Erfrischend neu: Ein Liebeslied!

Traditionell wurde vor der ebenso traditionell schleimigen Anmoderation der Siegertitel des Vorjahres gespielt. Lordi, die finnischen Metal-Muppets, präsentierten sich in einem wunderbaren Video, in welchem es alle zwei Sekunden lang krachte und dröhnte, untermalt von absurd riesigen Feuersbrünsten. Im Hintergrund: Schnee. Was hattet ihr denn gedacht?

Eröffnet wurde der Song Contest – den Jury-Mitgliedern nach wie jedes Jahr der "Beste aller Zeiten" (für exakt 365 Tage) – von Bosnien-Herzegowina. Gefühlvoll schmalzte eine gewisse Maria drei Minuten lang von Liebe, und so Zeugs. Endlich mal was wirklich erfrischend Neues!

Nicht weniger originell der spanische Beitrag: "I Love You Mi Vida" trällerte eine Boy-Group, die alle Register ihres Könnens zog: Ausfallschritt rechts, Ausfallschritt links, Drehung, in die Kamera grinsen. Schade, dass "singen" nicht zu ihren Stärken gehörte. Ist aber auch eher unwichtig beim Song Contest.

In hartem Kontrast zu den weißen – powered bei "Ariel" - Anzügen der spanischen Jungs, zwängte sich der weißrussische (wie viele Russlands gibt es eigentlich? Haben die sich selber mal geklont?) Sänger in schwarze Lederjeans hinein, aus denen er ohne Schneidbrenner wohl nicht mehr rauskommt. Interessanter als das, was man in Weißrussland irrtümlich als Lied zu betrachten scheint, war die Hintergrund-Performance einer Frau und eines Mannes, die auf sehr dramatische Weise eine Wand bestiegen: Turnübungen, oder doch ein stiller Protest gegen Fassadenkletterer? Man weiß es nicht. Was man weiß, ist, dass "Work your Magic" seinem Namen alle Ehre machte: Anders, als mit Magie kann man den sechsten Platz für diesen Müll nicht erklären.

Für ein bisschen Heiterkeit sorgte anschließend die äußerst gelungene Parodie auf irische Folk-Music. Besonders hervorzuheben sei der mit ernster Miene dargebotene Musik-Vortrag, was umso bemerkenswerter ist, da die gute Dame hinreißend falsch sang. Dennoch schienen einige Zuschauer nicht erkannt zu haben, dass es sich um eine Satire, keinen ernsthaften Beitrag handelte, und gaben diesem Stück ihre Stimme.

Vermutlich der Entstehungsort des ...

Vermutlich der Entstehungsort des irischen Songs (Bild: https://pixabay.com)

Sumpfhuhnina, bitte kommen!

Gastgeber Finnland schickte hernach eine gewisse Hanna mit dem sinnigen Titel "Leave me alone, I wanna go home" ins ohnehin tote Rennen um den miesesten Musiktitel Europas, denn: Überraschung! Ihr seid alle Scheiße! Eine sehr unfreundliche Aufforderung jedenfalls, die zu Recht auf den hintersten Rängen landete, nur zwei Ränge vor Deutschland. Außerdem machte das Ganze keinen Sinn: Sie ist Finnin und der Wettbewerb findet in Finnland statt. Hm. Man muss kein Sherlock Holmes sein, um eine leichte Diskrepanz zwischen Titel und Wirklichkeit zu attestierten. Immerhin war die finnische Regie clever genug, die im Vergleich zu vielen anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer*_Innen eher füllige Hanna in Rauchschwaden zu verhüllen.

Kurze Zwischenbilanz: Wir hatten Schmalz, Boy-Groups, schlechte Sängerinnen … was fehlte noch? Ah, ja, richtig: Die erste Dame im inoffiziellen Wettbewerb um den kürzesten Rock in Verbindung mit dem tiefsten Ausschnitt. Und da kam sie auch schon: Karolina aus Mazedonien! Angeblich in ihrer Heimat ein Superstar. Darf ich mal eine bescheidene Frage stellen? Wie kommt es eigentlich, dass jeder Teilnehmer in seiner Heimat ein "Superstar" ist, der alle Rekorde gebrochen hat? Und ihn außerhalb der Ländergrenzen niemand kommt? Und dies jedes Jahr exakt dasselbe ist? Nächstes Jahr tritt dann wahrscheinlich Sumpfhuhnina auf, die in Mazedonien ein Superstar ist, der sämtliche Rekorde … und so weiter.

Sumpfhuhnina wird kein Comeback geben

Sumpfhuhnina wird kein Comeback geben (Bild: https://pixabay.com/)

Egal. Zurück zur Performance: Beeindruckend flattern die Haare, länger als das gesamte Kleid, im zarten Sturmgebläse der Windmaschine. Hätte die gute Karolina so etwas ähnliches wie einen Rock getragen, wäre er hochgeblasen worden. War noch was? Ach so, ja, ein Lied hat sie auch noch gesungen. Irgendein Schmachtfetzen. Wie überraschend.

Mit Maggi macht das Zersägen Spaß!

Slowenien schickte eine am Mozarteum ausgebildete Opernsängerin ins Rennen, die nicht nur die beste Stimme des Abends hatte, sondern sich auch noch zu gut war, einen Mikro-Rock zu tragen, mit dem Arsch zu wackeln und ihre Brüste stolz in die Kamera zu drücken. Dies wurde konsequenter Weise mit einem der hinteren Ränge bestraft. Hey! Wir sind hier nicht bei einem Liederwettbewerb, sondern bei einer Fleischbeschau! Interessant war die in ihre Hand integrierte Taschenlampe. So was wünsche ich mir auch zum Geburtstag. Dann kann ich abends im Bett noch lesen.

Ungarn wurde durch eine Sängerin, die Maggi, oder so ähnlich, hieß vertreten. Natürlich handelte der Song von Liebe. Unter einem Bushaltestellen-Schild schmachtete Maggi von ihrer verlorenen Liebe. Dabei trug sie einen Koffer mit sich. Ich wette, die hat ihren Freund zersägt und in diesen Koffer gepackt.

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Der verwirrendste Beitrag des Abends stammte aber von Litauen: "Love or leave", vorgetragen von 4Fun. Das 4 stimmte, das andere nicht. "Love or leave"? War das eine ernst gemeinte Frage? Leave! Piss off! Aber pronto! Eine unscheinbare Frau – Typ Religionslehrerin – mit Pagenkopffrisur saß auf einem Barhocker und klimperte irgendwas, das sie mal vor ein paar Jahren im Gitarrenunterricht aufgeschnappt hatte, in ihr Instrument. Die anderen "Musiker" waren nur als Schattenrisse zu erkennen. Da bleiben nur noch zwei Fragen: War das in Wahrheit die Einblendung eines x-beliebigen französischen Beitrags aus den 70er Jahren? Und wie konnte dieser unfassbar miese Beitrag 28 Punkte einheimsen? Das waren 30 Punkte zu viel. Mindestens.

Immerhin eine sehr dankbare Situation für den folgenden Act: Wer immer auch nach diesem Müll auftrat, konnte nur positiv herausstechen. Selbst der griechische Ricky-Martin-Imitator war außerstande, den vorangegangen Beitrag zu unterbieten. Dabei hatte er sich so sehr bemüht: Dünnes Stimmchen nahe an der Wahrnehmungsgrenze, belangloser Song, lasche Performance. Immerhin dürften die vier Schnitten an seiner Seite zumindest die männlichen Zuschauer aus dem vom litauischen "Lied" ausgelösten Schockzustand heraus gerissen haben.

Abba bitte mit Sahne!

Sopho aus Georgien trug einen weinroten Sopha-Überzog. Der Beitrag selbst bewegte sich im oberen Bereich dieses Abends, was allerdings kein Kompliment darstellt. Interessanter als das Geheule von Sopho war die Background-Performance. Vier athletische Herren wirbelten über die Bühne – im Osten hat man eben Wodka statt Blut in den Adern – und führten einen Schwertertanz auf, als probten sie für ein "Conan"-Remake. Leider wurde die tolle Darbietung nicht mit dem Abschlagen der einen oder anderen Gliedmaßen gekrönt, weshalb der Song nur auf Platz 12 landete. Hoffentlich kam es darob nicht zu wüsten Auseinandersetzungen. So ein Schwert ist ja rasch gezogen im Zorn, und bekanntlich ist das Schwert mächtiger als die Scheide.

Statt des üblichen Abba-Imitats schickten die Schweden eine Glamrock-Band namens "The Ark" ins Rennen. So richtig mit Glitzeranzügen, üppiger Haarpracht, viel Makeup und Synthie-Gedudel. Also doch Abba-Imitate … Im Hintergrund waberten schwarz-weiße, sich drehende Spiralen, die offenbar den Zweck hatten, die Zuschauer zu hypnotisieren. Und es hat geklappt! 51 Punkte wurden auf diese schändliche Weise ergaunert.

Maitre Proper tritt Frankreich. Äh, für Frankreich an. Nun sind ja die Franzosen dafür bekannt, etwas eigentümlich zu sein. Aber was genau sollte das eigentlich darstellen? Eine glatzköpfige Fummeltrine läuft im Kreis herum, begleitet von atonalen Gitarrenriffs? War das ein Pendant zum französischen Autorenfilm der 70er Jahre, die auch keiner kapierte? Drittletzter Platz für Frankreich, und das war noch geschmeichelt.

Was wollte der Erbauer damit wohl ...

Was wollte der Erbauer damit wohl kompensieren? (Bild: https://pixabay.com)

Erfolgsrezept heiße Schnitten ausgedient? Skandal!

Lettlands Beitrag war zwar von der Performance her seriöser, aber musikalisch nicht weniger verwirrend: Sechs eher durchschnittliche aussehende und begabte Tenöre (?) in scheußlichen Anzügen sangen "Questa notte". Was für ein Kontrast zu …

Russland. Man könnte meinen, die hätten das Konzept der Girl-Groups erfunden. Nach Tatü-Tata vor ein paar Jahren nun "Serebro". Drei junge Schnitten in noch schnittigeren Blusen bemühten sich, westliche Formate wie "Sugarbabes" zu imitieren. Das klappte zwar schon ganz gut, aber das schmissige Trio hat ärgerlicher Weise viel zu viel Stoff getragen. Da blieb nur Platz 3! Also, Mädels: Beim nächsten Mal an der mazedonischen Sängerin orientieren, dann kommen die sabbernden Single-Idioten vor den Glotzen mit dem Voten für euch kaum noch nach!

"Frauen regier'n die Welt" behauptete Cicero aus der Provinz Germanicum. Selbst wenn dem so wäre, hätte ihm dies wenig geholfen: Verschnarchter Kaufhaus-Swing, mit der Lockerheit eines Schulreferats vorgetragen. Ne, Junge, da stimmen die Frauen wohl doch lieber für eine Boy-Group! Immerhin: Platz 19 und somit ungewohnter Weise nicht Letzter.
Und sogar vor England, Frankreich und Irland. Vor zwanzig Jahren wäre der Song Contest bei einem solchen Zwischenstand abgebrochen und neu ausgetragen worden.

Der Sieger des Abends war Serbien. Mit einer Ballade. Schmalzig. Vorgetragen von einer moppsigen Brillenträgerin. Angezogen. Was sollte das denn??? Seit wann gewinnen voll bekleidete, dicke, unattraktive Brillenträgerinnen, die verkotzte Balladen trällern? Wollen wir mal hoffen, dass dies keinen Trend für das nächste Jahr auslöst. Obwohl: Dann hätte Deutschland endlich mal realistische Siegeschancen. Mit jungen, geilen Dingern im Minirock klappt es ja doch nicht.

Meine Freundin ... haha, ja, fast ...

Meine Freundin ... haha, ja, fast wärt ihr drauf reingefallen, was? Ernsthaft, ich wollte nur eine heiße Schnitte zeigen (Bild: https://pixabay.com)

Hey, Tommys: Schickt doch einfach kackende Kühe auf die Bühne!

Und dann der Auftritt, den alle heiß erwartet hatten: Verka isdochwurscht, ein Mann in Frauenkleidern, der ein beschissenes Mitstampf-Lied aus der Billig-Techno-Ramschkiste vorträgt! Endlich mal was ganz, ganz Neues… Obwohl: War dieser Titel nicht ein Hilfeschrei? Der Refrain lautete: 7 7 1 2 3 – ist niemand auf die Idee gekommen, dass dies die Telefonnummer seines Therapeuten sein könnte?

England und Musik – das ist doch musikhistorisch betrachtet wie Gold und Diamant! Wieso schicken die dann so etwas wie "Scooch" ("Scotch" wäre ein treffenderer Name gewesen) zum Song Contest? Wo bleibt die feine britische Art? Man kann ja wohl auch freundlicher seine Ablehnung dieses Wettbewerbs zur Schau stellen, als durch diese grauenhafte "Band", bestehend aus Piloten und Stewardessen. "Scooch" klingt nicht nur wie eine Billig-Fluglinie, sie ist es auch. Hier checkt garantiert niemand ein! Wisst ihr was, Engländer? Das nächste Mal schickt doch einfach ein paar Kühe auf die Bühne, die einen großen Haufen aufs Parkett scheißen. Das wäre ehrlicher und sogar unterhaltender. Fazit: Wegen Akustikterror-Gefahr geschlossen und nur knapp vor der irischen Folk-Parodie bruchgelandet.

"Liubi, Liubi, I Love You" hieß der rumänische Beitrag. Oh, wow! Ein Liebeslied, so mit richtig dufter Message, von wegen lieb haben, und so. Genau so öde, wie der Titel anklingen lässt. Ein paar rumänische Ziegen neben den englischen Kühen würden ihre Sache beim nächsten Contest besser erledigen.

Ziegen, die auf Männer starren

Ziegen, die auf Männer starren (Bild: https://pixabay.com)

Feuchtes Mädel

Ganz schön feucht wurde es nun mit Bulgarien. Sieh mal einer an: Plötzlich werden wir wieder munter, wie? Beruhigt euch: Ich meinte nur den Titel, der hieß nämlich "Water". Das Lied eines Mädchens, das am Wasser sitzt und sich in einen zufällig vorbei reitenden Cowboy verliebt. Wie das in Bulgarien bestimmt jeden Tag dutzende Male passiert. Immerhin der wohl "beste" – und ich verwende die Anführungszeichen in Zusammenhang mit dem Song Contest ganz bewusst – Beitrag des Abends. Eine gelungene Fusion aus melancholischer Folklore und modernen Beat-Rhythmen im 4/4-Takt. Keine Ahnung, was der Satz bedeuten soll, aber ich wollte einfach mal ein bisschen auf intellektuell machen.

"Shake it up" forderte uns der türkische Sänger Kenan Doulu auf, und tatsächlich shakten meine Magensäfte ganz nach up! Was, bitte, sollte das denn sein? Paarungsrituale liebeskranker Kameltreiber? Und warum sah der Sänger wie Thomas Anders nach einem halben Jahr Solarium-Hausverbot aus? Und wieso bekommt jeder türkische Beitrag unverschämt viele Punkte?

Danach folgte der Nachbarstaat Armenien, ganz schön getreten durch einen gewissen Hayko. "Anytime you need", schnulzte dieser über die Bühne, während im Hintergrund ein hässlicher Gummibaum genau so steif wie Hayko herum stand. Das Lied ergibt Sinn, zieht man das Klopapier an den Ästen in Betracht: Wenn man muss, dann muss man, egal, zu welcher Zeit … bald ist ja wieder Sommer und die Klopapier-Ernte auf den armenischen Klopapierbaum-Plantagen wartet. Armer Hayko.

50 Shades Of Gray, Moldawien-Edition

"Fight" sang die moldawische Sängerin Natalie Barbu, und ihr Name erinnerte nicht zufällig an die Puppen-Marke Barbie: Wie eine versaute Erwachsenen-Edition schlampte sie über die Bühne, trug die Hose unterhalb der Hüfte und rückte ihr Dekolleté auch schön ins Zentrum der Kamera. Derweil peitschten Background-Statisten die Bühne mit Fahnen aus, als hätten sie zu oft "50 Shades Of Gray" angeschaut. Mieser Song, schlechte Stimme, laszive Sängerin – die haben das Erfolgsrezept des Song Contests voll durchschaut!

Fazit: Das große Schnulzen-Comeback! Aber auch nur, weil sich niemand getraut hat, Lordi zu imitieren. Österreich muss endlich DJ Ötzi ins Rennen schicken, Deutschland Kader Loth (natürlich muss ihr Hintern mit Silikon aufgespritzt werden, damit sie nicht durchs Gewicht der Brust-Implantate nach vorne kippt) und die Schweiz muss sich überlegen, welche Pop-Karriere sie nach denen von Vanilla Ninja sowie DJ Bobo als nächstes zerstören möchte.

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