old", ist sein einziger Kommentar auf Foremans Befürchtung, so zu enden wie sein Chef. Er bleibt als einziger der drei permanent in Dr. House's Reichweite und bekommt gelegentlich Führungspositionen angeboten, die ihn nach anfänglichem Enthusiasmus jedoch überfordern. Vielleicht braucht er einfach noch drei oder vier Jahre, um wie Dr. House zu werden.
Trivia
- Jesse Spencer und Jennifer Morrison waren auch privat von Beginn der Dreharbeiten 2004 bis 2007 ein Paar. Ironischerweise verlief ihre Beziehung ähnlich wie die ihrer Rollen Chase und Cameron. Als sich Morrison von Spencer trennt und er sehr darunter leidet, macht Hugh Laurie ihm das Boxen schmackhaft und stellt ihn als Musiker und Sänger der "Band from TV" vor, mit der beide in unregelmäßigen Abständen für wohltätige Zwecke auftreten.
- Omar Epps ist ein guter Freund von Dr. House-Erfinder David Shore und muss sich bis zum Ende der Serie keine Sorgen um seinen Job machen: er ist auf jeden Fall bis zum Finale dabei. Was Krankenhausserien angeht, ist er ein alter Hase: Erste medizinische Kenntnisse sammelte er als Dr. Dennis Gant in der US-Serie Emergency Room.