Harzer Kloster Wanderweg
Von Goslar nach Quedlinburg oder umgekehrt - ein Pilgerweg für pilgernde Neulinge11 Klöster im Harz erwandern
Egal, ob Sie in Goslar oder in Quedlinburg starten, insgesamt 11 Klöster liegen auf dem Harzer Kloster Wanderweg. Die Strecke erfordert vorab ein wenig Planung, denn anders als auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela findet der Pilger hier nicht automatisch eine Herberge. Ich bin den Weg im September 2020 gelaufen und habe mir ganze sechs Tage dafür Zeit genommen. Als Neuling in Bezug auf lange Wandertouren wollte ich herausfinden, wie es ist, mit Gepäck für eine Woche auf dem Rücken zu laufen.
Und wie reagieren meine Füße auf 95 km? Vorab oder besser jetzt, nach Abschluss meiner Tour, weiß ich: der Rücken muckert nicht, die Füße blieben ohne Blasen und meine Pilgertour wurde für mich ein voller Erfolg.
Ich startete in Goslar. An einem Sonnabend mit den Zug angereist blieb mir nachmittags noch Zeit, die sehenswerte Stadt zu erkunden. Als Unterkunft suchte ich mir erstmals in meinem Leben ein Hostel. Am Sonntag begann somit die eigentliche Wanderung. Weitere Nächte verbrachte ich in Kloster Wöltingerode, in Ilsenburg, Wernigerode, Blankenburg, Thale und zuletzt in Quedlinburg.
Als digitaler Reiseführer war mir die Wander-App "Komoot" eine große Hilfe, denn die Ausschilderung als Kloster Wanderweg ist über einige Strecken sehr lückenhaft. Ohne diese App wäre ich nicht so gut und entspannt gepilgert. Da ich zur Planung der einzelnen Etappen nicht nur die Klöster als Anlaufpunkte verwendete, sondern natürlich auch die Adressen meiner Unterkünfte, führte mich mein Weg nicht immer exakt den Harzer Kloster Wanderweg entlang. Unterwegs bin ich jedoch immer wieder auf den offiziellen Pilgerweg gelangt. Vermutlich bin ich 3/4 der Strecke so gelaufen, wie es die Planer des Weges sich dachten.
Stempelkasten zum Begleitheft des Klosterwanderweges (Bild: Heike Nedo)
Etappe 1: von Goslar zum Kloster Wöltingerode
Startpunkt in Goslar ist die romanische Neuwerkkirche aus dem 13. Jahrhundert. Gleich davor findet der Wanderer den roten Holzkasten zum Abstempeln seines Begleitheftes. Für alle 11 Stempel der Stationen erhielt ich am Ende die Harzer Wandernadel in Bronze (in der Touristinformation Quedlinburg).
Gleich danach stellt sich die Frage:"Wo entlang?". Ich hatte mir die offizielle Karte zum Pilgerweg besorgt.
Es ging demnach Richtung Bahnhof - anschließend musste ich Passanten fragen und Google Maps. Die Karte ist Orientierung, jedoch kein echter Wegführer. Später habe ich nur noch Komoot genutzt und bin überall gut angekommen.
Die Station Grauhof zeigte sich mir als ein sehr aufgeräumtes, ordentliches, großes Gut, mit breiter Mauer, uraltem Friedhof und Sonntag Vormittag menschenleer (mit Ausnahme einiger Wanderer). Die Kirche St. Georg verschlossen, davor aber eine der "Engelsbänke", die den gesamten Pilgerweg säumen, daneben der rote Stempelkasten.
Kloster Wöltingerode, das Ziel meines ersten Pilgertages, zog dagegen viele Sonntagsgäste an. Hier habe ich übernachtet, gespeist und hatte noch genügend Zeit für einen Rundgang über das gepflegte Gelände mit Kräutergarten, Bienenhaus, Kirche und Nebengebäuden.
Mein erster Tag brachte mir am Anfang etwas Unbehagen in Bezug auf die Unsicherheit der Wegführung, am Ende aber das gute Gefühl angekommen zu sein und nach einer Nacht im Hostel nun eine Luxus-Pilgerherberge zu genießen.
Gesamtstrecke ca. 12,5 km
Wöltingerode Klosterkirche (Bild: Heike Nedo)
Etappe 2 - durch das Eckertal zum Kloster Ilsenburg
Diese Etappe führt zuerst entlang dem Flüsschen Oker, vorbei an Wiedelah, dann Abberode und später in das wunderschöne Eckertal. Da unterwegs ein Abschnitt über Bahnschienen gesperrt war, erwies sich Komoot als große Hilfe. Egal wie, ich gelangte in eine abwechslungsreiche Landschaft durch Wald, freies Feld und schmale, lauschige Wege am Wasser entlang. Die Ecker säumt den Klosterwanderweg hier über eine lange Strecke. Verwunschen lässt sich die Natur genießen. Dafür muss muss der Wanderer zuvor über freies Feld ohne Bäume. Bei hoch stehender Sonne zieht sich der Weg in die Länge. Hier und im Weiteren macht der Pilger Bekanntschaft mit dem Grünen Band Deutschlands, der ehemalige Grenze zwischen Ost und West.
Eckertal - Ruhe genießen (Bild: H. Nedo)
Zeit für Kloster Ilsenburg, Ziel des Tages, gönnte ich mir am nächsten Vormittag.
Die Anlage ist ein Kleinod romanischer Baukunst, sehr schön gelegen mit einem Museum und Kirche. Der Gang hinein lohnt sich, auch wenn es den Wanderer weiterzieht. Ein vollkommen aus Holz gefertigter Altar sowie der Blick auf die Orgel von Vorne und Hinten sind es wert.
Gesamtstrecke 19 km
blauer Himmel überm Kloster Ilsenburg (Bild: H. Nedo)
Zwei Türme des Westwerkes (Bild: H. Nedo)
Etappe 3 - vorbei am Kloster Drübeck und Himmelpforte nach Wernigerode
Weiter geht es durch Buchenwald vorbei am Kloster Drübeck bis nach Wernigerode. Von Ilsenburg bis zum Kloster Drübeck ist es nicht weit. Der Weg führt durch schattigen Wald und bald sind die zwei Türme des Klosters zu sehen. Ein gemütliches Café und Sonnenschein luden zum Eis ein, der Garten zum Schauen und Bummeln und die Kirche in Inneren zum Ruhe finden. Im Kloster Drübeck kann der Pilger auch übernachten. Mich zog es weiter nach Wernigerode.
Wernigerode in Sicht (Bild: H. Nedo)
Umgeben von Buchen und Eichen folgt bald die Wüstung Himmelpforte, von der nur noch Mauerreste zu sehen sind. Das Kloster wurde im Bauernkrieg geplündert, worauf es aufgelöst wurde. Seine Steine dienten Stück für Stück dem Bau anderer Häuser. Heute erinnert ein Lutherstein an den Besuch Martin Luthers im Jahr 1517. Ich fand den Wegweiser dorthin (300 Meter weiter), entschloss mich jedoch gegen den kleinen Umweg.
Wernigerode begrüßte mich bald, es blieb Zeit für eine Pause auf dem Marktplatz mit Blick auf das berühmte Rathaus. Gesamtstrecke 17 km
Etappe 4 - entlang dem Ziegenstein-Kamm vorbei an Kloster Michaelstein nach Blankenburg
Auf nach Blankenburg! Das Hostel in Wernigerode bescherte mir eine beinahe schlaflose Nacht. Die Füße hielten trotzdem durch. Sie laufen immer weiter entlang dem Ziegenberg-Kamm mit wunderschöner Aussicht in die Ferne. Das Naturschutzgebiet bringt noch einmal Abwechslung in die Landschaftseindrücke des Harzer Kloster Wanderweges. Über Trockenrasenflächen schaut man in Täler rechts und links. Nur ein einziges Wanderpaar begegnete mir, sonst pilgerte ich für mich allein: Zeit zum Abschalten und Loslassen.
Fischzucht im Kloster (Bild: H. Nedo)
Ziegenstein-Kamm (Bild: H. Nedo)
Das Kloster Michealstein, wie die anderen erhaltenen Klöster auch, ist eine größere Anlage. Museum, Restaurant, Nebengebäuden und mehrere Fischteiche zur Zucht gehören dazu. Leider war das Museum geschlossen und ein großer Teil durch Bauarbeiten nicht zugänglich. Hinter den Fischteichen versteckte sich der kurzzeitig verlegte Stempelkasten, den ich durch Erfragen von Passanten fand.
Bis Blankenburg folgte ich wieder Komoot durch Wald und Wiesen. Die App führte mich auf dem gedachten Harzer Kloster Wanderweg entlang und später direkt zur Unterkunft, so dass ich selten über Pflasterstein oder Asphalt laufen musste. Gesamtstrecke 18 km.
Etappe 5 - am Rand der Teufelsmauer entlang bis nach Thale
Geübte Wanderer bereichern diese Etappe mit der Teufelsmauer und dem Großvaterfelsen. Mit Gepäck und wenig Bergwandererfahrung entschied ich mich dagegen und wanderte am Rand entlang, so wie es der Kloster Wanderweg vorsieht.
Zunächst überraschte mich jedoch die Bergkirche St. Bartholomäus und der daneben liegende Schlosspark Blankenburg. Nachdem die Sonne erfolgreich den Regen verdrängte, konnte ich Fotos machen und die barocker Gartenkunst genießen.
Bergkirche St. Bartholomäus (Bild: H. Nedo)
..., um anschließend wieder über Wald- und Wiesenwege zu pilgern. Auch der Rand der Teufelsmauer ist sehenswert. Felsen und Schluchten engen den Weg ein, umgestürzte Bäume queren ihn, es geht auf und ab und später wieder ein Stück über Feld und Wiesen entlang mit Fernblick und blauem Himmel überm Kopf. Gesamtstrecke 14,5 km.
Schloss und barocke Gartenkunst (Bild: H. Nedo)
Kostbarkeiten am Wegrand (Bild: H.Nedo)
In Thale hatte ich noch reichlich Zeit, um das Kloster Wendhusen zu umlaufen. Die Kirche war leider verschlossen und die Anlage durch hohe Mauern geschützt nur wenig zugänglich.
Trotzdem habe ich meine Spaziergänge durch die jeweiligen Orte ohne Rucksack immer genossen. Pilgern ist für mich nicht nur Laufen, sondern auch Ruhe genießen, allein sein, abschalten und die Zeit zu vergessen.
Mönch Bronzestatue vor Kloster Wendhusen (Bild: H. Nedo)
Etappe 6 - weiter bis Quedlinburg - entlang der Bode
Diese Etappe führt offiziell über die Stiftskirche St. Cyriakus in Gernrode und anschließend nach Quedlinburg. Das sind etwa 18 Kilometer. Der direkte Weg nach Quedlinburg, immer an der Bode entlang, lässt die Stiftskirche aus und ist nur 10 Kilometer weit. Hier habe ich bewußt den Harzer Kloster Wanderweg abgekürzt. Die Bode ist ein den Harz prägender Fluss und mich plagt kein schlechtes Gewissen, diesem meine Ehre erwiesen zu haben. Die Fotos unten in Gernrode sind währen eines anderen Harzaufenthalts entstanden.
Stiftskirche St. Cyriakus (Bild: H. Nedo)
Die Bode kurz vor Quedlinburg (Bild: H. Nedo)
Endlich in Quedlinburg abgekommen! Ohne Blasen, zufrieden und glücklich. Quedlinburg ist schon von Weitem sehenswert. Ebenso wie Goslar UNESCO Weltkulturerbe. Den Pilger erwartet hier noch das Kloster St. Mariae auf dem Münzenberg und die Wipertikirche. Natürlich auch das Schloss und eine Altstadt mit vielen, neu restaurierten, gut erhaltenen Fachwerkhäusern. Meine Pilgerwanderung unternahm ich allein, in Quedlinburg kam mein Mann dazu und wir gönnten uns gemeinsam zwei Tage Zeit in dieser wunderschönen Stadt. Gesamtstrecke 10 km.
Nur das Wetter spielte nicht mehr mit. Beim Wandern verwöhnte mich die Sonne, jetzt am Ziel regnete es den ganzen Tag - für Fotos keine gute Zeit.
Münzenberg Quedlinburg (Bild: H. Nedo)
Angekommen - Quedlinburger Schloss (Bild: H. Nedo)
Fazit um Abschluss
Ich hatte zu viel mit. Natürlich!
Trotzdem - es hat mir gut getan.
Ich würde es wieder tun. Jederzeit!
Es ist gut, alleine zu laufen.
Noch viele Wege warten auf mich.
Füße sind zum Laufen gemacht.
Es muss nicht das weite Ausland sein.