'Apachen' – meine Einstiegsdroge

Ohne alles Vorwissen klickte ich auf diesen Filmtitel. Apachen – das klang doch vielversprechend. Schließlich war auch Winnetou ein Apachenhäuptling. Zu Beginn des Films hätte ich allerdings fast gleich wieder weitergeklickt. Denn von Action oder gar Indianern war weit und breit nichts zu sehen. Stattdessen Wüste in minutenlangen Einstellungen, Säulenkakteen, im Hintergrund meditative Musik. Ich vermutete einen Dokumentarfilm und musste mir eingestehen, dass ich eigentlich keine Lust darauf hatte. Zu anstrengend, zu anspruchsvoll. Das Leben an sich ist stressig genug.

Zum Glück habe ich nicht weitergeklickt. Denn der Film ist wahrhaftig eindrucksvoll, wenn es auch recht lange dauert, bis man in seinen Sog gerät.

Nach einigen Minuten jagten im Hintergrund ein paar Reiter über den Bildschirm, ziemlich fetzig, aber das war's dann auch schon wieder. Irgendwann befindet man sich im Indianerdorf und wird aller romantischen Illusionen beraubt. Der alte weise abgedankte Häuptling ist Alkoholiker, der Stamm bezieht Lebensmittelrationen von einer weißen Ansiedlung. Dort findet alljährlich ein Fest statt, und der Gipfel der Auflehnung besteht darin, diesem Fest fernzubleiben. Traurig, aber so war's wahrscheinlich.

Was so halbwegs idyllisch beginnt, wandelt sich in der zweiten Filmhälfte zu einem brutalen Blutrache-Drama. Ich will nicht alles verraten, nur so viel: Die Indianer wurden bekanntlich zum großen Teil ausgerottet, oft genug regelrecht abgeschlachtet. Der DDR-Film zeigt dies in aller Deutlichkeit, ich habe selten so brutale Szenen gesehen. Die Geschehnisse sind jedoch historisch verbürgt. Von dem friedlich in Koexistenz mit den Weißen lebenden Stamm bleiben nur ein paar wenige übrig, unter diesen der Häuptling Ulzana, dessen einziges Ziel von nun an darin besteht, das Massaker an seinem Volk zu rächen.

Ulzana hat überlebt ...
Ulzana - Schicksal und Hoffnung

Eine Klasse für sich ist der Star all dieser Indianerfilme: Gojko Mitić, bekannt als „Winnetou des Ostens“

Man muss ihn einfach mal gesehen haben! Gojko Mitić, von Geburt Jugoslawe, wollte ursprünglich Sportlehrer werden, wurde dann als Double für einen Ritterfilm eingesetzt, arbeitete als Stuntman und bekam schließlich ein paar kleinere Rollen in westdeutschen Karl-May-Verfilmungen. Seine erste Hauptrolle war der Häuptling Tokei-ihto im ersten der DEFA-Indianerfilme. Die Söhne der großen Bärin lehnt sich an den gleichnamigen Roman von Liselotte Welskopf-Henrich an, die sich ihrerseits ebenfalls sehr um historische Authentizität bei der Darstellung ihrer Indianer bemühte. Auch hier geht es um Betrug, Ausbeutung, Verrat, Vertreibung und die zum Scheitern verurteilten Versuche der Unterlegenen, sich dagegenzustemmen.

Wenn der Untergang der Indianer auch letztendlich nicht verhindert werden kann, so gibt es doch immer wieder kleinere Etappensiege. Und hier ist Gojko Mitić in seinem Element. Schon in Apachen hatten mich seine Reitkünste und seine unglaublichen sportlichen Leistungen beeindruckt, aber die Schlussszene in den Söhnen der großen Bärin ist einfach nicht zu toppen. Jeder hält ihn für todgeweiht, einschließlich er selbst, als er sich, nur mit Pfeil und Bogen, seinem Messer und Tomahawk bewaffnet, der zwanzigfachen Übermacht der weißen Schurken mit ihren Gewehren stellt, um seinen Stamm zu retten …

Auf der 'Spur des Falken' zu 'Tecumseh' und 'Osceola'

Ich hatte das Glück, zuerst die beiden Filme mit dem furiosen Finale zu sehen, in denen der "Gute" zumindest vorläufig doch noch gewinnt. Aber die DEFA-Indianerfilme haben ja einen historischen Anspruch, und wir kennen alle den tatsächlichen Ablauf der Geschichte. Je weiter sich die Sujets von Romanhandlungen und üblichen Western-Plots entfernen, umso tragischer und aussichtsloser enden die Filme. Spur des Falken und Weiße Wölfe nehmen insofern eine Mittelstellung ein, als sie zwar historische Ereignisse miteinbeziehen, aber auf einer fiktiven Handlung aufbauen. Tecumseh und Osceola dagegen haben historische Personen als Titelhelden und behandeln historisch belegte Indianeraufstände. Entsprechend traurig gestaltet sich dann auch der Schluss.

Federspiel, am 03.04.2012
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