Discounter und Handelsketten als Protagonisten

In Italien, China und Südafrika ist die Abgabe von Plastiktüten im Einzelhandel bereits gesetzlich verboten.

Seit April vergangenen Jahres gibt es in Deutschland eine freiwillige Vereinbarung, nach der Unternehmen Plastiktüten ihren Kunden nicht mehr umsonst, sondern nur gegen Bezahlung mitgeben sollen. Seitdem verzichten nach Angaben des Einzelhandelsverbandes Deutschland (HDE) neben den Discountern und Handelsketten auch viele Textilhändler, Buchläden und Apotheken auf die Tragetaschen, die meist im Müll landen.

Allerdings erfuhr diese Selbstverpflichtung auch Kritik, denn die Händler dürfen die Höhe der Abgabe auf die Tüte selbst festlegen. Umweltschützer befürchteten, dass viele Händler eine Abgabe von 15 Cent oder weniger einführen und diese die Käufer nicht ausreichend abschrecken würde.

Kenia zeigt, wie es geht

Mit einem im August 2017 in Kraft getretenen Gesetz will Kenia der Vermüllung des Landes entgegen treten. Die Einfuhr, Herstellung und Nutzung von Plastiktüten wird verboten. Verstöße können mit Geldstrafen bis zu 32.000 Euro oder einer bis zu vierjährigen Haftstrafe geahndet werden.

In Kenia wurden bisher nach Schätzungen des UN-Umweltprogramms UNEP allein von Supermärkten täglich 100 Millionen Plastiktüten ausgegeben.

Auch Papiertüten sind keine Lösung

Der richtige Weg ist es, Mehrwegtragetaschen statt Plastiktüten oder Papiertüten gegen einen nicht zu geringen Kaufpreis abzugeben. Papiertüten sind nämlich wegen ihres höheren Energie- und Wasserverbrauchs in der Produktion sowie der geringeren Haltbarkeit nach jetzigem Stand der Technik keine nachhaltige Alternative.

Auch aus ökologischer Sicht sind Tragetaschen aus Papier nicht besser als solche aus Kunststoff, da für ihre Produktion besonders lange und reißfeste Zellstofffasern notwendig sind, die mit Chemikalien behandelt werden müssen.". Auch sind sie schwerer als Plastiktüten, weil ihre Wandstärke für eine genügende Reißfestigkeit dicker sein muss. Das erfordert einen erhöhten Materialeinsatz pro Tüte. Außerdem sind sie wasserunverträglich.

Einige Discounter haben bereits gezeigt, wie es geht

Rewe beispielsweise verzichtet seit Sommer 2016 vollständig auf Plastiktüten und bietet stattdessen Stoffbeutel, Nylontaschen und Kartonträger für bis zu 1,79 Euro und zusätzlich Papiertüten für zehn Cent in der kleinen und für 20 Cent in der größeren Variante pro Stück an. Rewe geht von einer Reduzierung um rund 140 Millionen Plastiktüten aus.

Lidl wiederum hat im Frühjahr 2017 die Standardtüte aus Plastik abgeschafft und das Angebot im Kassenbereich auf Taschen aus Baumwolle und Papier sowie auf Permanenttragetaschen für 99 Cent pro Stück reduziert. Bei Lidl sollen so über 100 Millionen Tüten weniger verbraucht werden.

EU-Vorgaben erfüllen

Neun von zehn Kunden befürworten den Verzicht auf Plastiktüten. Den Verbraucher im Rücken kann Deutschland damit die EU-Ziele für den Verbrauch von Plastiktüten erreichen. Eine Richtlinie aus Brüssel sieht vor, den Konsum von Kunststofftüten mit einer Wandstärke von unter 50 Mikromillimetern bis 2019 auf 90 Taschen pro Einwohner und Jahr und anschließend bis 2025 auf nur noch 40 Tüten zu reduzieren.

Der Plastiktütenverbrauch geht zurück

Der deutsche Verbraucher benutzte im Jahr 2015 durchschnittlich noch 68 Plastiktüten; 2016 waren es pro Kopf schon bedeutend weniger, nämlich 45. Der erst im laufenden Jahr wirksam werdende Verzicht der Ketten und Discounter Lidl, Media-Saturn, Rewe und nun auch Aldi (Foto © Aldi) ist in diese Zahlen natürlich noch nicht eingerechnet. Dennoch ist Deutschland auf einem guten Weg, denn der Pro-Kopf-Verbrauch in der EU liegt im Durchschnitt bei fast 200. Weltweit werden jährlich rund 1 Billion Plastiktüten verbraucht. Etwa 90 Prozent der weltweit gebrauchten Plastiktüten landen auf Mülldeponien. 

Mehrwegtragetaschen können die Lösung sein

Einzig verbliebene Alternative an den Kassen von Deutschlands großen Discountern sind spätestens ab Ende 2018 verschiedene Mehrwegtragetaschen als Permanenttaschen. Einige Modelle gibt es schon jetzt, und neu kommt ab Herbst 2017 ein preisgünstigeres Ersatzprodukt für die bisherige Plastiktüte aus über 80 Prozent Recyclingmaterial.

Die neue Tasche wird größer und vor allem stabiler als die Einwegtüte. Ein längerer Henkel verspricht mehr Tragekomfort.

Die ökologisch sinnvollste Variante ist jedoch ein ganz klein zusammenfaltbarer Polyester-Beutel, wie sie Supermärkte vereinzelt schon jetzt vorhalten. Laut Umweltbundesamt sind sie die umweltfreundlichste Alternative zur Plastiktüte. Sie halten in der Regel bis zu zehn Kilo aus und halten am längsten.

Die mitgebrachten Einkaufstaschen der Verbraucher aber werden einen Boom erleben. Sie waren in der Vergangenheit "verpönt" und werden aus Kostengründen eine ungeheure Renaissance erleben.

Nicht berührt von all diesen Umstellungen ist die Plastiktüte, die für gekaufte tiefgefrorene Lebensmittel vom Verbraucher für den kurzen Weg aus dem Geschäft nach Hause benutzt wird.

Meere und Meerestiere leiden zuerst

Die Politik will die Umweltbelastung reduzieren, vor allen Dingen in den Weltmeeren, wo noch immer viele Tüten landen und damit Natur und Tiere gefährden. Rund 70 Prozent der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. 

Bis sich Plastik durch die Wellenbewegung und das UV-Licht völlig im Meer zersetzt hat, können 300 bis 400 Jahre vergehen, denn zuerst zerfällt Plastik in immer kleinere Partikel. Diese Mikropartikel sind kleiner als fünf Millimeter, gelangen in die Körper von Meerestieren und werden durch den menschlichen Verzehr auch vom Körper des Menschen aufgenommen.

Mülldeponie Ozean

Heute enthält jeder Quadratkilometer Ozean mehrere 100.000 Teile von Plastikmüll. Wahre "Plastikmülldeponien" sind in den Weltmeeren entstanden. Genauere Schätzungen des Plastikmülls in den Weltmeeren sind kaum möglich, da sich der Müll teilweise in einer Wassertiefe von bis zu 20 Metern befindet.

Besonders bekannt ist im Pazifik der "Große Plastikmüllfleck" (Great Pacific Garbage Patch), im dem zirka eine Million Plastikteilchen pro Quadratkilometer vermutet werden. Diese Zusammenballung erfolgt durch einen riesengroßen Wirbel, der sich unter steter Veränderung seiner Position zwischen den USA und Asien bewegt. Genauere Schätzungen des Plastikmülls in den Weltmeeren sind kaum möglich, da sich der Müll teilweise in einer Wassertiefe von bis zu 20 Metern befindet.

Um zirka 30 Prozent höher als im Pazifik ist im Atlantik die Plastikmenge in der Arktis vor Grönland und in der Barentssee, wo sich der Plastikmüll staut.

An der Ostküste Nordamerikas vermutet man im Atlantik bis zu 250.000 Teile je Quadratkilometer.

Noch größer ist im Mittelmeer die Menge der vermuteten Plastikteile mit bis zu 300.000 Teilchen pro Quadratkilometer. Man rechnet dort mit einem Teil Mikroplastik auf zwei Plankton-Lebewesen.

Autor seit 11 Jahren
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