Wollten Sie immer schon wissen, wie Ihre Spende angekommen ist? Sechs Monate nach dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar gibt es keine guten Nachrichten aus dem geschundenen Haiti. Im Gegenteil, die Lage hat sich verschärft, von Hilfe ist nicht mehr die Rede, Die Haitianer fühlen sich vergessen.

Hilfe wird, so gut es möglich ist, von Privatpersonen geleistet und aus eigener Tasche finanziert. Meist sind das im Nachbarland Haitis lebende Europäer, die kaum als reich bezeichnet werden können, sich aber nach Kräften um die Menschen kümmern. Deren Engagement sind natürlich finanzielle Grenzen gesetzt und ihre Bitten bei den großen Hilfsorganisationen um Unterstützung bleiben regelmäßig unbeantwortet.

Anmerkung:

Dieses Video wurde im April 2010, also drei Monate nach dem Erdbeben aufgenommen. Die Aufnahmen entsprechen dennoch dem heutigen Stand, denn es hat sich seitdem kaum etwas geändert.

Die internationalen Hilfsorganisationen erscheinen oft in Zeitungsmeldungen, sind aber niemals auf den Straßen beim Volk präsent. 6 Monate nach dem Beben sollte lt. Hilfsplan der Wiederaufbau des Landes beginnen. Das geht natürlich nicht, weil die Trümmer in den Straßen von Port-au-Prince so unberührt daliegen, wie unmittelbar nach dem letzten Erdstoß am 12. Januar 2010.

Von den zugesagten Hilfen über 9.000.000.000 USD sind bisher gerade einmal schäbige 2 % bei den Bedürftigen angekommen.

Zusätzlich bekamen die beim Erdbeben Verletzten nun einen weiteren Schlag versetzt: Ihre Behandlung in Krankenhäusern ist nach Ablauf der sechs Monate nicht mehr gratis. Da sind u. a. Nachamputationen notwendig, von prothetischer Versorgung war sowieso niemals die Rede, die nun nach Ablauf dieser Zeit nicht mehr kostenlos durchgeführt werden. Eine weitere Komplikation dürfte wegen der katastrophalen hygienischen Bedingungen gerade bei diesen Personen die Entwicklung einer Knochenmarksvereiterung (Osteomyelitis) sein. Eine bakterielle Infektion, die nur mit Antibiotika behandelt werden kann. Diese Medikamente gibt es weiterhin zwar noch kostenlos aber nur noch bis zum 12. Oktober.

Im Januar nach dem Erdbeben begann man für die vielen Obdachlosen Zeltstädte zu errichten. Diese Unterkünfte gibt es noch heute und ihre Zahl ist wegen ständiger Zuwanderung im Steigen begriffen. Die Zelte und Planen sind aber unterdessen total zerfetzt, sodass sie kaum noch Schutz bieten. Dazu kommt, dass immer mehr der Eigentümer des Landes, auf denen die Zeltstädte stehen, Schlägertrupps anheuern, um die unliebsamen Besetzer zu vertreiben. So erzählte eine im neunten Monat schwangere Frau, die mit vier kleinen Kindern in einem dieser Zelte lebt, dass eine Gruppe Männer gekommen sei, sie zu Boden geworfen und aus dem Zelt geschleift hätte. Wenn sie nicht ginge, sagte sie, wollten die Männer das Zelt mit ihr und ihren Kindern darin abreißen. Zwischen anderen Bewohnern der Zelte und Schlägertrupps kommt es immer öfter zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, da sich die Hoffnungslosen mit Macheten zu verteidigen versuchen.

Raub und Mord, Vergewaltigungen, Prostitution und Kinderprostitution sind an der Tagesordnung. Straßenbeleuchtung existiert übrigens nicht. Polizei? Die wird erst nach Zahlung von Bestechungsgeld tätig. Sie hilft also nur jenen, die Geld haben. Die Blauhelme der Uno greifen nur bei Krawallen friedenstiftend ein.

Die Aufräumungsarbeiten liegen hoffnungslos hinter der ursprünglichen Planung zurück. Die anfangs zusammengetragenen Berge von Leichen - es wird von 300.000 Toten gesprochen - existieren heute nicht mehr. Dennoch, die Trümmer der Hauptstadt sollen bisher nur zu 2 % abgeräumt worden sein. Immer noch werden Leichen unter dem Schutt gefunden.

Internationale Hilfsorganisationen halten Spendengelder zurück. Das amerikanische Rote Kreuz gibt bekannt, keine Projekte zu unterstützen, die dann nicht fertiggestellt werden. Grundsätzlich ist dem nichts entgegenzuhalten. Nur wenn ein Privater hilft, nimmt er das dazu benötigte Geld in seine Tasche und kauft kontrolliert die benötigten Dinge ein. Er kommt nicht im Traum auf den Gedanken, sein Geld einer Regierung oder irgendwelchen Beamten zu geben. International wird aber so getan, als würde man sich unter Gleichberechtigten bewegen. Es wird die Tatsache geflissentlich übersehen, dass Haiti wie auch einige andere Länder dieser Welt, korrupte Bananenrepubliken sind.

Die Weltfremdheit der Politik zeigt sich auch hier: Mit einer Zeremonie unter einem Zeltdach in den Ruinen des Präsidentenpalastes gedachten am 12. Juli der haitianische Präsident Rene Preval, einige haitianische Minister und US-Expräsident Bill Clinton der Opfer des Erdbebens vom 12. Januar, bei dem etwa 300.000 Menschen ihr Leben verloren. Preval sagte: "Wir werden weiterhin den Menschen in den Lagern helfen, aber heute beginnt offiziell die Phase des Aufbaus."

Hey, woher nimmt dieser Präsident Haitis, Rene Preval, das Recht, von "weiterhin" zu reden, wenn bisher nichts geschehen ist. Und warum konnte Bill Clinton, der nicht zu den Ärmsten dieser Welt gehört, sich nicht entschließen den schätzungsweise 10.000 Zeltstadtbewohnern, die unmittelbar vor dem Regierungspalast in einer Zeltstadt campieren, zur Feier des Tages eine Mahlzeit zu spendieren, die ihn in diesem Land pro Person deutlich weniger als 20 Cent gekostet hätte?

Sind Sie immer noch bereit Spendenaufrufen der Hilforganisationen zu folgen?

Klaus_Radloff, am 23.07.2010
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