Denia Nironen, Friedemann Eckert ...

Denia Nironen, Friedemann Eckert, Andrea Thelemann (Bild: © HL Böhme)

Den Mund zu voll genommen, gefesselt

Bei den illegalen Helfern sind nicht alle Berufssparten vertreten, Arme und Reiche scheinen sich um andere Dinge zu kümmern. Die empathischen Komplizen der Flüchtlinge kommen aus der Mittelschicht, Gerüstbauer und Repräsentanten der herrschenden Klasse fehlen. Auch Autonome, deren Spezialgebiet eigentlich ein derartige, die außerparlamentarische Karriere glorifizierende Mitarbeit sein könnte, sind nicht präsent. Stattdessen werden zwei nicht gar so radikale linke Aktivisten mobilisiert. Ein solche Frau wird von Andrea Thelemann gespielt, den anderen Part übernimmt Christoph Hohmann. Seine Figur nimmt den Mund zu voll, prangert die desaströsen Zustände an wird deshalb gefesselt. Vorübergehend ist er mundtot, die starken Arme scheinen todeswund. Die Kamera ist ein ständiger Begleiter. Überhaupt werden alle Handlungen von einer gierigen Kamera verfolgt: Dem Auge des Gesetzes entgeht nichts. Wenn dem scheinbar omnipräsenten Gesetz doch mal etwas entgeht, sind die Flüchtlinge längst auf irgendwelchen Feldern, auf den südhelvetischen etwa, wo von der Willkommenkultur nicht ergriffene Bauern lauern. Und eine Frau, die am falschen Ort landet, schafft es dank eines von Mitgefühl erfassten Verwaltungsrichters (ebenfalls Hohmann) bis nach Italien. Permanent, mit notrischem Beamteneifer musste er Anträge ablehnen, nun hat er es satt. "Es fällt mir schwer, gegen das Gesetz zu verstoßen. Dennoch verstoße ich inzwischen regelmäßig dagegen."

 

Es wird auch etwas Theater gespielt

Friedemann Eckert agiert als fiktiver Lukas, der recherchelos eingebaut wurde. Er will helfen, reflektiert auch fortwährend darüber, schafft es aber nicht zu einer selbstauferlegten Kombattantentätigkeit. Auch die sehr attraktive Denia Nironen, die es mit Hilfe der Kostümabteilung wieder einmal fertig bringt, sich durch entstellende Brillen, Katastrophenfrisuren und ausdruckslose Gesichter unschöner zu machen, wurstelt mit. In einer Szene wird ihre Figur (Ulrike/Florian) – vermutlich wegen Überschreitung der Kompetenz – von zwei Ordnungshütern abgeführt, deren Köpfe von übergestülpten Pappmasken umhüllt sind. Gewiss, es wird geschauspielert, es gibt auch eine Trennwand, die isoliert und Bedrohliches ahnen lässt. Um dem Vorwurf eines reinen Dokumentationstheaters zu entgehen, lässt die Regisseurin Groneberg Theater spielen. Leider ist es eins der behelfsmäßigen Art. Dies ist eigentlich keine Inszenierung – bestenfalls ein Arrangement von zusammengekleisterten Szenen. Egal wie es die Regisseurin dreht und wendet: Es bleibt ein Herausposaunen von Befindlichkeiten und Thesen, die in Phasen einer humanistischen Erschlaffung immerhin zur inneren Ordnung rufen und gut tun. Aber als ein Theaterstück funktioniert das nicht.

Illegale Helfer
von Maxi Obexer
Inhaltliche und künstlerische Mitarbeit: Lars Studer
Regie: Yvonne Groneberg, Bühne / Kostüme: Nikolaus Frinke, Beleuchtung: Hanns-Joachim Berditzka, Musik: Marc Eisenschink, Dramaturgie: Helge Hübner.
Mit: Denia Nironen, Christoph Hohmann, Andrea Thelemann, Friedemann Eckert
Dauer: ca. 75 Minuten, keine Pause

Deutsche Erstaufführung vom 9. Juni 2016


 

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