Die "Fünfte Jahreszeit" beginnt am 11.11.

Die Sessionseröffnung am 11.11. und der damit verbundene Start in die "Fünfte Jahreszeit" ist für alle Karnevalisten Jahr für Jahr aufs Neue ein heiß herbei gesehnter Termin. Karnevalsvereine, die etwas auf sich halten, veranstalten an diesem Tag, der im närrischen Kalender ganz oben auf der
Prioritätenliste steht, zumindest einen "Empfang mit jeckem Programm". Wer es ganz besonders gut machen will, wetteifert mit der Konkurrenz im Nachbardorf um Besucher zur "Großen Sitzung mit Spitzenkräften". Wenn nicht zur Sessionseröffnung, dann steht jedoch in der Hauptkarnevalszeit außer Frage, dass eine Sitzung veranstaltet werden muss, das verlangt das Renomée. Und wieder sind die Spitzenkräfte gefragt. Gut für Veranstalter und Spitzenkraft, wenn ein Kameramann des Lokalsenders oder wenigstens ein Radioreporter des Bürgerfunks diese Spitzenkraft irgendwann einmal vor der Linse oder dem Mikrofon hatte. Besser noch, wenn sich daraus via Satelitt eine zwanzig Sekunden dauernde Präsenz im Fernsehen oder Radio ergben hat. Dann prangt auf allen Plakaten der hoch trabende Zusatz "Bekannt durch Funk und Fernsehen".

Die Tücken des Sitzungskarnevals - Ein Spagat zwischen Finanzierbarkeit und Qualität

Das närrische Treiben ist nicht ausschließlich primitiv und hat durchaus viele gute Seiten, die
thematisch unter anderen Aspekten zu würdigen sind. Hier geht es jedoch um die Auswüchse. Wenn unter dem Deckmantel des Karnevals Alkoholexzesse gefeiert (!) werden, wenn unerträgliche  sexistische Zoten zu Begeisterungsstürmen in Veranstaltungszelten führen, in denen kurz zuvor noch Kindertanzgruppen aufgetreten sind, dann werden Grenzen überschritten, die nicht mehr zu tolerieren sind. Hinzu kommen Ausrutscher von büttenredenden Verbalakrobaten, die Humor mit Beleidigungen verwechseln. Beliebte Opfer kommen aus den Reihen der Politik, des Sports und der Kirche.

 

Jede veranstaltende Karnevalsgesellschaften (KG) befindet sich in einem Dilemma. Da man bestrebt ist, möglichst viel am Getränkeumsatz zu verdienen, wird die Großzügigkeit der Kontrollen beim Ausschank so weit wie möglich ausgedehnt. Dem äußeren Anschein nach werden alle Vorschriften eingehalten, die zugedrückten Augen haben dennoch Hochkunjunktur, wenn man sicher ist, unbeobachtet zu sein. Anders lässt sich schlecht erklären, wie es zu vorgerückter Stunde zu den immer wieder zu beobachtenden Schnapsleichen im jugendlichen Alter kommt. Ein Blick auf die Honorare der tatsächliche Spitzenkräfte lässt schnell erkennen, dass diese für die meisten KG's schlicht und ergreifend nicht mehr finanzierbar sind. Man ist auf die sogenannten Eigengewächse angewiesen und kann nur hoffen, dass sich der oder die eine oder andere als halbwegs bühnentauglich erweist. Zum Glück kommen aus diesen Reihen erfahrungsgemäß nur ganz selten
problematische Textbeiträge.

Achtung Stimmungskanonen

Eine ganz anderes Kaliber sind hingegen die im Verlauf einer Session über die Dörfer tingelnden
selbsternannten Stimmungskanonen, die jeweils gerne in einer einem bekannten Karnevalisten sehr ähnlichen Verkleidung erscheinen. Für ein in erster Linie aus zusammengeklaubten Uraltpointen und Witzen unterhalb der Gürtellinie zusammengestümperten Reden verlangen sie Honorare im Bereich zwischen 500 und 1000 Euro. Wenig souverän schaffen diese Karnevalsabstauber es selten, ein immer unruhiger werdendes Publikum zu unterhalten. Hier wären die KG-Präsidenten und Elferräte gut beraten, auf derartige Auftritte zu verzichten.

 

Eine wahre Erholung sind im Gegensatz dazu die Musikgruppen und -kapellen, die mit der richtigen Titelauswahl für echte Stimmung sorgen. In den meisten Fällen beherrschen diese Ensembles ihre Instrumente und treten auch an anderer Stelle als ganz ausgezeichnete Musiker auf. Da stört es wenig, dass es sich fast immer um die gleichen Stücke handelt. Für das Publikum gilt: Hauptsache laut und gut gelaunt. Wenn dann dazu noch der eine oder andere tatsächlich gute Alleinunterhalter für Lacher sorgt und Tanzgruppen auftreten, denen man ansieht, dass sie wirklich gut tanzen, dann macht eine Karnevalssitzung Spaß. Es gibt sie, die "Spitzenkräfte" - auch wenn deren Honorare höher sind, sollten die Veranstalter sich entscheiden, mehr Wert auf Qualität als auf Quantität zu legen.

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