Europa braucht einen besseren Schutz vor Hochwasser
Eine Studie zeigt, dass Karten, die bei Hochwasser, beim Wasserwirtschaftsamt, der Feuerwehr und beim Technischen Hilfswerk, THW, zum Einsatz kommen, oft schwer verständlich sind.Sind die Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser ausreichend?
Hochwasser ist ein Naturereignis, mit dem Bewohner von Flusstälern auch an Oder, Saale, Elbe, Rhein, Main, Ems, Neckar, Isar und Donau rechnen müssen. Extreme Regenfälle im späten Frühjahr und Sommer, lassen, zusammen mit Fönwetter und der Schneeschmelze, auch Flüsse in Sachsen-Anhalt, den Alpen und im Bayerischen Wald über die Ufer treten. Mehr dazu im Artikel: Schneeschmelze, Tauwetter, Hochwasser und Überflutungen
In einigen Jahren entwickelten sich diese Überschwemmungen, wie 1999, 2002 und 2005, zu buchstäblichen Katastrophen, mit Schäden in Millionenhöhe. Klimaforscher gehen von einer weltweiten Zunahme extremer Witterungsereignisse, besonders in Sachsen, aus. Ein ergänzender Artikel: Überschwemmungen im Nordosten kosten in 2011 Erträge und Qualität
Aus diesem Grund stellt sich für Fachleute des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) die Frage: Sind die bisherigen Schutzmaßnahmen ausreichend?
Bild: Das THW pumpte 2002 in und um die Semperoper Wasser ab, THW
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Warum werden Hochwasserkarten benötigt?
Es gibt in Deutschland viele Wasserwirtschaftsämter. 27 von ihnen haben eine eigene Homepage. Die Angestellten der Wasserwirtschaftsämter haben viele Aufgaben. Im Bereich des Hochwasserschutzes beobachten und messen sie regelmäßig Wasserstände, ermitteln Überschwemmungsgebiete, beschäftigen sich mit Fragen der Entstehung von Hochwasser und bearbeiten Maßnahmen zum Hochwasserschutz. Sie betreiben staatliche Hochwassereinrichtungen und fördern kommunale Maßnahmen, die helfen, eine Flut zu verhindern oder einzudämmen. Bei einem Hochwasser sind die Hochwasservorhersage der Behörde und der Hochwassernachrichtendienst sowie die Steuerung der staatlichen Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken, wichtig.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Emden übernimmt zum Beispiel, als öffentlicher Dienstleister vor Ort, die Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung für das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung.
In den Katastrophenjahren wurde ersichtlich, dass die vom Hochwasser betroffenen Gebiete nur einen ungenügenden Schutz haben. Vor allen Dingen mangelte es an aussagekräftigem Kartenmaterial.
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Was am bisherigen System zu bemängeln ist
Kommunen, Stadtverwaltung und Bürger, die in den vom Hochwasser häufig betroffenen Gebieten wohnen, brauchen, ebenso wie das Technische Hilfswerk, Informationen, um sich besser auf Überschwemmungen vorbereiten zu können.
Um zukünftig besser auf Hochwasser vorbereitet zu sein, sollen die EU-Mitgliedstaaten bis 2013 Hochwasserkarten bereitstellen. Um die bisherigen Maßnahmen zu optimieren, startete das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Deutschland, das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in Österreich, das Department for Environment, Food and Rural Affairs (Defra) und die Environment Agency in England sowie das Ministère de l'Écologie, du Développement durable et de l'Énergie in Frankreich, das Projekt RISK MAP.
Schon bei einer Überprüfung einiger Hochwasserkarten, unter anderen von Bennewitz/Wurzen, Sachsen, Vorderberg, im Gailtal in Österreich, und Chertsey, in England, stellten die Wissenschaftler, im Rahmen des Projektes, Mängel fest Das Ergebnis publizierten sie in den Fachzeitschriften Natural Hazards and Earth System Sciences. Es stellte sich heraus, dass wertvolles lokales Wissen, dass schon bei der Herstellung der Karten gute Dienste hätte leisten können, wenig oder gar nicht berücksichtigt wurde. Das ernüchternde Ergebnis: Das Kartenmaterial entspricht den Bedürfnissen der Nutzer, die einfach nur als Empfänger von Nachrichten verstanden wurden, nicht.
Foto: Das Mulde-Hochwasser August 2002 sorgte in Grimma für erhebliche Zerstörungen,André Künzelmann/UFZ
Weitere Defizite der Hochwasserkarten
Die bisherigen Hochwasserkarten wurden meist von Fachleuten aus dem technischen Bereich erstellt. Für Menschen aus anderen beruflichen Bereichen waren sie daher nur schwer verständlich und für Laien gänzlich unbrauchbar. Beklagt wurde, von helfenden Organisationen, dass die bisherigen Hochwasserkarten sich auf die Gefahr vor Hochwasser beschränkten. Welche sozialen Risiken bestehen und welche ökologischen Schäden entstehen können, wurde in den Karten nicht verzeichnet. Ebenso nicht die zu erwartenden materiellen Schäden bei der Überflutung.
Zur Veranschaulichung: Bei einem Hochwasser an der Donau in Scheer, Baden-Württemberg, in den 90er Jahren, wurde ein starker Anstieg des Wassers befürchtet. Es wurde von den Fachleuten errechnet, dass die Kinder der örtlichen Grundschule vor Hochwasser sicher seien und kein Unterrichtsfrei haben sollten. Hochwasser erfahrene Ortsansässige gaben zu bedenken, dass die Kinder am Mittag, wenn der Wasserstand gestiegen sei, nicht mehr zu Fuß nach Hause kämen. Grund für die Fehlentscheidung, die Kinder zur Schule zu schicken, war, dass die Hochwasserkarten Höhenunterschiede an Land, sowie der Anstieg des Grundwassers und seine Folgen für Bewohner auf Anhöhen, nur unzureichend berücksichtigten.
Die aktuelle Hochwasserlage und Empfehlungen für zukünftige Karten
Besonders in Notsituationen ist es wichtig, dass das Kartenmaterial perfekt die Bedürfnisse der Behörden, Bevölkerung und zum Beispiel des Katastrophenschutzes, erfüllt.
Die Einwohner sind an leicht verständlichen Gefahrenkarten interessiert. Viele Katastrophenschützer wünschen sich vor allem eine Kombination von Gefahrenkarten mit der Darstellung von Gefahrenschwerpunkten, das sind zum Beispiel kritischen Infrastrukturen und die genaue Anzahl der zu evakuierenden Personen, aber auch eine Einbindung von Einsatzinformationen im Katastrophenfall. Das können Evakuierungsrouten, Sammelpunkte oder die Lage der Krisenstäbe, sein. Die EU-Richtlinien sehen eine Trennung von Risikokarten und Risikomanagement vor. Das erscheint den Praktikern vor Ort als nicht sinnvoll.
Kartenmaterial das auch optische Hilfe bietet
Dr. Volker Meyer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erklärt:
"Kartenmaterial muss auch ohne Worte verständlich sein. Bei den Hochwasserkarten haben auch hier die verschiedenen Nutzergruppen unterschiedliche Bedürfnisse. Fachleute im Hochwasserrisikomanagement sind geschult, um auch auf Karten, komplexe und abstrakte Informationen zu erfassen".
Die Bevölkerung, die nur selten mit Hochwassern in Berührung kommt, so Meyer, benötigt Karten mit klaren Farben und einer eindeutigen Symbolik. Auf ihnen muss schnell erkennbar sein, wo zum Beispiel Evakuierungsrouten und Sammelplätze sind. Der Text muss klar und verständlich sein, damit er schnell verstanden wird. Es wurde erarbeitet, dass eine ideale Hochwasserkarte so einfach und schnell zu verstehen sein muss wie eine Straßenkarte.
Alles sinnlos wenn die Bürger nicht beteiligt werden
Dr. Volker Meyer betont zum Schluss, dass selbst perfektes Kartenmaterial nur ein Teil der Vorsorge vor Hochwasser ist. Der gesamte Kommunikationsprozess, der bei Hochwasser zwischen den Behörden, den Rettungskräften und den Anwohnern funktionieren muss, sei viel umfangreicher. Aus Sicht der Wissenschaftler ist es wirkungsvoller, Kartenmaterial unter "aktiver Einbeziehung der Interessenparteien in die Erstellung, Überarbeitung und Aktualisierung der Risikomanagementpläne", zu erstellen. Die EU-Verordnung sieht diese Mitwirkung nicht vor.
Bildquelle:
Regenwurm Lumbricus terrestris, © Elisab
(Wie können Regenwürmer bei Hochwasser helfen)