Von der Möglichkeit, mit vorgegebenen Mitteln etwas Neues zu erschaffen

Nehmen wir einmal an, dies hier wäre kein Autorenportal, und Sie wären kein Leser. Nehmen wir weiterhin an, das Internet wäre nicht das Internet, sondern eine Jury. Und dann nehmen wir einmal an, Sie bekämen von der Jury eine Kiste mit Worten in die Hand gedrückt mit der Aufgabe, daraus Sätze zu bilden, die a) Sinn machen b) Inhalt haben und c) nie zuvor irgendwo auf der Welt in genau dergleichen Art und Weise schon einmal geschrieben worden sind.

Wie hoch glauben Sie, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Lage sind, diese Aufgabe zur Zufriedenheit der Jury zu lösen?

Ich behaupte, die Wahrscheinlichkeit wäre davon abhängig, wie gut die Jury informiert wäre. Hätte also eben jene besagte Jury wirklich die Möglichkeit, jedes jemals an jedem Punkt der Erde geschriebene Wort oder jeden entsprechenden Satz zu eruieren - ihre Chance wäre gleich Null.

 

Ein Blick zurück in die Ursprünge

Auch wenn ich mich wiederhole. Ich schreibe seit 25 Jahren und habe mir nie, nie, nie, nie auch nur ansatzweise darüber Gedanken gemacht, was ich dabei eigentlich tue. Ob ich "gut" schreibe, alle "Regeln" beachte, ob ich einen bestimmten "Stil" habe etc. Ich habe geschrieben, und andere Menschen haben gelesen und es gab nur zwei Möglichkeiten - sie fanden es gut  - oder sie fanden es nicht gut. Seit ich 2009 angefangen habe, mein Geschriebenes auch zu veröffentlichen gab es dann noch eine dritte Möglichkeit - ein Verlag fand meine Sachen gut und druckte sie - oder er fand sie eben nicht gut und druckte sie nicht.

Ich weiss nicht, wie die Reimschemata heissen, die ich verwende, ob meine Sätze nun genug Worte enthalten - und wie gesagt - wenn es etwas gab, über das ich mir noch weniger Gedanken machte, dann war es der Inhalt dessen, was ich schrieb. Ich hatte Gedanken,. ich schrieb sie nieder. Entweder als Tagebucheintrag, phantasievoll verarbeitet als Geschichte oder Geschichtenzyklus oder eben auch als Gedicht oder Songtext. Und wieder gab es einfach nur zwei Möglichkeiten - es gefiel - oder es gefiel NICHT. Was gefiel wurde gelesen und diskutiert, was nicht gefiel wurde gelesen, kritisiert und diskutiert und gut.

Jemand der so schreibt, wie ich es über mich sage, der tut es nicht für andere, der tut es für sich. Der schreibt seine eigenen Gedanken nieder, egal ob es jemanden gibt, der sie liest, freut sich wenn sie jemand liest und noch mehr, wenn sie jemand gut findet und sie deswegen diskutiert. Jemand wie ich denkt nach, und möchte seine Gedanken seiner Umwelt einfach mitteilen, zur Diskussion stellen - mit anderen Menschen im Kontakt sein

Jemand der so schreibt, wie ich das tue - der liest auch gern. Und nicht nur die Bücher irgendwelcher ihm völlig fremder Autoren sondern am liebsten die Gedanken derer, die direkt um die Ecke wohnen. Was bewegt sie, wie denken sie, was machen sie, was kann ich von ihnen lernen  - und was vielleicht ja auch sie von mir.

Für mich sind die Gedanken meiner Mitmenschen wertvoll - umso wertvoller, wenn sie sich mir offenbaren, wenn mich andere Menschen an ihnen teilhaben lassen wie ich sie an meinen Gedanken teilhaben lassen möchte.

Ich denke und ich schreibe und ich lese und denke über das Gelesene nach und schreibe und....

...denke mir nichts dabei.

Anforderungen und Vorgaben, Regeln und gedankliche Zwangsjacken

Wie gesagt - ich kam zu Pagewizz wie die Jungfrau zum Kind. Und vielleicht war es wirklich mein grösster Fehler, mich hier einzugewöhnen. Mich hier wohl zu fühlen. Denn Pagewizz selber kann nichts für die Entwicklung, die gerade stattfindet. Aber Pagewizz muss sich beugen, wenn es seiner Zielsetzung, nämlich den Autoren die Möglichkeit zu geben, für das Geschriebene entlohnt zu werden, weiterhin gerecht werden will.

Ich zitiere aus meiner Erinnerung eine Passage die ich in den letzten Stunden irgendwo in den Weiten von Pagewizz las - und hoffe, nicht dadurch schon Duplicate Content zu schaffen: "Nutzen User bereits im Internet vorhandene Inhalte in eigenen Beiträgen und wird dies bemerkt, so werden nicht nur diese Beiträge im Suchmaschinenranking abgewertet - sondern das gesamte Portal, auf dem sie geschrieben wurden"

Für ein gutes Ranking eines Beitrages sind also einige Anforderungen zwingend zu erfüllen, Vorgaben einzuhalten, Regeln notwendig und gedankliche Zwangsjacken müssen getragen werden.

Muss ich also in Zukunft einen Satz, den ich gerade denke und so wie ich ihn gerade denke aufschreiben möchte zuerst durch die Suchmaschine jagen um zu verhindern, dass genau eben diesen jenen einen Satz in den weiten des Internets nicht schon einmal jemand gedacht und aufgeschrieben hat?

Ich frage SIE:

Wie hoch schätzen SIE die Chance ein, jemals in ihrem Leben einen Gedanken zu haben, den vor Ihnen niemand hatte?

Wie hoch schätzen SIE die Chance ein, dass diesen Gedanken vor Ihnen schon einmal jemand hatte und ihn NICHT aufgeschrieben hat?

Und wie hoch ist die Chance dass dieser jenige wenn er ihn dann aufgeschrieben hat ihn nicht genau so auf geschrieben hat wie gerade Sie es jetzt tun möchten?

Nein - denken Sie über die Fragen die ich gerade gestellt habe am besten gar nicht nach. Es reicht, wenn ich es tue. Weil wenn wir beide jetzt darüber nachdenken könnte es sein, dass mein Denken das Ihre anstösst und ihre Antworten genauso lauten wie meine. Und wenn Sie dann den Fehler machen, eben diesen Gedanken auch noch aufzuschreiben - haben wir beide keinen Unique Content mehr verfasst.

Und wenn Sie jetzt wissen wollen, warum DAS so schlimm ist - fragen Sie Google!

traumstundenfee, am 19.06.2011
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Bildquelle:
Ruth Weitz (Die 7 wichtigsten Dinge im Leben)

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