Ulrike Beerbaum, Rita Feldmeier ...

Ulrike Beerbaum, Rita Feldmeier, René Schwittay, Joachim Berger, Bettina Riebesel, David Hörning (Bild: © Thomas M. Jauk)

Neigung zum Boulevard

Die männlichen Vertreter stehen im Vordergund, die Frauen sind mehr Lebensbegleiterinnen und Beiwerk, Charlotte (Bettina Riebesel), die gelegentlich etwas murrt, könnte auch Herrn Powileits Gattin genannt werden. Die Figuren sind ohne scharfe Konturen, abgesehen von Wilhelm (Joachim Berger), der seine Rolle als hundertprozentiger Opportunist noch am besten hinbekommt. Das Bühnenbild wird zunächst von einem gigantischen Gerüst dominiert, auf dem der melancholisch-resignative, aber trotzdem aufbegehrende Alexander (Henning Strübbe) herumhängt. Historische Sprüche von Politikern werden eingeflochten, aus einer Box ist Wolf Biermann zu hören. Noch im Arbeiter- und Bauernstaat, hält es Alexander nicht lange mit der schwangeren Melitta aus, später ist er mit Catrin liiert (beide gespielt von Ulrike Beerbaum). Die Partnerinnen – es gab zuvor noch mehr - sind blass gezeichnet, hauptsächlich Dekor mit kleineren Wortbeiträgen. Das Hinzutreten der verknöcherten Oma Nadeshda Iwanowna (Rita Feldmeier) komplettiert die Familie, bedauerlicherweise gerät die Figur unter Jahnkes Händen zur munter daherbrabbelnden Karikatur mit kräftig russischem Akzent, der auch von Kurts Gemahlin Irina (Nadina Nollau) bevorzugt wird. Die beiden Spaßdamen – Irina hat einen übertriebenen Hang zu starken Getränken – nehmen den Ernst aus der Sache und desavouieren ihre Rollen. Wo subtiler Humor angebracht wäre, herrscht ein Klamauk, der sich nicht mit der linientreuen Strenge von Kurt und Wilhelm verträgt.

 

Henning Strübbe

© Thomas M. Jauk

 

Das familiäre Zerbrechen nach dem Mauerfall

Beim 90. Geburtstag von Wilhelm ist fast die gesamte Familie anwesend, abgesehen von Alexander, wegen dessen Fernbleiben sich Irina hemmungslos betrinkt. Eine Ehrung durch einen hohen Parteifunktionär wird vom Band eingespielt. Harmlose und weniger harmlose Zankereien diktieren das Geschehen. Manche Kräfte sind aufgezehrt, eine im wahrsten Sinne des Wortes verbrauchte Familie. Nach dem Mauerfall geht die Geschichte weiter: Während eines desaströsen Treffens 1991 ist auch Alexanders Sohn Markus (David Hörning) dabei, der vier Jahre später ein wildes Leben mit Ausschweifungen, Clubs und Drogen führt und in seiner Lederjacke wie ein Rebell wirkt, ohne zufrieden zu sein. Bettina Jahnke wartet mit einer etwas veralteten Ästhetik auf, der Inszenierung fehlt der Verve und das Innovationspotential, so dass man sich ein wenig an Papas Theater erinnert fühlt. Der Abend ist sehr gedehnt, weniger wäre vermutlich mehr gewesen. Eine Steigerung zur Wellemeyer-Ära ist diese Inszenierung jedenfalls nicht. Aber vielleicht muss sich das Hans Otto Theater erst noch warmlaufen. Am Ende (3.Aufführung) freundlicher, keineswegs überschwänglicher Beifall.

 

In Zeiten des abnehmenden Lichts
nach Eugen Ruge
Bühnenfassung: Bettina Jahnke und Alexandra Engelmann
Regie: Bettina Jahnke, Bühne und Kostüme: Juan León, Sound und Video: Tatjana Živanović-Wegele, Dramaturgie Alexandra Engelmann.
Mit: Joachim Berger, Ulrike Beerbaum, René Schwittay, Nadine Nollau, Henning Strübbe, David Hörning, Rita Feldmeier, Bettina Riebesel.

Hans Otto Theater Potsdam, Premiere war am 22.9.2018, Kritik vom 7.10.2018
Dauer: 2 Stunden 50 Minuten, eine Pause

 

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