Achtung!

Dieser Artikel setzt ein gewisses Verständnis grundlegender Ton-/Audiotechnik voraus!

Er ist für Personen gedacht, die bereits eine ungefähre Vorstellung von Klangsynthese haben und dieses Wissen ein wenig vertiefen wollen.

1. Additive Synthese

Die additive Synthese basiert auf der Zusammensetzung von Klängen, aus unendlich vielen Sinusschwingungen. Hierbei werden aus einfachen Wellenformen wie Sinus, Sägezahn oder Dreieck neue, komplexere Wellenformen generiert. Die additive Synthese ist eine der ältesten Syntheseformen. Sie wurde bereits bei Pfeifenorgeln angewandt, wo mittels der Register, die Klänge der verschiedenen Orgelpfeifen zusammengemischt werden konnten. Viele der modernen spektralen Synthesemodelle machen sich die additive Synthese zu Nutze.

Für die Erzeugung komplexer Wellenformen wird eine große Anzahl von Oszillatoren benötigt. Diese müssen auf jeden Fall in Frequenz und Amplitude, im Idealfall auch in der Phasenlage, kontrollierbar sein. Um eine realistische Nachbildung natürlicher Töne zu ermöglichen wird für jeden Oszillator auch eine Hüllkurve benötigt. Die Parameter der Oszillatoren werden nun moduliert, um so Klangverläufe zu erzeugen. Die manuelle Einstellung erweist sich jedoch als zunehmend komplizierter umso größer die Anzahl der gewünschten Obertöne ist, da mit ihr auch die Zahl der notwendigen Oszillatoren steigt. Oft werden sich bei der additiven Synthese auch Rauschgeneratoren zu Nutze gemacht, da weißes Rauschen ein besonders dichtes Frequenzspektrum aufweist. Softwareanwendungen ermöglichen es, bereits aufgenommenes Audiomaterial zu analysieren und danach automatisch zu synthetisieren. Dieser Prozess bedarf jedoch große Rechenkapazitäten und wird somit für viele Heimanwender unbrauchbar.

2. Subtraktive Synthese

Die subtraktive Synthese sieht die Nutzung von Filtern vor, um das Frequenzspektrum eines Signales zu verformen. Der Filter hebt oder senkt die gewählten Frequenzbereiche. Diese Methode erzielt besonders dann gute Ergebnisse, wenn das Ausgangsmaterial ein breites Spektrum abdeckt. Dadurch können sowohl natürliche, als auch völlig neue Geräusche erzeugt werden. Neben den bekannten High-, Low- und Bandpass-, sowie Shelving-Filtern, findet bei der subtraktive Synthese auch der Kammfilter Anwendung, der außerhalb der elektronischen Musik eher selten zum Einsatz kommt. Die Parameter sind Zeitvariabel, wodurch sich Filter- und Resonanzverläufe sowie Phasenveränderungen erzeugen lassen.

Wie auch bei der additiven Synthese ist es auch hier möglich, Audiomaterial zu analysieren um es mit Hilfe der errechneten Parameter zu synthetisieren.

Die Wissenschaft beschäftigt sich unter anderem mit der Entwicklung von Werkzeugen zur Modellierung vokaler Laute und Sprache, wofür sich die subtraktive Synthese besonders gut eignet. Da man sich hierbei weniger auf die Nachbildung der Laute selbst, sondern vielmehr des menschlichen Vokaltraktes konzentriert, könnte man die subtraktive Synthese auch zu den physikalischen Synthesemodellen zählen. Allerdings eignet sich diese Syntheseform ebenso um Instrumente nachzubilden, die, sich langsam verändernde Resonanzsysteme haben.

In der Synthesizertechnik, ist die subtraktive Synthese in vereinfachter Form sehr populär. Hier werden Obertonreiche Wellenformen durch Filter (meist Tiefpass-Filter) geschickt um so das Spektrum des Signals zu verformen. Früher waren diese Filter noch analoge Bauteile, heute jedoch, sind sie funktionieren sie fast ausschließlich auf digitaler Ebene. Mit diesen Geräten ist es jedoch kaum möglich, Naturinstrumente realistisch zu simulieren,.

3. Spectral Modelling Synthese

Die Spectral Modelling Synthese, im Folgenden SMS genannt, wurde 1990 erstmalig von Xavier Serra und Julius Smith entwickelt. Die SMS ermöglicht die Modellierung von sinusoidalen Signalen, die in der Zeit variieren. Dazu wird das Frequenzspektrum analysiert und in bestimmbare und zufällige Komponenten aufgeteilt. Die bestimmbaren Komponenten werden, mittels über die Zeit variierenden Sinusfunktionen simuliert, die über Amplituden- und Frequenzhüllkurven kontrolliert werden. Das erzeugte Signal wird mit dem Original verglichen (eigentlich subtrahiert), um so den Signalanteil zu bestimmen, der nicht durch sinusoidale Funktionen generiert werden kann. Dieser Teil stellt die zufälligen Komponenten dar. Diese werden mit einem Rauschgenerator erzeugt. Er generiert ein weißes Rauschen, dass durch einen, langsam über die Zeit variierenden Filter geschickt wird. Mit stückweiser, linearer Approximation wird die Hüllkurve des Rauschens an die Spektren der bestimmbaren Komponenten angenähert.

Mit der SMS können durchaus brauchbare Ergebnisse erzielt werden. Da jedoch die Parameter für die bestimmbaren Sinusfunktionen auf lineare Amplituden- und Frequenzvariierungen beschränkt sind, können einige Geräusche nicht akkurat modelliert werden. Serra und Smith selbst hoben hervor, dass das Hauptaugenmerk der SMS auf dem Analyse-Algorithmus liegt, der sich sehr komplex darstellt, jedoch mit nur wenigen, intuitiven Parametern gute Ergebnisse erziele. Der Synthese-Part sei sehr einfach gestaltet und wurde mit dem Ziel entwickelt, Echtzeit-Berechnungen auf den damaligen Computersystemen zu ermöglichen.

4. Transient Modelling Synthese

1997 präsentierte Tony Verma eine Erweiterung der SMS: Die Transient Modelling Synthese, im folgenden TMS genannt. Da die SMS Schwierigkeiten mit der naturgetreuen Nachbildung von Transienten hatte, entwickelte Verma TMS als Ergänzung um ein flexibles Modellieren von Attacks (Einschwingzeiten) zu ermöglichen. Da bei der SMS, für die Modellierung nicht bestimmbarer Teile des Signals, weißes Rauschen verwendet wird, dass einen langsam variierenden Filter durchläuft, können die Transienten, die Teil des nicht bestimmbaren Anteils sind, nicht genau nachgebildet werden, vor allem, wenn es sich um schnelle Attacks handelt. Es wurden Versuche unternommen dies zu verbessern. Zum Beispiel wurde versucht, den Restanteil, der aus der Analyse des Audiomaterials hervorgeht, auf Transienten zu untersuchen. Diese wurden dann aus dem Rauschen entfernt, als Samples zwischengespeichert und nach der Filterung des Rauschens wieder hinzugefügt. Dies brachte zwar Erfolge, doch fehlte Verma die Möglichkeit, die Transienten zu beeinflussen.

Um dieses Problem zu lösen, fügte Verma der SMS einen Zwischenschritt hinzu.

 Wie auch bei der SMS wird das Signal auf sinusoidale Funktionen untersucht und synthetisiert. Dieses synthetisierte Signal wird vom Original subtrahiert, um so den Restanteil von Rauschen und Transienten zu erhalten. Dieser Restanteil wird nun analysiert und auf Transienten untersucht. Die Transienten werden mittels Sinusfunktionen synthetisiert und das erzeugte Transientensignal wird vom Restanteil subtrahiert, um das reine Rauschen zu erhalten. Da nun sowohl die sinusoidalen Anteile und das Rauschen, als auch die Transienten in synthetisierter Form vorliegen können diese flexibel verändert werden.

Durch Verwendung von SMS in Kombination mit TMS ist es möglich ein breites Spektrum an Signalen originalgetreu zu modellieren und dabei trotzdem flexiblen Einfluss auf Sinus-, Rausch-, und Transientenanteile des Signals auszuüben. Da die Transienten einzeln behandelt werden können, erzielt die TMS vor allem auch bei Time-Stretching gute Ergebnisse, da die Transienten an derselben Stelle belassen werden können, während Sinus- und Rauschanteil, und damit auch die Obertöne gestreckt werden.

Literaturverzeichnis - Diese Texte finden sich als .pdf in den endlosen Weiten des Internets.

  • Roads, Curtis: The computer music tutorial, Massachusetts, MIT Press, 1996
  • Serra, Xavier/Smith, Julius: Spectral Modelling Synthesis/A sound analysis/synthesis system based on a deterministic plus stochastic decomposition, in: Computer Music Journal, 1990, 14(4), S. 12-24
  • Tolonen, Tero/Välimäki, Vesa/Karjalainen, Matti: Evaluation of Modern Sound Synthesis Methods, Espoo, HUT,1998
  • Verma, Tony/Levine, Scott/Meng, Teresa: Extending Spectral Modelling Synthesis with Transient Modelling Synthesis, in: Journal Computer Music Journal, 2000, Volume 24 Issue 2, S. 47-58
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