Giftige Kartoffeln
Kartoffeln werden als gesund angesehen, können aber für Kleinkinder lebensgefährlich sein. Auch Erwachsene können Vergiftungen erleiden, die sie nicht auf Kartoffeln zurück führen.Im Handel werden Kartoffeln häufig im Licht angeboten. Das ist gefährlich, denn durch Lichteinfluss bilden sich Alkaloide und können kritische Werte erreichen. Oft werden die Kartoffeln dann auch grün. Wenn eine Kartoffel grün ist, ist das ein Zeichen, dass sie im Licht war. Diese grünen Kartoffeln haben in ihrer Schale besonders hohe Alkaloidwerte". Mitunter reichen aber schon ein paar Stunden im Licht aus, um die Alkaloidbildung zu starten.
Kartoffelkäfer (Quelle: Pixelio)
Kartoffeltriebe (Quelle: Pixelio)
Erwachsene müssen zwar viele Kartoffeln essen, um sich zu vergiften. Anders sieht es aber bei Kleinkindern aus. Da das Vergiftungsrisiko nach dem Körpergewicht berechnet wird, reicht schon eine kleine Portion ungeschälter Kartoffeln, um Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall hervorzurufen.
Plusminus hat damals prüfen lassen, ob wirklich giftige Kartoffeln im Handel sind. Zehn Kartoffeleinkäufe vom Markt, aus dem Gemüsehandel und aus Supermärkten wurden von anerkannten Lebensmittelexperten auf ihren Alkaloidgehalt untersucht. Das Ergebnis ist erschreckend! Die Hälfte der Proben war so stark belastet, dass es bei einem Kleinkind möglicherweise zu Vergiftungserscheinungen gekommen wäre, hätte es eine Portion Kartoffeln mit Schale gegessen. Eine Probe war sogar so stark belastet, dass ein Kleinkind sich hätte ernsthaft vergiften können.
Alkaloide sind Bitterstoffe und damit belastete Kartoffeln schmecken deshalb bitter. Und ganz wichtig ist, Kartoffeln nie mit Schale zu essen. Das klassische Verfahren ist die Kartoffel zu schälen und sie als Salzkartoffel in Wasser zu kochen und das Kochwasser unbedingt wegzuschütten. Und wenn man das anwendet, ist die Kartoffel ein sicheres und gesundes Nahrungsmittel.
Kommentar
Kartoffeln werden nicht immer zu Recht als gesundes Nahrungsmittel gesehen. Was dem Fernsehbericht nicht eindeutig entnommen werden kann, ist der Hinweis beim Schälen nicht nur großräumig alle grünen Teile der Knollen aber ebenso alle Keime (Augen) zu entfernen. Weiter sind äußerliche Braunverfärbungen, die sich ins Innere der Frucht fortsetzen, auszuschneiden. Da bei Lagerware die Alkaloide immer weiter ins Innere wandern, ist großzügiges Schälen angesagt. Geschälte Kartoffeln sollten auch nicht längere Zeit in Wasser aufbewahrt werden, weil durch jede Verletzung, so auch beim Schälen die Solaninbildung angeregt wird. Dem kann entnommen werden, dass die Beleuchtung im Supermarkt oder die lichtdurchlässige Plastikfolie der Verpackung nicht alleinige Bösewichter in Sachen Alkaloidbildung sind. Mit gesteigerter Solaninbildung reagiert die Pflanze auch als Abwehr gegen Fraßfeinde, wie Kartoffelkäfer, Braunfäule (Pilze) etc. In solchen Fällen existiert trotz drei- bis fünffach höherem Alkaloidgehalt keine verräterische Grünfärbung und der erwähnte bittere Geschmack wird auch nicht von jedem Konsumenten empfunden.
Wegen der Schädlinge wurden Kartoffelsorten gezüchtet, die besonders widerstandsfähig sind, die deshalb aber zwangsläufig einen höheren Solaningehalt haben. Schädlinge werden üblicherweise mit chemischen Mitteln bekämpft. Bleibt die Kartoffelpflanze unbehandelt und wird von Schädlingen befallen, steigt zur Abwehr der Solaningehalt an. Deshalb kann der Alkaloidanteil gerade bei ungespritzten Bio-Kartoffeln besonders hoch sein. Die abschließende Empfehlung der Sendung, dass Salzkartoffeln nach Abgießen des Kochwassers unbedenklich sind, ist grundsätzlich richtig. Der Tipp ist jedoch nicht bei Pellkartoffeln wirksam. Durch Abgießen des Kochwassers lässt sich dadurch der Alkaloidgehalt nur geringfügig vermindern, das Gift bleibt in und unmittelbar unter der Schale und den Keimansätzen.
Das dürfte auch bei ungeschälten Folienkartoffeln und bei den Kartoffel-Wedges der Fall sein. Sie werden wegen der Verarbeitung der ganzen Knolle, inklusive ihrer Schale und Augen als "besonders vollwertig" angepriesen: "Herzhafte Kartoffeln in Schiffchenform pikant abgeschmeckt mit Chili, Pfeffer und Paprika." Warum wurde in der Sendung auf das grössere Risiko durch diese Erzeugnisse nicht hingewiesen? Sendet DAS ERSTE Werbung über dieses Produkt?
Braunfäule (Quelle:http://www.lfl.bayern.de/ips/landwirtschaft/13699/)
Wie viel Alkaloid verträgt der Mensch? Als tödliche Dosis werden drei Milligramm pro Kilo Körpergewicht angenommen. Das bedeutet 180 Milligramm bei einem 60Kg schweren Menschen. Der Grenzwert wurde bereits 1924 auf 20 Milligramm pro 100 Gramm Frischgewicht festgelegt. Dieser Wert ist problematisch, denn ein 40 Kilo schweres Kind könnte sich durch den Verzehr von knapp 300 Gramm Pommes vergiften, während es 400 Gramm womöglich nicht überlebt würde. Die Experten der WHO sehen deshalb einen Gehalt von 10 Milligramm als unbedenklich an und andere Wissenschaftler fordern eine Höchstgrenze von 6 – 7 Milligramm. Es ist dem Fernsehbeitrag zwar nicht zu entnehmen mit welchen Höchstwerten hier ausgegangen wurde aber wahrscheinlich dürften das die 20mg pro 100 g Frischgewicht sein.
Als die Kartoffel in Deutschland kam, erfuhr die neue Ackerfrucht zunächst Ablehnung. Das obwohl durch Getreidemissernten gehungert wurde. Als Friedrich der große etwa 1750 der hungernden Bevölkerung von Kolberg Wagenladungen Kartoffeln sandte, wurde seine Hilfe von den Notleidenden nicht angenommen. Die Angst vor Vergiftungen war, da man wenig über sichere Zubereitung wusste, offenbar zu groß. Für beängstigende Beispiele sorgte u.a. die Kasernenverpflegung preußischer Soldaten, unter der es immer wieder zu Vergiftungen, bis hin zu Todesfällen durch Kartoffeln kam.
Derartige Gruppenerkrankungen gibt es auch in der Neuzeit. So zogen sich zu Beginn der fünfziger Jahre in Nordkorea 400 Menschen eine Solaninvergiftung zu, von denn 22 Personen verstarben. In den siebziger Jahren waren es 78 Jugendliche in London, die in Krankenhäuser eingewiesen werden mussten und eine ähnliche Gruppenintoxikation von Schulkindern ereignete sich 2001 in Japan. Angesichts dieser Ereignisse erstaunt, dass weltweit bisher nur etwa 2000 Vergiftungsfälle mit 30 Toten registriert wurden. Die Dunkelziffer dürfte sehr viel größer sein, da die Beschwerden üblicherweise einer Magen-Darm-Verstimmung entsprechen und dass wahrscheinlich auch bei schweren Vergiftungen nicht an die Möglichkeit einer Kartoffelvergiftung gedacht wird.
Da Kartoffeln allgemein völlige Unbedenklichkeit zugeschrieben werden, ist hier die mögliche Symptomatik aufgelistet. An Symptomen können Kopfschmerz, Leibschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Abgeschlagenheit und Benommenheit, komatöse Zustände und z.T. auch Pulsbeschleunigung, Sehstörungen, Zyanose und sogar Temperatursteigerungen auftreten.
Vielleicht leidet der eine oder andere unter Beschwerden, die nicht rheumatisch sind, oder mit einer Lebensmittelunverträglichkeit begründet werden können, sondern als begeisterter Kartoffelesser unter latenter Solaninvergiftung. Ja, und da war noch der Patient mit rätselhaften Ohnmachtsanfällen, für die trotz eingehendster Untersuchungen sich keine Begründung finden ließ. Es stellte sich heraus, dass die Anfälle jeweils nach dem Verzehr von ungeschälten Bratkartoffeln, die auch noch Braunfäule aufwiesen, auftraten.
Nachschlag
Ursprünglich wurde die Kartoffel als Zierpflanze aus Südamerika nach Europa gebracht. Erst später wurde aus ihr ein, im Mittelalter umstrittenes Nahrungsmittel. Man hungerte lieber als sich mit Kartoffeln zu vergiften. Das gehört aber in die umfangreiche Geschichte der Erdäpfel.
Von den vielen Vorteilen der Kartoffel und ihren Zubereitungsmöglichkeiten können Sie hier lesen:
Kartoffelblüte (Quelle: Pixelio)