Nicht jedem liegt die graue Theorie. (Bild: geralt / Pixabay)

Später Einstieg ins Berufsleben

Natürlich machen heute sehr viel mehr Schüler Abitur als früher. Aber selbst Hauptschüler beginnen ihre Ausbildung heute durchschnittlich erst mit neunzehn Jahren. Vorher besuchen sie ein Berufsbildungsjahr in der Berufsschule oder werden von Maßnahme zu Maßnahme gereicht, bis sie endlich eine geeignete Ausbildungsstelle finden. Vielleicht auch, bis sie endlich erwachsen und vernünftig geworden sind und die Ausbilder sich nicht mehr um die Erziehung kümmern müssen.

Nach der Schule wissen sogar Abiturienten nicht, welchen Beruf sie ergreifen wollen, also nutzen sie die gewonnene Zeit für einen Auslandsaufenthalt oder ein soziales Jahr. Sicher vernünftig, da sie dabei Lebenserfahrung sammeln und hoffentlich ihre Schulmüdigkeit überwinden. Eingespart wird daher eher in der Schule, weniger in der Ausbildungszeit.

Auf Deutsch, Mathematik oder Fremdsprachen möchte man nicht verzichten. Schließlich klagen die Betriebe so schon, dass die Jugendlichen nicht gut genug sind. Lieber werden die weichen Fächer fallengelassen. Einst, mit dem Samstag, betraf es die Fächer Werken, Handarbeiten und Kochen. Mit Glück werden sie heute an einigen Schulen noch angeboten. Häufig als Wahlpflichtfächer oder AGs. Dabei ist Kochen in Fastfood-Zeiten wieder wichtig geworden. Inzwischen betreffen die Kürzungen immer häufiger Musik und Kunst. Teils, weil die Lehrer fehlen, teils, weil die Zeit nicht reicht. Aber auch Erdkunde und Geschichte stehen auf der Liste der bedrohten Fächer.

 

Entspannung hilft beim Lernen (Bild: Nemo / Pixabay)

Pausen sind nötig

Die Folge ist, dass die Kinder von morgens um acht Uhr bis mittags halb zwei, häufig sogar noch bis nachmittags ein Paukfach nach dem anderen im Dreiviertel-Stunden-Takt haben. Mit kurzen Verschnaufpausen werden sie mit Wissen abgefüllt. Selten gibt es eine Stunde dazwischen, wo körperliche Arbeit verlangt wird und der Geist ausruhen kann. Kein Wunder, wenn so wenig hängen bleibt, denn zum Lernen gehören auch Pausen zum Verarbeiten dazu.

Viele Kinder, selbst gute Schüler, liebten die weichen Fächer. Sie machten Spaß und ermöglichten auch lernschwachen Schülern gute Zensuren. Fächer in denen die Kinder aktiv in einer Gruppe tätig sind, haben nebenbei eine erzieherische Wirkung.

 

Aber wie ist es heute, wenn die Kinder nur noch Fächer haben, vor denen sie Versagensängste haben? In denen gelernt und abgefragt wird? Zumal wir Deutschen uns mit dem Loben schwertun und immer nur die Fehler sehen. Für manche Kinder wird die Schule so zu einem einzigen Misserfolgserlebnis, das das ganze Leben überschattet. Und die Dinge, die das Leben lebens- und liebenswert machen, wie Kunst, Musik und Literatur, werden ausgeklammert.

 

Gemeinsam musizieren macht Freude und schafft ein Gemeinschaftsgefühl (Bild: OpenClips / Pixabay)

Kulturelle Bildung - das Sahnehäubchen

Im besten Fall führen die Eltern ihren Nachwuchs an diese Bereiche heran. Dazu gehört allerdings Geld und eigenes Interesse, was sicher eher gutgestellten Mittelschichtseltern besitzen. Aber selbst sie stellen sich häufig die Frage, wozu sollen sich unsere Kinder damit belasten? Das brauchen sie im Beruf doch gar nicht. Kein Wunder, wenn die Jugendlichen sich in ihrer Freizeit lieber an den Computer setzen, an den sie in der Schule und im Elternhaus als berufsnotwendiges Gerät unterwiesen werden, und surfen, chatten oder spielen, aber nicht selbst musizieren oder lesen. Die erzieherische Wirkung dieser Fächer wird dabei vergessen. Eine Reihe von Untersuchungen belegen, dass Kinder, die täglich in der Schule musizieren oder Sport treiben, und dadurch weniger Zeit für die Hauptfächer haben, trotzdem bessere Leistungen erzielen. Musizieren soll sogar intelligent machen, da weitere Bereiche im Gehirn gefordert werden.

Wie verhält sich eine Gesellschaft, die nur an Wirtschaft, Mathematik und Fremdsprachen interessiert ist? Verändert sich dadurch das Sozialverhalten, vielleicht sogar das Denken des Einzelnen? Es ist eine Ironie des modernen Lebens: Wir werden immer älter, finden aber keine Zeit mehr für Dinge, die Freude bereiten.

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