"Energielücke" eine "Energielüge"

Die Energiewende im Landkreis Miltenberg zu beleuchten war eine Veranstaltung des SPD-Wirtschaftsclubs, bei der sieben Unternehmer in und aus der Region am bayerischen Untermain über ihre Entwicklungen und Aktivitäten berichteten, die entweder zum Energiesparen beitragen oder Ressourcen regenerativer Energieformen erschließen. Das Thema "Energiewende" brennt unter den Nägeln. Das integrierte Energie- und Klimakonzept für die drei Gebietskörperschaften (die Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg und die Stadt Aschaffenburg) in der Region I wurde vom Kreistag Miltenberg einstimmig verabschiedet und gibt die Leitlinien vor. Doch schon lange bevor die Katastrophe in Fukushima quasi über Nacht ein Umdenken in der Energiepolitik ausgelöst hatte und aktuell Maßnahmen zum Klimaschutz Priorität genießen, waren Unternehmerinnen und Unternehmen im Landkreis Miltenberg aktiv, Konzepte zu entwickeln, um sich von fossilen Energieträgern zu lösen und neue Möglichkeiten Energiegewinnung aus erneuerbarer Energie zu entwickeln. Während der Veranstaltung wurde klar, wie komplex das Thema ist.

Energiewende durch Windenergie Ökostrom
Energiewende mit Windenergie Ökostrom durch erneuerbare Energien

 

Eigentlich sollten die Referenten in 10-minütigen Referaten ihre Unternehmen und Entwicklungen vorstellen. Weil es nicht nur um technische, sondern auch um brisante politische Fragen ging, war diese Zeitvorgabe nicht einzuhalten. Am deutlichsten beleuchteten Markus Krall von der MAGE Sunovation GmbH in Elsenfeld und Karlheinz Paulus (Mainbullau), Vorstandsmitglied der Energiegenossenschaft Untermain, die politische Dimension einer Energiewende. Krall, der mit innovativer Solartechnik eine Vorreiterrolle übernommen hatte, als sich kaum jemand mit Solarstrom beschäftigte, gebrauchte klare Worte. Von einer "Energielücke" sei nicht zu reden, eher von einer "Energielüge", wenn behauptet werde, die Lichter gingen aus. Durch Energie-Einsparung, Steigerung der Effizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energie in einem Energiemix sei das Ziel einer Energieautonomie durch dezentrale Versorgung zu verwirklichen. "Die Welt schaut auf uns", meinte er und wählte das Bild vom Domino-Stein, der angestoßen wird und alle anderen in Bewegung bringt.

Windenergie und nachwachsender Rohstoff Holz - Wertschöpfung aus der Energie-Erzeugung bleibt am Ort

"Die großen Energiekonzerne haben gepennt", so die These von Karheinz Paulus. Die erneuerbaren Energien seien überwiegend in privater Hand, weil die Energie-Riesen zu spät aufgewacht seien und zu lange an der Atomkraft festgehalten hätten. Die Wertschöpfung am Ort zu halten sei neben der Verringerung des CO2-Ausstoßes eine der zentralen Aufgaben der Energiewende. Die Windenergie sei bisher noch die preiswerteste und lukrativste Methode, regenerative Energie zu erzeugen. "Wenn man sich an Windkraft beteiligen kann, ist die Akzeptanz gleich höher", so Paulus, der das Konzept der Energiegenossenschaft Untermain vorstellte. Nicht nur Windenergie, auch andere Projekte, wie zum Beispiel Photovoltaik, werden von ihr im Genossenschaftsmodell umgesetzt, wo sich nicht nur Bürger, sondern auch die beiden regionalen Banken einbringen.

Holz als nachwachsender Rohstoff ist eine weitere Facette der regenerativen Energie-Gewinnung. Hier präsentierten Otto Breunig aus Weilbach als Holzvermarkter und Roland Weber aus Collenberg als Energie-Erzeuger ihre Unternehmen. Breunig stellte voran, dass er ausschließlich Holz aus der Region, aus Spessart und Odenwald, in Mainbullau zu Brennholz verarbeitet, es einem speziellen Trocknungsprozess unterzieht und zum Verbraucher liefert. Roland Webers Unternehmen "Spessart Holz Energie" besteht derzeit noch auf dem Reißbrett, geht aber heuer  in die Genehmigungsphase. Bei Dorfprozelten werden ein Biomasseheizkraftwerk und ein Pelletwerk entstehen, die sich in einer Art Symbiose ergänzen. Im Biomasseheizkraftwerk soll vorwiegend Rest- und Schwachholz verbrannt werden, wobei sowohl Wärme- als auch elektrische Energie frei werden. Davon profitiert nicht nur der Verbraucher durch ein Nahwärme-Netz, sondern auch die Produktion im Pellet-Werk.

Bürgerbeteiligung eine Facette der Energiewende - Erneuerbare Energien als Geldanlage

Energieforum und Energiegenossenschaft
Der Wettbewerb um die Standorte für Windräder ist enorm. Kommerziell agierende Betreiber schicken "Strohmänner" in die Dörfer, um den Eigentümer der Grundstücke, vorwiegend Bauern, Land abzukaufen oder zu pachten, den Gewinn aber selbst einstreichen und die Wertschöpfung abziehen. Sie haben in erster Linie den ökonomischen Nutzen im Auge und nehmen den Kommunen das Heft für eine autarke Energieversorgung aus der Hand. Das Energieforum Miltenberg-Aschaffenburg hat aber gerade die autarke Energieversorgung im Sinn und das Ziel, möglichst zügig eine 100-prozentige Energie-Versorgung aus erneuerbaren Energien umzusetzen. Die Basis hierfür ist eine Energie-Genossenschaft, an der sich alle Bürger in der Region beteiligen können, um die Wertschöpfung in der Region zu halten.

Wasserkraft als erneuerbare Energieform - Innovative Entwicklungen und ihr Beitrag zur Energiewende

Während Dr. Roland Caps aus Hofstetten sich in seinen Werken "Va-Q-tec"  in Würzburg und Kölleda in der Entwicklung und Produktion von Dämmstoffen engagiert, die eine um den Faktor Zehn höhere Effizienz als übliche Dämmstoffe vorweisen und beispielsweise zur Gebäudedämmung, bei Kühl- und Gefriergeräten sowie in der Thermologistik eingesetzt werden, arbeitet Wolfgang Vogler von der OhmEx in Großwallstadt - spezialisiert auf industrielle Elektrowärme - an einer Lösung, zu viel erzeugten Strom zu speichern und in thermische Energie umzuwandeln. Er nannte die Zeitphasen, wo mehr Strom erzeugt wird als benötigt, ein "Luxusproblem". Entwicklungen, die zu einer Energie-Einsparung und Energie-Effizienz beitragen und wichtige Säulen einer Energiewende sind.

Bayerischer Umweltpreis für DIVE-Turbine

Einer ganz anderen Sparte, nämlich der Wasserkraft, widmet sich das Unternehmen Fella Maschinenbau in Amorbach. Gemeinsam mit der Oswald Motorentechnik in Miltenberg wurde hier eine neuartige DIVE-Turbine für kleine Wasserkraftwerke entwickelt, die direkt unter Wasser betrieben wird und sogar bei einer Fallhöhe von nur  zweieinhalb Metern noch effizient arbeitet. Dafür hatte das Unternehmen im Jahr 2009 den bayerischen Umweltpreis erhalten. "Wir müssen selber handeln", sagte Martina Römmelt-Fella, die ihre Firma vorstellte. Dabei zeigte sich zuversichtlich und schloss mit dem Satz "Wir sind hier ein kreatives Zentrum am bayerischen Untermain, wo sich die Firmen mit dem Thema beschäftigen". Insgesamt überzeugten alle Unternehmer, dass die Energiewende in Deutschland realisierbar ist und weiter vorangetrieben werden muss.

Die Energiewende ist möglich - Fragen und Antworten zu erneuerbaren Energien

Die häufig diskutierte Frage der Kosten für Strom und Wärme aus regenerativen Energien als Antwort auf die Energiewende genoss auch beim SPD-Wirtschaftsclub hohen Stellenwert. So wurde gefragt, ob es denn günstiger ist mit Holz als mit Öl zu heizen. Dazu gab es ein klares Ja. Während ein Liter Heizöl 90 Cent kostet, müssen für gleiche Heizleistung an Holz 48 Cent investiert werden. Sehr emotional geführt werde die Diskussion über die Gefahr für den Fischbestand durch Wasserkraftwerke, so das Fazit auf den Einwurf eines Veranstaltungsteilnehmers. Er hatte auf die die Klagen der Fischereiverbände hingewiesen, Fische würden reihenweise von den Turbinen angesaugt und zerstückelt. Es wurde darauf hingewiesen, dass beispielsweise bei der DIVE-Turbine für kleine Wasserkraftwerke die Rechen so dicht seien, dass kaum ein Fisch bis zur Turbine gelange.

Krimifreundin, am 01.05.2012
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