Ölziehen - eine alte Praktik neu entdeckt

In früheren Jahrhunderten war die medizinische These durchaus schon weit verbreitet, dass sich Gift- und andere Schadstoffe im Körper ansammeln und dort für diverse Krankheiten verantwortlich sein sollen. Hausmittel, um diese Stoffe auszuspülen und den Körper zu reinigen, waren gang und gäbe. Über die Wirkung lässt sich jedoch streiten.

Ab etwa dem 18. bzw. 19. Jahrhundert und den fortschreitenden Entwicklungen in der Medizin kamen andere, modernere Behandlungsmethoden auf. Doch die Alternativmedizin hat die meisten der alten und bewährten Hausmittel nicht vergessen und auch weiterhin angewandt.

Anders beim Ölziehen: Dieses Relikt aus der alten russischen Volksmedizin blieb lange Jahre bei uns weitgehend unbeachtet, bis der russische Wissenschaftler Dr. Fedor Karach in den 1980er Jahren beim Allukrainischen Verbandes der Onkologen und Bakteriologen einen Vortrag über dieses Thema hielt. Er stellte darin die Praxis des Ölziehens als eine Heilmethode vor, die in der russischen Volksmedizin weit verbreitet war und die von Schamanen überliefert worden sein soll. Ölkuren sind aber auch aus der indischen Ayurveda-Lehre bekannt.

Die darauf nun folgenden Veröffentlichungen Anfang der 90er Jahre stützen sich auf die Theorie des russischen Arztes und holten eine alte Heilmethode wieder aus ihrer Vergessenheit.

Das soll eine Ölkur bringen

Ölziehen oder auch Ölkauen genannt, bedeutet zunächst einmal nichts weiter als eine Mundspülung mit Pflanzenöl. Das Öl soll Giftstoffe aus der Mundschleimhaut ziehen und somit eine entschlackende und reinigende Wirkung haben.

Die Beseitigung der Giftstoffe soll den Körper dann in die Lage versetzen, seine Selbstheilungskräfte zu aktivieren und sich selber zu heilen. Das täte er zwar ohne Öltherapie auch, aber es soll ihm besser gelingen, wenn er sich nicht gleichzeitig mit der Schadstoffbekämpfung beschäftigen muss.

Durch das Ölziehen sollen Krankheiten vorgebeugt werden und bereits vorhandene Beschwerden gelindert oder gar geheilt werden können. Nach Dr. Karach wurden bereits bei Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates, Organerkrankungen, Zahnschmerzen, Hautproblemen, Frauenleiden, Erkältungssymptomen und auch einigen psychischen Erkrankungen große Erfolge erzielt.

Ölziehen - ein Mittel für alle Fälle?

Bei dieser Fülle von Anwendungsgebieten ist man beinahe geneigt zu glauben, man habe es mit einem Wundermittel zu tun, einer Art eierlegenden Wollmilchsau, die einfach alles kann. Glaubte man den Erfahrungsberichten vorbehaltlos, so entsteht der Eindruck, dass es nichts gibt, was durch das Ölziehen nicht geheilt oder zumindest gelindert werden könnte und dass eigentlich alle anderen Medikamente auf dem Markt überflüssig wären.

Oft ist zwar an solch alten Hausmitteln was dran und einigen Praktiken der Schamanen sind die Erfolge nicht abzusprechen, haben naturnahe Völker doch ein recht umfangreiches anatomisches und medizinisches Wissen.

 

Was bei Dr. Karach verwundert, ist die Tatsache, dass er nirgends zu finden ist - bei keiner Universität, in keinem Forschungslabor, an keinem wissenschaftlichen Institut.

Er soll in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts quasi eine hochwirksame schamanische Praxis beschrieben haben und darüber auch einen eingehenden Vortrag vor dem hochrangigen wissenschaftlichen Publikum der Akademie der Wissenschaften gehalten haben - und er ist nicht aufzufinden, es gibt keine genauen Zeitangaben und es sind auch keine Publikationen von ihm aufzufinden.

Zwar sind die Urheber vieler alter Hausmittel nicht mehr als solche zuzuordnen, aber im Falle des Dr. Karach mutet es sehr seltsam an, schließlich soll er sich mit seinem Vortrag ja in die Öffentlichkeit begeben haben, nur um ganz sang- und klanglos wieder zu verschwinden.

Echte Heilung oder Placebo?

  • Ein möglicher Erklärungsansatz wäre in den Marketinginstrumenten einiger Ölhersteller zu vermuten, welche die Figur des Dr. Karach erfunden haben könnten, um ihren Absatz etwas anzukurbeln.
  • Andererseits kann man bestimmte Heilerfolge ganz sicher nicht komplett von der Hand weisen, berücksichtigt man die Überlieferungen aus anderen Heillehren.
  • Gesetzt den Fall, dass Ölziehen vom medizinischen Standpunkt her gesehen vollkommen unnütz ist, kann es doch denjenigen Menschen helfen, die an die Wirkung der Therapie glauben.
  • Der wissenschaftliche Nachweis über die Wirksamkeit des Ölziehens fehlt jedoch, es gibt keine Langzeitstudien und die Aufzeichnungen und Publikationen des ominösen Dr. Karach sind nicht existent.

Risikofrei zum Ausprobieren

Auch wenn es keinerlei wissenschaftlich begründete Nachweise für die Wirksamkeit des Ölziehens gibt, heißt das nicht, dass man nicht selber seine Experimente auf diesem Gebiet machen könnte. Schließlich berichten einige Menschen in einschlägigen Foren darüber, wie die Therapie bei ihnen angeschlagen hat. Die Erfahrungen reichen von glatten und sauberen Zähnen über besseres allgemeines Wohlbefinden bis hin zum Heilen schwererer Krankheiten.

Probieren Sie es aus!

Wer Öl als Lebensmittel verträgt, wird auch mit dem Ölsaugen keine Problem haben. Das Verfahren wird als absolut risikfrei beschrieben. Man kann also nur gewinnen, denn vielleicht macht man ja seine eigene positive Erfahrung mit der Ölkur. Das Schlimmste, was passieren kann ist, dass es eben keinerlei Wirkung zeigt.

Ich habe das Ölziehen auch selbst ausprobiert, bisher allerdings mit keinen beobachtbaren Ergebnissen. Das mag aber der Kürze der Zeit geschuldet sein, denn 3 Tage sind bei alternativen Heilmitteln noch keine Spanne, in welcher eine Wirkung zu erwarten wäre. In der Natur geht es nun einmal etwas langsamer, so eben auch bei Naturheilmitteln, bei denen innerhalb der ersten Tage sogar hin und wieder eine Erstverschlechterung eintreten kann.

Das richtige Öl

Lt. Dr. Karasch wird zum Ölziehen Sonnenblumenöl verwendet. Ölkuren aus anderen Kulturen werden wahlweise mit Sonnenblumen-, Sesam-, Hanf- oder Olivenöl durchgeführt. Hierbei kann man getrost nach seinem eigenen persönlichen Geschmack gehen, denn schließlich muss man das Öl eine ganze Zeit lang im Mund behalten. Egal woraus das Öl besteht, es sollte in jedem Fall kaltgepresst und nicht raffiniert sein. Bioöl oder Produkte aus dem Reformhaus sind gut geeignet.

So geht's

Die Anwendung selber ist kinderleicht und sollte zu Beginn des Tages erfolgen. Gleich nach dem Aufstehen wird ein Esslöffel Öl für 15-20 Minuten als Mundspülung verwendet. Während dieser Zeit wird auf dem Öl herumgekaut, es im Mund hin- und herbewegt und durch die Zähne gesogen. Nach der empfohlenen Zeit hat es seine ölige Konsistenz verloren und eine weißliche Färbung angenommen. Das Öl wird nun möglichst in ein Papiertaschentuch ausgespuckt und im Hausmüll entsorgt, denn das Öl könnte auf Dauer den Abwasserleitungen schaden. Nach der Spülung werden die Zähne wie gewöhnlich mit der Bürste gesäubert.

Selbstverständlich ersetzt eine solche Kur weder den Besuch beim Zahnarzt noch bei anderem Mediziner. Außerdem kann ein Pagewizz-Artikel niemals den Rat eines Arztes, Heilpraktikers oder Apothekers ersetzen.

Sonja, am 22.10.2013
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