Bausteine der Kulisse

Die Bühne (Magda Willi) ist ausstaffiert mit zahlreichen Holzklötzen. Die bilden eine minimalistische Kulisse, mit der sich einiges anstellen lässt, zum Beispiel eine Mauer. Gegen Ende der Inszenierung sieht man die Schauspieler, wie sie die Bausteine aufeinander stapeln, als würden sie einen Schutzwall errichten. Zeitweise wabern im Hintergrund die Fernseher. Alexandar Radenković, Tennisschläger in der Hand, singt dagegen, als könne er das Rauschen und Flimmern durch vorgetäuschte Aggressivität unwiderruflich abschalten. Jeder flüchtige Hauch von Poesie ist verflogen, aber musisch-ausdrucksstark will die Inszenierung gar nicht sein. Das Pulverfass Balkan ist das Thema, einst Brennpunkt der jüngeren Geschichte Europas. Nicht vernarbte Wunden tragen sie alle, egal, auf welcher Seite die Altvorderen standen. In der Retrospektive möchten manche lieber (Nachkommens-)Opfer als Täter sein.

 

Gewandt und brüllstark

Dejan Bućin ist vielen Theaterbesuchern vom Berliner Ensemble bekannt, er spielte unter anderem den Graf Paris in Mona Kraushaars "Romeo und Julia" und den Diener Jascha in Langhoffs "Kirschgarten". Agil, gewandt und mitunter brüllstark, passt er hervorragend ins Ensemble. Zur kraftvollen Seite des Abends trägt die eingespielte Rockmusik einiges bei, es ist kein Platz für lyrische Akzente. Die damals Entmenschlichten werden laut, aber menschlich. Die Untaten und Quälereien in Srebrenica sind nicht aufzuarbeiten, man kann sich lediglich bemühen, etwas mehr Moral ins Leben zu investieren. Die Lockerheit geht allen ab, zu tief sitzt der Stachel.

 

Zerbombung der Heimat

Mateja Meded, 1987 in Zagreb geboren, ist eigentlich noch recht unbekannt in der Theaterbranche, doch das kann sich schnell ändern. Selbstbewusst, gleichzeitig betroffen und mit offensivem Charme ausgestattet, erobert sie förmlich die Bühne. Jenseits von jeglicher Eleganz ist ihr Bühnenauftritt auffällig, sie strebt in den Vordergrund, die Peripherie liegt ihr nicht. Die Monologe und Dialoge von Orit Nahmias werden in Englisch vorgetragen, deutsch simultan übersetzt. Zum Schluss gibt es noch ein gleichsam rauschendes Finale: Alexandar Radenković wühlt in der Vergangenheit und in seinen Leiden. Diese Figur muss besonders intensiv unter der Zerbombung der Heimat gelitten haben, so der Eindruck. Die Regisseurin vermeidet es, ein Wettrennen um das größte Leid zu veranstalten, das tut der Inszenierung ganz gut. Das Aneinanderschmiegen ist das Ziel, das Hineinfinden in ein respektables Leben, die Verbundenheit durch das gemeinsame Leid - egal auf welcher Seite man stand. Insofern ist der Abend geglückt.

Common Ground
von Yael Ronen
Regie: Yael Ronen, Bühne: Magda Willi, Kostüme: Lina Jakelski, Video: Benjamin Krieg, Hanna Slak, Dramaturgie: Irina Szodruch.
Mit: Mateja Meded, Aleksandar Radenković, Dejan Bućin, Vernesa Berbo, Niels Bormann, Jasmina Musić, Orit Nahmias.

Gorki Theater Berlin

Uraufführung vom 14. März 2014

Dauer: 100 Minuten, keine Pause

 

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