Pirat - ein reiner Männerberuf?

Der typische Pirat trägt Ohrringe und Augenklappe, hat ein Holzbein und vielleicht eine Hakenhand und macht die Meere unsicher, indem er mit seinen Gefolgsleuten andere Schiffe überfällt und ausraubt. Aber vor allem ist er eines: Männlich!

Tatsächlich?

Zweifellos waren die meisten Piraten Männer. Piraterie gilt als hart und anstrengend und ist nach landläufiger Meinung nichts für Frauen. Dennoch gab es bereits in der Antike schon Piratinnen, die dem üblichen Rollenverständnis entgegengesetzt, sich durchaus in der rauhen Welt der Seeräuberei behaupten konnten. Königing Teuta von Illyrien gilt als erstes überliefertes Beispiel einer Piratin, wenngleich sie lediglich die Flotten befehligt haben dürfte und wohl weniger tatsächlich an Bord gewesen sein dürfte.

Mittelalterliche Piratinnen

Aus dem Mittelalter sind uns schon einige Piratinnen mehr bekannt. Die meisten von ihnen kamen aus dem Norden, sind also schwedischer oder norwegischer Herkunft.

Von einigen dieser Piratinnen ist so wenig überliefert, dass ihre Existenz nicht als sicher angenommen werden kann, so zum Beispiel die norwegischen Schwestern Rusila und Stikla, die sich für die Paraterie entschieden, um der Heirat zu entgehen. Auch Prinzessin Sela,  die, Schwester des norwegischen Königs Koller, entschied sich für ein Leben als Piratin. Alvid, Wigbiorg, Hetha und Wisna - allesamt ebenfalls Norwegerinnen - waren weitere bekannte Piratinnen des frühen Mittelalters. Die Existenz von Alfhild aus Schweden ist nicht gesichert überliefert.

Grace O’Malley - eine irische Piratin aus dem 16. Jahrhundert

Gráinne Mhaol Ní Mháille lautet die eigentliche Form des anglisierten Namens Grace O'Malley. Bereits als Kind interessierte sich die 1530 geborene Grace für Navigation und Seefahrt. Sie lernte Sprachen und Nautik, um mit ihrem Vater zur See fahren zu können. Nach dem Scheitern ihrer Ehe und dem Tod ihres ersten Ehemannes kehrte sie zur ihrer eigenen Familie zurück und übernahm dort die Familiengeschäfte. Die in ihrer Kindheit erworbenen nautischen Kenntnisse ermöglichten es ihr, in die Seeräuberei einzusteigen und als Piratin erfolgreich zu sein. Sie übernahm auch einige Burgen und sie ließ sich auch selber welche erreichten, um genügend strategisch wichtige Punkte zu besitzen.

Sie sah sich als der englischen Königin ebenbürtig an und ließ das die gleichaltrige Monarchin auch spüren. Dennoch wandte sie sich an die Königin und bat sie um Schutz vor ihren Verfolgern als sie gefangengenommen wurde, im Gegenzug wollte dafür sie ihr lebenslänglich ihr Schwert leihen. Elisabeth I gewährte ihr diesen Schutz und Grace O'Malley wurde in allen Punkten freigesprochen. Ihre Raubzüge durfte sie fortsetzen, allerdings nicht mehr unter irischer, sondern unter englischer Flagge.

Dennoch wurde sie auch später noch als eine irische Nationalheldin angesehen. Als eine starke Frau in einer von Männern dominierten Welt, welche sich für die irischen Belange einsetzte und der gälischen Sprache mächtig war. Anders als ihre männlichen Kollegen machte sie nicht durch Grausamkeiten von sich reden, sondern vielmehr durch ihre Milde gegenüber den besiegten Schiffsbesatzungen.

Anne Bonney

1690 wurde Anne Bonny geboren, wieder eine irische Piraten, die von sich reden machte. Sie wurde unehelich geboren, was damals als schwere Schande galt. Um dies zu verheimlichen, zog man sie an wie einen kleinen Jungen und deklarierte sie als entfernten Verwandten. Als sie älter wurde, lernte sie den Seemann James Bonny kennen und lieben. Als sie zusammen zur See fahren wollten, kam ihr diese Verkleidungstaktik gerade gelegen. Auf den Schiffen waren nämlich keine Frauen geduldet und so kleidete sie sich wie ein Mann. Als sie dann dennoch entdeckt wurde, hatte sie bereits soviel Achtung erworben, dass ihre Anwesenheit kein Problem mehr war.

Kurz darauf heuerte ein neuer Matrose auf dem Schiff an, Mark Read. Es stellte sich jedoch heraus, dass es sich bei Mark Read ebenfalls um eine Frau handelte, Mary Read. Die beiden Frauen wurden enge Freundinnen und bildeten zusammen mit Calico Jack ein gefürchtetes Team.

Mary Read

Auch Mary Read war von klein auf daran gewöhnt, ihr Geschlecht zu verleugnen. Sie wurde als zweites Kind geboren, doch ihr älterer Bruder starb frühzeitig. Da sich ihre mittlerweile verwitwete Mutter alleine durchschlagen musste, verkleidete sie Mary als kleinen Jungen und setzte ihn an die Stelle des verstorbenen Geschwisters, damit sie weiterhin auf die finanzielle Unterstützung ihrer Schwiegereltern zählen konnte, schließlich waren Jungen damals mehr wert als Mädchen. In ihrer mänlichen Kleidung arbeitete Mary zunächst als Laufbursche, heuerte dann aber auf der Suche nach dem großen Abenteuer auf einem Kriegsschiff an. Später wurde sie Soldat und nur ihrem Ehemann, einem jungen Corporal, vertraute sie ihr Geheimnis an. Nach dem Tod ihres Gatten heuerte sie erneut auf einem Schiff an. Dieses wurde unterwegs von Calico Jack und seienr Mannschaft gekapert, ihm schloss sie sich als Piratin an und lernte dann auch Anne Bonny kennen. An Bord verliebte sie sich in einen jüngeren Piraten, der allerdings ein Duell auszufechten hatte, in welchem er chancenlos sein würde. Mary forderte daher seinen Gegner heraus und besiegte diesen. Daraufhin stand der Hochzeit der beiden nichts mehr im Wege.

Anne und Mary - ein Dreamteam

Zwischen den beiden Frauen entwickelte sich eine tiefe Freundschaft und sie verbrachten viele Jahre zusammen mit ihrer Mannschaft, mit der sie plündernd und mordend durch die Karibik zogen. 1720 jedoch wurden sie von einem Kriegsschiff aufgegriffen. Die Crew feierte betrunken  unter Deck. Anne und Mary waren die beiden einzigen nüchternen Personen auf dem Schiff und die einzigen, die sich diesem Angriff entgegenstellten.

Anne, Mary, Calico Jack und die gesamte Mannschaft wurde zum Tode verurteilt. Das Urteil für die beiden Frauen wurde jedoch nicht vollstreckt, da sie beide zu diesem Zeitpunkt schwanger waren. Mary Read starb jedoch noch im Gefängnis an einem Fieber. Anne Bonny verschwand, über ihr weiteres Leben ist nichts bekannt. Es gibt Spekulationen, dass sie Nonne geworden sei oder auch, dass sie unter anderem Namen weiterhin zur See fuhr.

Ching Yih Saoa - Witwe Cheng

Die ehemalige Prostituierte  Ching Yih Saoa (Ching i Sao, o.ä.) heiratete 1801 den Piratenführer Cheng I. Nach seinem Tod erbte sie das Geschäft ihres Gatten und führte fortan als Witwe Cheng eine riesige Flotte mit etwa 1000 Dschunken und Küstenschiffen sowie 100.000 Mann Besatzung an.

Die Regierung versammelte Streitkräfte aus dem In- und Ausland und rüstete sich, die Piraterie mit Gewalt zu bekämpfen. Gleichzeitig bot sie Amnesie für die Piraten an, die sich in den Dienst der Marine begeben würden und Witwe Cheng akzeptierte das Angebot. Die Piraten durften ihre Beute behalten, gingen straffrei aus und waren fortan Marinesoldaten.

Witwe Cheng zog sich von der Piraterie zurück und verdiente ihren Lebensunterhalt mit Opiumhandel und Spielcasinos bis sie 1844 im Alter von 69 Jahren starb.

 

 

Selbstverständlich ist diese Aufzählung keineswegs vollständig. Vielmehr ist es so, dass es bereits zu allen Zeiten Piratinnen gab, und das bei vielen alten und auch neueren Kulturen und Völkern.

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Sonja, am 12.02.2013
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