Die ersten Auftritte in der Kneipe der Eltern

 

Ilja Richter wurde 1952 in Ost-Berlin, der ehemaligen DDR, geboren. Sein Vater war zunächst überzeugter Kommunist und benannte sein drittes Kind nach Ilja Ehrenburg. Die Familie bekam jedoch Probleme mit der Staatsmacht der DDR und setzte sich 1953 nach Westberlin ab. Dann versuchte die Familie Richter in Köln Fuß zu fassen, wo Ilja die ersten "Auftritte" im Gastronomiebetrieb der Eltern absolvierte. Man versuchte mit Gesangsdarbietungen zusätzlich Gäste in die Kneipe zu locken. Anschließend ging es wieder zurück nach Westberlin, wo Ilja durch seine Mutter, eine ehemalige Schauspielerin, Kontakt zum SFB bekam. Ilja wurde schnell zum Kinderstar und wirkte in über 60 Hörspielen mit.

 

Aus "4-3-2-1 Hot & Sweet" wurde die "Disco"

 

Als sechzehnjähriger übernahm er zusammen mit Suzanne Doucet die Co-Moderation der Sendung "4-3-2-1 Hot & Sweet" im ZDF, aus der dann die Kultsendung "Disco" entstand. Aus heutiger Sicht ist es schwer verständlich, warum eine Musiksendung einen derartigen Bekanntheitsgrad in der Fernsehwelt erreichen konnte. Man muss jedoch die medialen Verhältnisse der damaligen Zeit beachten. Zunächst gab es bezüglich ARD bzw. ZDF keinerlei Konkurrenz - keine privaten Fernsehsender und natürlich auch kein Pay-TV. Dazu kam der Umstand, dass das Medium Fernsehen noch neu und hochinteressant war und gerade das Farbfernsehen eingeführt wurde. Andere Klassiker des Unterhaltungsfernsehens, wie Heinz-Joachims Kulenkampfs "Einer Wird Gewinnen" oder der Krimikult "Der Kommissar" mit Erik Ode, starteten ja noch in schwarz-weiss, die Disco war von Anfang an in Farbe zu sehen.

 

"Beatclub" und die "ZDF-Hitparade" waren die große Konkurrenz 

 

Aus musikalischer Richtung gab es zwar prominente Konkurrenz, jedoch bediente die "Disco" einen sehr breit angelegten Musikgeschmack und verzichtete vollkommen auf Musik, die nicht im Mainstream angesiedelt war. Der "Beatclub" war Mitte der sechziger Jahre durchaus eine Musiksendung, die sich vorwiegend an den Chartlisten orientierte, ab 1969 etwa verbannte man aber die kommerzielle Pop- und Rockmusik nahezu vollständig aus dem Programm. Die "ZDF-Hitparade" war voll und ganz dem deutschen Schlager gewidmet, in der kein einziges englisches Wort fallen durfte. In dieses Vakuum stieß die "Disco" vor und brachte in jeder Sendung einen Querschnitt durch die aktuellen Hitparaden. Neben Shocking Blue, den Sweet oder Abba hatte man auch gegenüber dem deutschen Schlager keinerlei Berührungsängste. Marianne Rosenberg, Chris Roberts, Roy Black, Christian Anders oder Peter Maffay waren regelmäßige Gäste. Scheinbar war der "Vollkontakt" mit manch heftiger deutscher Schlagerschnulze auch für jene verkraftbar, die vor allem wegen Middle Of The Road, Cat Stevens, Albert Hammond oder Suzi Quatro die Sendung eingeschalten haben. Ilja Richter war stets "korrekt" gekleidet und deswegen war die "Disco", im Gegensatz zum "Beatclub", für manch konservativen Vater kein Grund, den Kindern das Fernsehen zu verbieten.

 

Das bunte musikalische Angebot war der wesentliche Erfolgsfaktor der "Disco"

 

In der "Disco" war aber auch Platz für anspruchsvollere Pop- und Rockmusik. Adamo, Joana oder Inga & Wolf fanden zwischenzeitlich auch Platz in dem sehr bunten Musikangebot. Über die "schaupielerischen Einlagen", die zwischendurch von Ilja Richter eingestreut wurden, kann man geteilter Meinung sein. Die "Witzchen" welche als Sketche oder Gags nach jedem zweiten Musiktitel eingespielt wurden, waren wohl von nicht allzu hoher Qualität. In Summe machten sie aber den Charme einer Musiksendung aus, die eine ganze Generation Popmusikbegeisterter geprägt hat. Das Fernsehprogramm ZDF-Kultur wiederholt zeitweise Folgen der "Disco" und bietet damit einen interessanten Rückblick auf eine der spannendsten Epochen des Fernsehens und der Popmusik. Wer nicht warten möchte, bis es im Fernsehen wieder "Disco" Folgen zu sehen gibt, kann zur DVD-Box "40 Jahre Disco" greifen. Auf vier DVDs sind noch einmal die größten Hits aus der Kultsendung von Ilja Richter zu hören und zu sehen.Außerdem gibt es natürlich viele CD-Sampler, die der "Disco" gewidmet sind.

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