John Huston - Amerikanischer Filmregisseur mit vielen Gesichtern
Ein Porträt des amerikanischen Filmregisseurs John Huston, der ein wildes Privatleben hatte und die verschiedenartigsten Filme gedreht hat.Ein Mann mit vielen Interessen
Man hat verschiedene Verbindungslinien zu ziehen versucht zwischen seinen Filmen. Sowohl inhaltlich im Hinblick auf die vielen männlichen Verlierer, die scheiternden Liebesbeziehungen, die Sehnsucht nach Liebe und Heimat, die Suche nach Identität. Als auch formal angesichts des ausdrucksstarken und dynamischen Stils, angesichts Bedeutung und Personenbeziehungen unterstreichenden Kameraeinstellungen, welche sich an den Verstand des Zuschauers richten und selten zu beschaulichen Betrachtungen einladen. Huston selbst sah sich nicht als "Autor", als persönlichen Filmemacher, im Gegensatz zu Regisseuren wie Ingmar Bergman. Auch hatte er keine bestimmte Botschaft, kein philosophisches System. Er nennt sich in seiner Autobiographie "... mehr als nur ein Leben" ("An open Book") Eklektiker. Es sind gerade die vielen verschiedenen Facetten, die sein Wesen ausmachen. Außerdem waren ihm Boxen, Malen, Schreiben, Jagen oft wichtiger als Filme. In der großen Bandbreite seiner Filme also erkennt man erst seine Persönlichkeit.
Director John Huston on Location During Filming of Motion Picture The Night of the Iguana (Bild: Gjon Mili)
Die Kindheit – Begegnung mit dem Tod
Geboren wurde er am 5.August 1906 in dem Örtchen Nevada (Missouri). Sein Vater Walter Huston versuchte deshalb, bürgerlich zu werden und seine allerdings auch nicht allzu erfolgreiche Schauspielerei an den Nagel zu hängen. Schon drei Jahre später wurde er rückfällig, verließ seine Frau Rhea, und 1913 waren er und Hustons Mutter geschieden. Diese war Journalistin mit einer Vorliebe fürs Glücksspiel.
Mit 12 diagnostizierte man bei John Huston eine angeblich lebensbedrohliche Krankheit, die so behandelt wurde, dass er fast daran gestorben wäre. Er kam in ein Privatsanatorium, wo er gepflegt werden sollte. Dort wollte er auf Dauer aber nicht auf seinen Tod warten. Er hatte die badenden Menschen in einem Kanal beneidet. In dieses kalte Wasser stürzte er sich eines Nachts und danach immer wieder. Die nächtlichen Ausflüge kamen heraus und man schrieb ihn lieber gesund.
Zwei Dinge scheint er dort gelernt zu haben: Erstens, dass man jeden Tag mit Freude und Leidenschaft genießen sollte, da man sowieso stirbt. Und zweitens, dass man den Tod am besten mit unerschrockener Furchtlosigkeit aufhält.
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Der Weg zum Film
In seiner Jugend versuchte er es als Boxer und war auch ganz erfolgreich. Dann wollte er Maler werden, sah aber zu viele brotlose und hungernde Künstler. Als Schriftsteller probierte er es auch. Natürlich ließ er nach dem Vorbild seines allmählich berühmt werdenden Vaters auch die Schauspielerei nicht aus, die er nie völlig aufgab. Seine beeindruckendste Rolle ist sicherlich die des Noah in seinem eigenen Film "Die Bibel" (1965).
Aber berühmt werden sollte er mit dem Talent, das am meisten Geld einbrachte. Erst war er Drehbuchschreiber, dann kam 1941 der Durchbruch als Regisseur mit "Die Spur des Falken", auf den noch fünf weitere Filme mit Humphrey Bogart folgen sollten, der ihn freundschaftlich 'The Monster' nannte. Im Zweiten Weltkrieg drehte Huston Dokumentarfilme für die Armee. Geehrt mit militärischen Auszeichnungen kehrte er nach Hollywood zurück. Dort drehte er u.a. den Gangster- und Einbruchsfilm "Asphalt-Dschungel" (1950) und das Goldsucherdrama "Der Schatz der Sierra Madre"(1948), für den er den Oscar für die beste Regie bekam.
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Entfremdung von den USA
Die Zeit seines endgültigen Durchbruchs als Filmemacher war auch die der Kommunistenparanoia, der Spitzelei, der Hetzerei und der Berufsverbote, gegen die er sich mit anderen öffentlich aussprach. Durch das von ihm konstatierte Klima der allgemeinen Feigheit begann eine gewisse Entfremdung von Amerika. Er fühlte sich nicht mehr recht wohl in dieser Atmosphäre. Anfang der fünfziger Jahre kaufte er sich ein Anwesen in Irland (St.Clerans) und wurde 1964 irischer Staatsbürger. In den siebziger Jahren wurde Puerto Vallarte, Jalisco, Mexiko seine Heimat. Auch durch seine Karriere verbrachte er viel Zeit außerhalb der USA und drehte in Europa, Afrika und Asien.
Film Director John Huston, Playing with Rifles During the Making of the Movie "The African Queen" (Bild: 5314733)
Persönliche Interessen und das Filmen
Huston machte von 1941-1987 37 Spielfilme. Immer wieder wählte er Stoffe danach aus, dass sie auf die eine oder andere Art direkt mit seinem Leben zu tun hatten. Als Maler, Kunstsammler und Toulouse-Lautrec-Verehrer drehte er "Moulin Rouge"(1953), der weniger ein Film über einen Maler, sondern einer über dessen Malerei ist. Mit einem besonderen Farbverfahren wollte er einen leicht verschwommenen, impressionistischen Film drehen. Mit Farbe experimentierte er auch in "Spiegelbild im goldenen Auge"(1967). Die Dreharbeiten zu "African Queen" (1952) nutzte er wie ein Besessener zur Elefantenjagd. Sechs Jahre später drehte er mit "Die Wurzeln des Himmels" (1958) einen Film über eine Gruppe von Menschen, die Afrikas Elefanten schützen wollen. "Misfits" (1961) gab ihm die Gelegenheit, mit Pferden zu arbeiten. Dieser Film zeigt ebenso wie der Boxerfilm "Fat City" (1972) die schwache und zerbrechliche Seite des klassischen amerikanischen männlichen Helden. Ein solcher in seiner noch vollen Blüte ist der Richter in "Das war Roy Bean"(1972), der in einer Traumsequenz die Kräfte der bösen, kapitalistischen Moderne vernichtet. Während der Krankheit in seiner Kindheit hatte Huston Rudyard Kipling praktisch auswendig gelernt und erfüllte sich 1975 mit "Der Mann, der König sein wollte" einen lange gehegten Wunsch.
Moulin Rouge |
Das Spätwerk
Als Alkoholliebhaber, der deshalb prinzipiell kein Auto fuhr, adaptierte er Malcolm Lowrys Trinkertragödie "Unter dem Vulkan" (1984), der ebenso wie "Der Schatz der Sierra Madre" und die Tennessee-Williams-Verfilmung "Die Nacht des Leguan"(1964) in seiner zweiten Wahlheimat Mexiko spielt. Auch sein letztes Werk, die James-Joyce-Verfilmung "Die Toten" (1987), das noch einmal eine Liebeserklärung an Irland ist, handelt wie "Unter dem Vulkan" von Liebe und Tod und dem Einfluss des Todes und der Toten auf die Lebenden. Doch zwischen diesen scheinbar typischen Alterswerken drehte er die muntere Mafiaparodie "Die Ehre der Prizzis"(1985).
In seinen drei letzten Filmen ist der Protagonist am Schluss allein. Es gibt die Liebe, die Geschlechterfrage ist an sich kein Problem. Aber für ihn gibt es keine Liebe. Er hat Pech, er selbst oder die Umstände sind nicht danach.
Der Regisseur und Produzent Gottfried Reinhardt sagte über Huston: "John ist ein Charmeur, ein Zauberer, aber im Grunde ist er eine verlorene und heimatlose Seele, ein sehr einsamer Mann. Mit gewöhnlichen, menschlichen Gefühlen und Empfindungen hat er gar keinen Kontakt."
John Huston war fünf Mal verheiratet und geschieden. Er hatte zwei Söhne und zwei Töchter. Er starb am 28.August 1987 in Middletown, Rhode Island, USA an einem Emphysem.
Die Ehre der Prizzis | Unter dem Vulkan | John Huston's The Dead |
John Huston Film Director on Set of Latest Film the Man Who Would Be King (Bild: 4163961)
Director John Huston Barred Crying Actress Sue Lyon's Fiance from Set of (Bild: Gjon Mili)