Naturgemäß steht bei diesem Thema über allem die Frage: Verspeisten die Leute früher keine weichen Frühstückseier? Doch. In Ermangelung eines Eierbechers wurde das Ei jedoch nicht auf die uns gewohnte Weise genossen.

Vielmehr wurde das Ei hingelegt, die Schale seitlich aufgeschlagen und das Innere mit länglichen Brotstücken ausgelöffelt. Zumindest in hiesigen Breiten, denn in anderen Ländern waren Eierbecher verbreiterter, wenn auch meist in wohlhabenden Haushalten oder in Adelskreisen. Ob es hierbei auch zu Diskussionen über die Länge des Eierkochens gekommen ist, wie in Loriots wohl berühmtesten Sketch?

Luxusartikel Eierbecher wird zur Massenware

Keine Probleme, das gekochte Ei am Davonrollen zu hindern, hatte Donald Duck in der 1949 erschienenen Geschichte "Im Land der viereckigen Eier" (Originaltitel: "Lost in the Andes"). Wie der Titel anklingen lässt, legen eckige Hühner quadratische Eier. Eine höchst praktikable Lösung. In der Realität neigt das Ei jedoch zum Rollen, weshalb sich bereits die alten Römer mit Eierbechern beholfen haben, wie etwa Ausgrabungen in Pompeji – gleich zweifach in Mitleidenschaft gezogen, erst durch den Vesuv, zweitausend Jahre später durch Paul W. Andersons langweiliges Historien-Liebesdrama – oder Mosaike belegen.

Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches dauerte es bis ins Mittelalter, ehe Eierbecher wieder Einzug in vornehme Anwesen hielten. Ähnlich anderen Statussymbolen wie prunkvollen Kutschen oder edelstem Tafelgeschirr und Silberbesteck, sollten auch die Eierbecher vom Reichtum der Besitzer zeugen. Zunächst waren Eierbecher meist aus den Edelmetallen Gold und Silber gefertigt. Als im Spätmittelalter chinesisches Porzellan nach Europa schwappte, musste auch das Tafelgeschirr aus Porzellan bestehen, um gewissermaßen dazuzugehören. Mit der Entstehung der europäischen Porzellanmanufakturen - die erste und bis heute berühmteste entstand in Meißen – wurden Eierbecher verbreiterter und fanden sich auch in gutbürgerlichen Haushalten.

Doch erst die industrielle Fertigung von Porzellan im 20. Jahrhundert machte Eierbecher zum für alle erschwinglichen Massengut. Ob edel designt oder schnörkellos einfach gehalten: Kaum ein Haushalt kommt ohne Eierbecher aus.

Mit der rasend schnellen Verbreitung von Kunststoffprodukten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wurden Eierbecher noch günstiger und konnten in fast jede beliebige Form gegossen werden. Die an den Tag gelegte Kreativität kannte und kennt kaum Grenzen. Mit der "Star Wars"-Manie Ende der 1970er Jahre und der verblüffenden Erkenntnis, dass sich mit Merchandising oftmals sogar noch mehr Geld als mit den Filmen selbst machen ließ, wurden auch diverse popkulturelle Phänomene in Eierbecherform gebracht. Ob man derlei Kreationen witzig oder scheußlich findet, ist natürlich Ansichtssache. Ein netter Gag für Fans bestimmter Filmserien oder Kultobjekten wie alten Volkswagenmodellen sind sie allemal.

Man muss sie ja nicht unbedingt benützen. Schon zu früheren Zeiten wurden Eierbecher manchmal lediglich als Dekorationsgegenstand zum Präsentieren und sich daran erfreuen betrachtet.

Zumindest einmal im Jahr werden bevorzugt im deutschsprachigen Raum die Eierbecher weggeräumt, nämlich zu Ostern, wenn es heißt: Jetzt werden die Ostereier getitscht! Oder gestoßen. Oder gepeckt. Der Varianten, wie die Schalen der Ostereier auf spielerische Weise zerschlagen werden, gibt es viele. Außerhalb Europas ist dieser Brauch nahezu unbekannt und dürfte nichteuropäische Zuseher verwundern:?

Osternest (Bild: https://pixabay.com)

Weshalb schlagen erwachsene Menschen ihr Ei gegen das Ei eines anderen? Andererseits war etwa der Valentinstag bis vor wenigen Jahrzehnten in Europa außerhalb von Hollywoodfilmen praktisch unbekannt und sorgte auch hierzulande für Verwunderung.

Und wie sollte das Ei nun im Eierbecher stehen, mit der Spitze nach oben oder unten? Das ist reine Geschmackssache. Im Kühlschrank sollten rohe Eier allerdings mit der Spitze nach unten gelagert werden, da sich die Luftkammer am stumpfen Ende befindet und die Luftblase naturgemäß nach oben steigt. Dadurch kann sich die schützende Haut ablösen und bietet Angriffsfläche für schädliche Keime, die das Ei ungenießbar machen. Und das wäre doch schade bei einem Lebensmittel, das nicht nur beim Kochen und Backen vielseitige Verwendung findet, sondern mit dem man an Ostern auch seinem Spiel- und Zerstörungstrieb freien Lauf lassen kann.

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