Hochwasser in Passau 2013: Bilder und Augenzeugenbericht
Die Hochwasserflut im Juni 2013 brachte der Stadt Passau den höchsten jemals gemessenen Pegel der Donau: 12,90 Meter. Ein persönlicher Bericht und Bilder von der Katastrophe.Hochwasser in Passau
In ganz Passau wurde am frühen Montagabend die Wasserversorgung gekappt, und auch der Strom wurde abgestellt; einige Provider (beispielsweise Kabel Deutschland) hatten bereits am Morgen zuvor ihre Leistung eingestellt, sodass mancherorts weder Telefon noch Internet funktionierten und auch Handynetze ausgefallen waren.
"Ab einem Pegelstand von 11,50 Meter plus einen halben bis ganzen Tag gibt es wieder Strom und Wasser." Gottfried Weindler, Geschäftsführer der Stadtwerke Passau, beantwortet die derzeit drängendste Frage vieler Passauer, wann Wasserversorgung und Strom wieder in die Haushalte zurückkehren. Den Grund für die lange Wartezeit nennt er gleich mit: Erst ab diesem Pegelstand sei eine Inspektion der Brunnen möglich. Um 7:00 Uhr am Dienstagmorgen meldete der Hochwassernachrichtendienst einen Wasserstand der Donau von 11,95 Metern.
Meine Frau und ich, wir hatten uns bei den ersten Warnungen vor einer möglichen Katastrophe mit Trockenproviant und Wasser eingedeckt; im Notfall würde zudem einige Kilometer weiter mit dem Wallfahrtsort "Heiligenbrunn" eine Quelle für den Wassernachschub zur Verfügung. Es ist paradox: zu viel Wasser (die Fluten) führt zu einem Mangel an Wasser!
Sonntag, 3. Juni: Der Inn ist über die Uferstraße gekommen (Bild: sämtliche Fotos: der Autor)
Wohin mit den Alten?
Bei diesen Wassermassen ist die Schiffahrt längst eingestellt, die Kreuzfahrtschiffe sind an (hoffentlich) sichere Liegeplätze verlegt. Geschäfte und Restaurants bleiben geschlossen. Die Altenheime sind teils evakuiert worden, weil sie vom Wasser eingeschlossen sind. Eine Mitarbeiterin des Klinikums berichtet: "Die Bewohner zweier Altenheime sind bei uns untergebracht. Für uns, das Personal, gilt absolutes Duschverbot." Das Klinikum kann drei Tage aus eigener Kraft die Wasserversorgung aufrecht halten.
Aus fürs Theater - Wasser bis in den Orchestergraben
Auf der Homepage des Stadttheaters Passau die Hiobsbotschaft: "Das Hochwasser in Passau hat leider auch im Stadttheater Passau verheerende Schäden angerichtet. Ein Spielbetrieb ist im Theater derzeit nicht möglich."
Es sehe "sehr schlimm aus", sagte Pressesprecher Konrad Krukowski am Dienstag, Tag 2 der Flutkatastrophe, der Passauer Neuen Presse; das Wasser stehe im Zuschauerraum und im Orchestergraben. Krukowski schließt nicht aus, dass alle hydraulischen und elektrischen Anlagen sowie alle Sessel und der Boden im Zuschauerraum erneuert werden müssen. Wie groß der Schaden tatsächlich ist, werde sich erst nach und nach offenbaren und nachdem Fachleute die Räume begutachtet hätten.
"Einige tapfere Kollegen sind seit Sonntagvormittag im Theater", sagte Krukowski, und ich erinnerte mich an ein Gespräch mit einer Freundin, die ich am Sonntagmorgen in der Bäckerei getroffen hatte.
"Hoffentlich wird's nicht so schlimm wie das letzte Mal", hatte Karin gesagt und von ihrem dreitägigen Einsatz beim letzten Hochwassser erzählt – Karin und ihr Mann sind beim Landestheater angestellt. "Damals drang das Wasser bis in die Aufzüge!"
Am Sonntagmorgen, im Verkaufsraum der Bäckerei, hoffte Karin noch und bangte zugleich – wahrscheinlich stand sie wenige Stunden später mittendrin im verschlammten Zuschauerraum des zauberhaften Rokokotheaters.
Ach, ne?
Mit der Flut kommen die Ratten - Hochwasser ist immer mit Infektionsgefahren verbunden
Ratten klettern die Hauswände hoch und erwarten auf den Dachterrassen die ersten Sonnenstrahlen. Uferschwalben irren umher, weil ihre Nester geflutet sind, oder sie hocken ermattet auf höher gelegenen Punkten, die aus dem Wasser ragen; Futter wäre genügend vorhanden, aber wen sollen sie füttern – ihre Brut ist abgesoffen. Jungschwäne ertrinken.
In den Gassen der Altstadt schwimmen Ölteppiche, ausgetretenes Heizöl mischt sich mit den Fäkalien der Fluten.
Das liest sich so leicht: Wasserversorgung eingestellt. Doch was bedeutet es? Zunächst einmal glucksende, dann schweigende, tote Wasserhähne. Das ist noch putzig, denn ein Reservoir ist angelegt. Bald aber leeren sich die Toilettenkästen – es kann nicht mehr gespült werden! Schlimmer noch: Wenn die Flut das Wasser in die Häuser drückt, kann auch kein Abwasser mehr hinaus – wohin also mit seiner Notdurft?
Die wichtigsten von Passaus knapp 20 Brücken sind überflutet oder ihnen steht das Wasser bis zur Fahrbahn. Die Innstadt, jener Stadtteil im Süden Passaus, der nach Österreich führt, ist abgeschnitten genauso wie Hals, das idyllischste Fleckchen Passau, dem unter Umständen ein Untergang droht, wenn das Stauwehr einige Kilometer weiter ilzaufwärts bricht, was nicht restlos ausgeschlossen scheint. Die dann entstehende Flutwelle würde Hals komplett unter Wasser setzen und den Rückhaltestau durch Donau und Inn überwinden, was wiederum dazu führen könnte, dass der Pegel in der Altstadt nochmals steigt. Gestern geisterte das Gerücht, die Innbrücke, die hinüber führt in die Innstadt, könnte unter der rasenden Last der Innfluten brechen.
Bilder vom Hochwasser 2013 in Passau - Noch am Sonntag handelte es sich "nur" um das übliche Hochwasser
Meine Aufnahmen stammen vom Sonntagnachmittag, 2. Juni 2013, als noch leise Hoffnung bestand, es handele sich um eines der wenn auch schwereren, aber "gewohnten", fast schon normalen Hochwasser. Die Hoffnung trog.
Heute, Dienstag, 4. Juni, fällt zumindest kein Regen. Aber der Scheitel der Donauflut ist noch nicht an der Stadt vorbeigezogen. Wir wissen nicht, was dieser Scheitel bringen wird.
Umfluteter Fünferlsteg
Ein Wort zum Wort "Katastrophenflut" - Hochwasser ist immer eine Katastrophe!
Wessen Keller zweimal im Jahr unter Wasser steht, hat vielleicht eine gewisse Routine und Hartleibigkeit im Umgang mit der Situation entwickelt. Trotzdem bleibt, alles in allem (die Arbeit, der Verdienstausfall, die Säuberung, der Verlust, die Anspannung), ein unter Wasser stehendes Gebäude immer(!) eine Katastrophe. Da muss man nicht warten, bis "Rekordstände" erreicht sind. Die Menschen leiden unter jedem Hochwasser – nicht nur unter dem von 1501, dem von 1954, von 2002 und auch nicht nur unter dem vom Juni 2013 mit dem höchsten gemessenen Pegel der Donau aller Zeiten: 12,90 Meter!
Der 3. Juni 2013 wird ganz oben eingezeichnet werden
Tags darauf war sie überflutet: die Marienbrücke
Blick vom Fünferlsteg auf den Inn – trügerisch sanft fließt er dahin (Bild: johannes flörsch)
Autor: Johannes Flörsch
Bildquelle:
Bundesamt für Bevölkerungsschutz
(Wie bereite ich mich auf eine Katastrophe vor?)
Volker Bänisch / pixelio.de
(Geister in Fukushima nach Tsunami)