Es gibt kaum ein schöneres Geschenk als gemeinsam verbrachte Zeit. Ein Abend im Theater kann ein romantisches Kerzenlichtessen mit dem Partner abrunden, einen lustigen Abend mit Freunden einleiten oder einen Familienausflug in eine fantastische Welt bedeuten. Doch gerade diese lang im Voraus geplanten Abende lösen auch hohen Erwartungsdruck aus. Eine unpassende Stückauswahl kann schnell zu Peinlichkeit bei Schenker und Beschenktem führen. Die unten stehende Auswahl stellt Stücke für verschiedene Typen von Theaterbesuchern vor, damit nicht nur unter dem Tannenbaum die Augen strahlen.  

Romeo und Julia im Schauspielhaus - unterhaltsamer Klassiker für Romantiker

Klaus Schumacher ist mit seiner Inszenierung von William Shakespeares Klassiker "Romeo und Julia" die Gestaltung eines sehr runden und gefälligen Theaterabends gelungen. Julia Nachtmann stellt ihre Namensvetterin hinreißend ehrlich dar. Die zierliche Schauspielerin ist nicht nur äußerlich eine perfekte Besetzung der jugendlichen Heldin, sie hat auch die Fähigkeit sich in diese kindliche, manchmal alberne, dann wieder todernste Figur hinein zu fühlen.

Ihr Spielpartner Aleksandar Radenkovic steht ihr in dieser Hinsicht nur geringfügig nach. Der flatterhafte Romeo gibt sich Kummer ebenso leidenschaftlich hin wie Festen und seiner süßen Liebe zu Julia. Nachtmann und Radencovic gelingt es selbst mit wippenden glitzernden Antennen auf dem Kopf noch die Leidenschaft ihrer Rollen glaubwürdig zu inkorporieren. Sie sind witzig ohne lächerlich zu wirken.

Gleiches gilt für die Darsteller von Romeos Freunden. Mercutio alias Tristan Seith ist ein massiger Kungfu Kämpfer, rücken sie gegen die verfeindeten Capulets aus, zeigt sich seine überraschende Präzision. Der lange dünne Benvolio, gespielt von Sören Wunderlich, tut sich vor allem durch seinen beißenden Spott und die Vorliebe für dreckige Witze hervor. Zusammen geben sie ein wunderbar komisches Gespann. Doch auch diese beiden können blitzartig in ernste Stimmung verfallen, wie es die Wendungen des Dramas vorsehen. 

Es wäre sicher eine Interpretation nach Shakespeares Geschmack gewesen. Es geht laut, derb und witzig zu, herzzerreißend romantisch und jugendlich naiv und natürlich sehr sehr traurig. Ein Stück, das alle Register zieht, sodass die zweieinhalb Stunden im Flug vergehen. Ein lohnender Abend für alle, denen weder Lach- noch Trauertränen im Theater peinlich sind.

Was ihr wollt im Thalia-Theater - Shakespeare als derbe Posse - nichts für zarte Gemüter

Shakespeares wilde Verwechslungskomödie ist von Jan Bosse mit viel Liebe zum Detail inszeniert und von seinen Schauspielern mit nahezu unbändiger Spielfreude umgesetzt worden. Schon das Bühnenbild ist bombastisch. Eine farbenfrohe Waldlandschaft mit einem lebensgroßen künstlichen Reh erstreckt sich an der Rückseite der Bühne. Davor stehen oder sitzen sechs Schauspieler, die abwechseln ihre Szenen spielen. Die verworrene Handlung - Ein Adliger verliebt sich in eine Frau, die um ihren Bruder trauert und ihn abweist, während ihr Onkel versucht sie mit seinem geistig minderbegabten Freund zu verkuppeln, bis ein Zwillingspaar auftaucht, welches den jeweils anderen tot glaubt und von denen einer die Dame und eine den Adligen tröstet - steht weit hinter der Situationskomik der einzelnen Szenen zurück. Dabei scheint den Schauspielern eine relativ große Freiheit zur Improvisation gegeben sein. Anspielungen auf aktuelle Lebenssituationen der Akteure (Jörg Pohl hatte sich kurz zuvor den Fuß gebrochen) verfestigten diesen Eindruck. 

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In dieser Inszenierung ist kein Platz für zarte und leise Regungen. Alles wird lärmend und laut ausgespielt. Der alkoholabhängige Onkel Rülp, den Bruno Cathomas herrlich uneitel und ohne jede Schüchternheit darstellt, ist eigentlich nur an Sex und Drogen interessiert. Sein Lieblingsopfer ist dabei der einfältige Bleichenwang, den Jörg Pohl sogar humpelnd, hüpfen und springen lässt, sobald Rülp die Langeweile überkommt. Ziel ist dabei natürlich nur der Dame näher zu kommen, doch die ist längst dem Zwillingspaar Viola/Sebastian verfallen, beide gespielt von Mirco Kreibich.

Sämtliche Intrigen werden beäugt und begünstigt vom Hofnarren. Diese männliche Rolle wird von Karin Neuhäuser so trocken gespielt, dass sie absolut glaubwürdig und oft sehr komisch ist. Wer sich für "Was ihr wollt" entscheided, wird zweifellos einen ungewöhnlichen Theaterabend verbringen. Zart beseitet darf er aber nicht sein, da Humor hier nie subtil sondern immer äußerst direkt gespielt (und manchmal wohl auch ausgelebt) wird. 

Krabat im Schauspielhaus - Gruseliges Familientheater

Krabat wird im Schauspielhaus nun schon seit mehreren Jahren zur Weihnachtszeit gezeigt. Zu Recht, denn es ist ein abwechslungsreiches Stück welches für Familien mit älteren Kindern ebenso unterhaltsam ist wie für Erwachsene. Es ist eine düstere Geschichte, die auf einer alten Sage beruht. Krabat kommt zu einer Mühle und beginnt für den dortigen Meister zu arbeiten. schnell wird klar, dass dieser sich übernatürliche Fähigkeiten vom Gevatter Tod erkauft, indem er jedes Jahr einen seiner Gesellen opfert. Marcus Bothe gelingt es in seiner Version von Krabat neben dem unheimlichen Leben der Mühle auch lustige Szenen der Freundschaft zwischen Krabat und seinen Kollegen sowie anrührende Liebestreffen mit einem Dorfmädchen zu zeigen. Mit Hilfe der Musik von Biber Gullatz, welche auf der Bühne life performt wird, kommt zusätzlich Schwung in diese vielseitige Inszenierung. Der Abwechslungsreichtum hebt das Stück insbesondere vom gleichnamigen Film ab, der sehr viel stärker die Unheimlichkeit der Geschichte betont.

Das schlichte Bühnenbild und das Lichkonzept sind ebenso ästhetisch wie realistisch anmutend. Ein riesiger Mond taucht die Bühne in kaltgelbes Licht, sobald sich Gevatter Tod in Form einer überdimensionalen Eisenhand von oben der Mühle nähert. In diesen Momenten stockt dem Zuschauer schon einmal der Atem und es läuft ihm kalt den Rücken herunter. Eltern kleinerer Kinder sei darum unbedingt davon abgeraten, dieses Stück als Weihnachtsmärchen auszuwählen. Auch die vom Schauspielhaus gesetzte Untergrenze von neun Jahren scheint angesichts der düsteren Szenen recht niedrig gesetzt. Jugendlichen sowie jungen und auch etwas älteren Erwachsenen sei diese märchenhafte Inszenierung dagegen aufrichtig ans Herz gelegt.

Weit düsterer als das Theaterstück - Krabat - der Film
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