... Du nicht mehr alle Kabinen inspizierst, bevor Du zur Toilette gehst

Man soll ja nicht nur lästern. Deshalb fang ich mal mit dem Positiven an.

Wenn ich in mediterranen Ländern auf einer Raststätte zur Toilette muss, dann begutachte ich vorher sämtliche Kabinen. Welche ist die relativ sauberste? Gibt es auf einer von ihnen Toilettenpapier? In den meisten ist für gewöhnlich keines, aber manchmal ist in einer entlegenen Kabine doch noch welches zu finden.

Ich weiß, ich bin in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, wenn ich einfach die nächste Toilettentüre öffne und hineingehe, ohne vorher alle genau inspiziert zu haben.

Kein Witz: Wir kamen aus dem Frankreich-Urlaub zurück und bogen in die erste Autobahnraststätte in Deutschland ein. Da stand ein Tankwart mit der Trillerpfeife in der Auffahrt und dirigierte die Autos, die zu den Tanksäulen wollten.

Ich glaube, überall anders auf der Welt überlässt man das den Autofahrern und Murphys Gesetz. Wir fühlten uns jedenfalls sofort in Deutschland angekommen.

Welch erstaunliche organisatorische Leistungen Autofahrer vollbringen, wenn man sie einfach nur sich selbst überlässt, zeigen immer wieder Aufnahmen aus Indien. Zwar muss man fairerweise dazusagen, dass Indien eine ziemlich hohe Unfallquote hat. Andererseits kann man sich manchmal nur wundern, dass überhaupt jemals jemand da ankommt, wo er hinwollte. Und viel passieren kann bei dem Tempo wohl auch nicht.

Automobile Arriving from the Eastern Sector of Berlin Being Halted by West Berlin Police (Bild: Ralph Crane)

... die Autofahrer vorschriftsmäßig blinken ...

In südlichen Ländern blinken Autofahrer, wenn sie überholen oder links abbiegen wollen. Ob sie nach rechts abbiegen oder nicht, das geht den Hintermann ihrer Ansicht nach offenbar nichts an und braucht ihn nicht zu interessieren. Warum auch?

In Griechenland und Spanien ist es bei einer anderen Gelegenheit üblich, den rechten Blinker zu betätigen: Man will dem Hintermann damit signalisieren, dass er gefahrlos überholen kann. Bei kurvigen Straßen ist das eine echte Hilfe, zumal wenn man hinter einem qualmenden, stinkenden Lastwagen festhängt, der einem die Sicht versperrt.

Allerdings sollte man sich nicht blindlings darauf verlassen. Griechische und spanische Autofahrer haben manchmal andere Vorstellungen von gefahrlosem Überholen als deutsche. Aber man kann es durchaus als Anregung nehmen, doch einmal ein wenig nach links zu ziehen und die Lage zu peilen.

... und bei Rot stehenbleiben

Eine rote Ampel wird nicht überall so ernst genommen wie in Deutschland. Französische Autofahrer betrachten sie in etwa so wie ein Deutscher ein Stoppschild. Sie nähern sich ihr vorsichtig, halten Ausschau nach Autofahrern von links und rechts sowie nach Fußgängern, die eventuell die Straße überqueren wollen. Wenn von beidem nichts in Sicht ist, dann fahren sie ungerührt weiter.

Von einem deutschen Autofahrer hingegen wird berichtet, er habe die Nacht vor einer roten Ampel verbracht, weil die Anlage defekt war. Ich halte das für ein Gerücht. Vermutlich werden es allenfalls knappe zwei Stunden gewesen sein.

A Bargain is Struck, Friday Cheese Auction, Alkmaar, Holland (Bild: Michael Short)

Gelegentlich fahre ich gerne einmal nach Holland. Und wenn ich dort bin, dann esse ich auch jungen Gouda und holländische Tomaten. Es wird jeden verwundern, der es nicht selbst ausprobiert hat, aber: In Holland schmecken sie nach etwas. Ja, auch der junge Gouda.

Auch in anderen Ländern habe ich schon Gouda gegessen, der einen Anflug von Eigengeschmack hatte. Nur in Deutschland noch nicht.

Man hat ja allgemein den Eindruck, dass die Holländer nichts gegen Deutsche haben - es sei denn, natürlich, dass es um Fußball geht. Aber wenn man sich ansieht, welchen Käse und welche Tomaten sie nach Deutschland schicken, dann kommt man doch ins Grübeln.

... Du das Gefühl hast, dass Lächeln extra kostet

Gut, das ist jetzt nicht überall so. Es gibt auch in Deutschland freundliche, hilfsbereite Verkäuferinnen und Kellner. Aber offenbar selten in Autobahnraststätten. Da ist der Kontrast zu den fröhlichen, aufgeschlossenen und entspannten Menschen schon manchmal sehr groß, mit denen man es im Urlaub zu tun hatte.

Und hat schon mal einer einen Feldversuch gemacht, was passiert, wenn man in einem deutschen Lokal oder einer Raststätte einfach nur um ein Glas Leitungswasser bittet? In anderen Ländern habe ich das bei Bedarf durchaus schon getan. In Deutschland würde ich mich nicht trauen.

Über den Kaffee brauchen wir kein Wort zu verlieren. Deutscher Kaffee ist der Rede einfach nicht wert. Nicht von ungefähr werden in Deutschland ausländische Kaffeespezialitäten getrunken. Und Ketten wie Starbucks finden hier ein gutes Absatzgebiet, weil ihr Kaffee einfach besser ist als unserer; in mediterranen Ländern konnte Starbucks sich nicht durchsetzen. Da gibt es einheimische Kaffees, gegen die so schnell keiner ankommt.

Aber warum, frage ich mich, warum ist der Salat auf der einen Seite der Grenze knackig und frisch und schmeckt nach was - und ein paar Meter weiter auf der anderen Seite ist er labberig und völlig geschmacksfrei? Muss das sein? Gibt es da einen Grund für?

Was auch relativ geschmacklos ist, ist Bockwurst. Und trotzdem: Wenn ich aus dem Urlaub zurückkomme, esse ich auf der ersten deutschen Autobahnraststätte regelmäßig eine Bockwurst. Fragt mich nicht, warum. Ich weiß es nicht.

Kaffee (Bild: 8412279)

... Autofahrer verkappte Oberlehrer sind

Ich muss noch mal auf die Autofahrer zurückkommen. Woanders auf der Welt arrangiert man sich im Straßenverkehr. In Deutschland setzt man Regeln durch. Selbst diejenigen, die sie selbst gern mal ein bisschen übertreten, achten doch sorgfältig darauf, dass sie von allen anderen eingehalten werden.

Woanders hupt man, um einander zu begrüßen oder auf sich aufmerksam zu machen; in Deutschland, um den anderen auf einen Fehler hinzuweisen.

Woanders geht man ein wenig vom Gas, wenn man überholt wird; in Deutschland fährt man extra schneller.

Und nur in Deutschland ist es mir passiert, dass ich eine wenig befahrene Straße überqueren wollte und der nächste Autofahrer Gas gab und auf mich zusteuerte. Fast hätte er den Bordstein gestreift in seinem Eifer, es mir mal so richtig zu zeigen.

... Kinder als Störenfriede empfunden werden

Kind in griechischem

Wer mit kleinen Kindern im Ausland war, hat sich daran gewöhnt, dass seine Lieblinge umhätschelt wurden. Wenn sie mit im Restaurant waren, wurden sie zuvorkommend bedient, durften spielen, die Katze des Hauses streicheln und dabei sogar gelegentlich Geräusche von sich geben. Wildfremde Menschen haben freundlich mit ihnen geredet. Die Kinder kamen mit Eistüten an, von denen ihre Eltern nicht wussten, wer sie bezahlt hatte.

Sobald sie in Deutschland sind, erhebt sich ein missbilligendes Zischeln bei jedem Ton, den sie hören lassen. Erwachsene wollen nicht von ihnen angesprochen werden und nichts mit ihnen zu tun haben.

Es würde mich nicht wundern, wenn wir Deutschen demnächst aussterben. Aber wer bringt dann allen anderen das Autofahren bei?

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