Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels

Kant verzichtete bewusst auf theologisch-teleologische Argumente und versuchte die Welt durch mechanische Prinzipien und aus der newtonschen Physik heraus zu erklären. Seine Anregungen zur "Allgemeinen Naturgeschichte" von 1755 stammen der Legende nach von Kants Universitätslehrer Martin Knutsen (1713-1751). Dieser sagte für 1738 und 1744 einen Kometen voraus, der schon 1698 gesichtet wurde. Knutsen veröffentlichte daraufhin die Schrift "Vernünftige Gedanken von einem Kometen" (1744), welche zur Entstehung der "Allgemeinen Naturgeschichte" beigetragen hatte. Der Inhalt gliedert sich in drei Teile: Der erste Teil befasst sich mit den Fixsternen und der Milchstraße. Der zweite Teil umreißt die Planeten sowie den mechanischen Ursprung der Welt und der dritte Teil handelt schlussendlich von den Bewohnern fremder Gestirne.

Fremde Planeten

Fremde Planeten (Bild: http://pixabay.com/de/lands...)

Die kantianischen Außerirdischen

Kant weist explizit darauf hin, dass ferne Welten bewohnt sind und diejenigen, die es nicht seien, würden es bald werden. Ebenso aber sagt er, es sei nicht unbedingt notwendig ist, dass ein Himmelskörper bewohnt ist. Er spricht im Sinne der Ästhetik davon, dass es auch schöne Orte ohne die Anwesenheit diverser Lebewesen gäbe. Die Chancen auf belebte Planeten steigern sich ins Unermessliche, wenn das Weltall nur groß genug ist und ausreichend Zeit zur Verfügung hat.

Die Beschaffenheit der kantianischen Außerirdischen ist vom Abstand der Sonne abhängig sowie vom Vernunftsgebrauch. Kant glaubte, dass die Entfernung der Himmelskörper von der Sonne gewisse Verhältnisse mit sich führen: Je weiter ein Planet von der Sonne entfernt ist, desto leichter ist der Stoff, aus dem er besteht. Und desto leichter ist die materielle Beschaffenheit. Und je leichter das Material, desto leichter und flüchtiger sind die Körper der dort lebenden Wesen. So bringt die Venus Bewohner von gröberen Bau hervor als jene der Erde, da sie der Sonne am nächsten steht. Die Bewohner des Jupiters hingegen sind leicht. Allerdings nimmt mit fortschreitendem Abstand zur Sonne auch die Vollkommenheit des Geistes zu. Die kosmische Nachbarschaft ist bei Kant stark von der newtonschen Gravitationstheorie beeinflusst. Kant weist auch darauf hin, dass die intellektuelle Überlegenheit der Bewohner auf den äußeren Planeten durchaus als eine rein lebenspraktische Angepasstheit verstanden werden darf. Da die Vollkommenheit des Geistes bei den Bewohnern des Jupiters und des Saturns größer ist, hätten diese auch eine veränderte Zeitwahrnehmung. Die Zeit ist also relativ, dennoch aber vergänglich.

 

Der Außerirdische – ein menschlicher Zweckgegenstand

Für Kant besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass es Wesen geben könnte, die nicht an die Anschauungsformen von Raum und Zeit gebunden sind. Die Vorstellung also, dass es irgendwo intelligente "nicht menschliche" Wesen geben mag, die anders als wir erkennen, ist und bleibt eine menschliche Vorstellung. Der Zweck des Außerirdischen wird jedoch vielfach für die Charakterisierung der Einzigartigkeit des Menschen verwendet. Auch bei Kant ist er ein Grenzwesen. Er steht zwischen dem Tier, das als vernunftlos, aber empirisch erkannt gesehen wird und den Göttern, Engeln und Teufeln, die auf der begrifflichen Ebene angesiedelt sind. Der Außerirdische ist ein begrifflicher Gegenpol, bei welchem aber davon ausgegangen werden kann, dass die empirischen Bedingungen vorhanden sind. Die Figur des Außerirdischen bildet also eine vorteilhafte Perspektive für den Menschen.

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