Was ist und woher kommt das Kinesio-Taping?

Kinesio-Taping wurde in den 1970er Jahren von Dr. Kenzo Kase, einem japanischen Chiropraktiker entwickelt. Er setzte diese Klebebänder als erstes bei Sumo-Ringern ein. Alternative Bezeichungen sind Kinematic-Taping, Chiro-Taping, Pino-Taping, Medi-Taping oder K-Taping.

Bei den Tapes handelt es sich um etwa fünf Zentimeter breite, luftdurchlässige, wasserfeste und elastische Klebebänder, die mit leichter Vorspannung auf der Haut aufgeklebt werden. Dadurch wird die oberste Hautschicht leicht angehoben, was zu einer besseren Durchblutung in dem Bereich führen soll, wo sich auch die Schmerzsensoren befinden. Das Taping zielt darauf ab, Verletzungen und Erkrankungen insbesondere des Muskel-, Sehnen- und Skelettapparates zu behandeln und auch vorzubeugen.

Es geht dabei aber nicht nur um die Behandlung oberflächlicher Schmerzen und Beschwerden. Die Kinesiologie geht davon aus, dass Schmerzen und Verspannungen oberflächlicher Muskeln auch etwas über den Zustand innerer Organe aussagen. Des weiteren nimmt die Kinesiologie Bezug zum Konzept der Körpermeridiane.

Kinesio-Taping ist zum aktuellen Zeitpunkt ein wissenschaftlich nicht anerkanntes, alternativmedizinisches Therapieverfahren ohne belegte Wirksamkeit, wird aber gleichwohl von Ärzten praktiziert. Sportmediziner, Orthopäden und Physiotherapeuten setzen Kinesio-Tapes oder auch andere Klebebänder z.B. ein, um unerwünschte Bewegungen zu verhindern und die körpereigene Wahrnehmung der Lage und Bewegung im Raum (die sogenannte Propriozeption) zu verbessern. 

Die Behandlung wird allerdings nicht von den Krankenkassen getragen.

Wie wendet man Kinesio-Tapes bei sich an?

Das Taping soll gegen weit über 100 unterschiedliche Beschwerden anwendbar sein, darunter Muskel- und Gelenkbeschwerden, Gelenkverschleiß, Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Schulterbeschwerden, Vorbeugung gegen Verletzungen bis hin zu Regelschmerzen bei Frauen.

Dabei müssen die Bänder jeweils unterschiedlich positioniert werden. Möchte man sich praktisch mit dieser Behandlungsmethode beschäftigen, so ist es sinnvoll, sich eine qualifizierte Anleitung zu suchen oder die Behandlung bei einem Orthopäden oder Physiotherapeuten vornehmen zu lassen (Therapeutensuche, diese Behandlung ist allerdings kostenpfichtig).

Alternativ gibt es aber auch eine Menge an Literatur zur Anleitung (siehe folgender Abschnitt). In vielen Fällen (z.B. am Rücken oder an den Armen) wird man allerdings die Unterstützung einer anderen Person benötigen, um die Tapes richtig zu positionieren.

Einzelne Tapes sind bereits für weniger als 10 Euro zu haben (siehe auch die Artikelliste am Ende dieses Beitrags). Da die Bänder atmungsaktiv und wasserfest sind, können sie über mehrere Wochen hinweg getragen werden.

Wie wirksam ist das Taping?

Die Befürworter des Tapings verweisen auf viele persönliche Berichte über positive Erfahrungen. Allerdings fehlt aktuell ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit. Das heißt allerdings nicht, dass die Tapes wirkungslos sind. Es fehlt einfach an aussagekräftigen Studien.

Neuseeländische Wissenschaftler (Williams, Whatman, Hume & Sheerin, 2012) haben in einer Metaanalyse über insgesamt 10 Einzelstudien den Einfluss von Kinesio-Taping bei der Behandlung und Prophylaxe von Sportverletzungen untersucht. In den wenigen Studien konnte kein bedeutsamer und praktisch relevanter Effekt gefunden werden. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Ergebnisse auch auf die Behandlung z.B. von chronischen Schmerzen im muskoskeletalen Bereich bei Nichtsportlern übertragbar sind.

Es ist zu vermuten, dass von den Tapes zumindest eine Wirkung auf die oberflächlichen Muskeln ausgeht. Ob die Pflaster darüber hinausgehend eine Wirkung auf innere Organe haben, ist wohl Glaubenssache. Bei der Behandlung von Schmerzen kommt es letztlich nicht auf objektive Messergebnisse, sondern das subjektive Erleben der Patienten an.

Als promovierter Wissenschaftler sehe ich es selbst sehr kritisch, dass eine wissenschaftliche Evaluation der Tapes fehlt. Andererseits halte ich es durchaus für sinnvoll, dass man das Taping bei Bedarf als Alternative ausprobiert und dafür auf schwere Schmerzmedikamente mit entsprechenden Nebenwirkungen und auch einem gewissen Suchtpotenzial verzichtet. 

Selbst, wenn es die Wirkung nur auf einem Placebo-Effekt beruht, so ist auch dies ein wichtiger Effekt! Der Glaube an die Wirkung dürfte zu einer Entspannung der betroffenen Muskelgruppen führen, was gerade Schmerzen im Muskelbereich entgegenwirkt. Wenn sich die Betroffenen dadurch auch wieder mehr bewegen, wirkt das auch dem Schmerz entgegen. Bei Schmerzen im muskulären Bereich (dies betrifft z.B. auch Rückenschmerzen) kommt es nämlich darauf an, sich weiterhin zu bewegen und die Muskeln zu trainieren! Auf keinen Fall sollte man in eine Schonhaltung verfallen, die zu Muskelabbau führt und die Schmerzproblematik dadurch verstärkt!

Insbesondere bei chronischen Schmerzen sollten zudem auch die Möglichkeiten einer psychologischen Schmerztherapie ausgelotet werden.

Interessante Links

Therapeutensuche
... eine Datenbank zur Suche nach Therapeuten, die Kinesio-Taping / Medi-Taping anbieten.

Kinesio Taping in Treatment and Prevention of Sports Injuries: A Meta-Analysis of the Evidence for its Effectiveness
... eine Metaanalyse von Sean Williams, Chris Whatman, Patria Hume und Kelly Sheerin (2012) zur Wirksamkeit von Kinesio Taping bei der Behandlung und Prophylaxe von Sportverletzungen.

Effektive Behandlung chronischer Schmerzen mittels Psychotherapie
... ein Beitrag über alternative und nachhaltige Wege der Behandlung chronischer Schmerzen.

Rückenbeschwerden und was man dagegen tun kann
... Ansatzpunkte der vorbeugenden Behandlung von Rückenbeschwerden und Rückenschmerzen.

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